Thyssenkrupp verkauft seine Aufzugsparte. Damit ist noch nichts gewonnen. Entscheidend ist, wie die frischen Milliarden nun eingesetzt werden.

Thyssenkrupp verkauft mit den Aufzügen sein bestes Geschäft. Es ist ein Notverkauf, zu dem es keine Alternative mehr gab. Der angeschlagene Konzern braucht die Milliarden, um Löcher zu stopfen und wieder investieren zu können. Es soll der große Befreiungsschlag sein und kann es auch werden. Doch zunächst einmal dokumentiert die Industrie-Ikone mit diesem Schritt in dramatischer Deutlichkeit, wie nah das Missmanagement der vergangenen Jahre sie bereits an den Abgrund gebracht hat. Die Trennung vom letzten verlässlichen Gewinnbringer geschieht aus purer Existenzangst.

Konzernchefin Merz will den arg in Schieflage geratenen Industrietanker wieder auf Kurs bringen. Ihrer bevorzugt maritime Rhetorik folgend hat sie mit dem Elevator-Verkauf das Ruder nun zwar wieder in der Hand, es aber noch lange nicht herumgerissen. Der Konzern verbrennt Tag für Tag Geld, hat im vergangenen Geschäftsjahr mehr als 1,1 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Viele solcher Jahre wird sich das Traditionsunternehmen auch mit den Elevator-Milliarden nicht mehr leisten können. Zumal der Konzern mit den Aufzügen die mit Abstand renditestärkste Sparte verliert.

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Ob Thyssenkrupp als Industrie-Mischkonzern eine Zukunft hat, darüber entscheiden nicht die Milliarden aus dem Elevator-Verkauf. Sondern die Strategie, mit der sie wieder ausgegeben werden. Thyssenkrupp drücken gut sieben Milliarden Euro Nettoschulden und knapp neun Milliarden Euro an Pensionsverpflichtungen. Dies alles in Zeiten, da der Konzern Verluste schreibt, die ohne Elevator noch weit höher ausfallen werden, wenn die verbleibenden Sparten sich nicht berappeln. Den Industrieanlagen traut Merz das kaum noch zu, lässt hier ebenfalls einen Verkauf prüfen. Womit aber will Thyssenkrupp künftig sein Geld verdienen?

Meint die Konzernführung es ernst damit, den lange ungeliebten Stahl wieder zum Kerngeschäft zu machen, muss sie entschlossen in die veralteten Werke investieren, sofern das in Einzelfällen nicht bereits zu spät ist. Auch mit Autoteilen kann Thyssenkrupp künftig nur als moderner, innovativer Wettbewerber Geld verdienen, muss möglichst schneller auf den Umbruch der Autoindustrie reagieren als die Konkurrenz. All dies wird nicht leicht. Das beste Pferd ist aus dem Stall. Nun haben die anderen die Chance, sich zu beweisen. Mit dem Elevator-Deal kauft sich Thyssenkrupp etwas Zeit – die gilt es jetzt zu nutzen.