Der Berliner Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hat vor zehn Jahren viel Vertrauen zerstört - und er ist längst nicht aufgearbeitet.
Vor zehn Jahren erschütterte der Missbrauchsskandal im Berliner Canisius-Kolleg die katholische Kirche in ihren Grundfesten. Das Beben ist keineswegs verklungen. Und es hat einen tiefen Riss im Vertrauensverhältnis zwischen Gläubigen und Priestern hinterlassen.
Denn das Urvertrauen ist verloren gegangen. Nicht nur das der Kinder und jungen Menschen, die von skrupellosen, im Schutz der Institution Kirche agierenden Tätern missbraucht wurden. Auch das Urvertrauen der Menschen in den Gemeinden ist dahin. Eine moralische Instanz, die solche Taten deckt, hat ihre Glaubwürdigkeit verwirkt.
5000 Euro als Symbol anerkannten Leids
Wie die katholische Kirche den Missbrauch aufarbeitet, trägt zudem wenig dazu bei, neues Vertrauen zu schaffen. 5000 Euro als Symbol anerkannten Leids für Opfer, die auch Jahrzehnte später kein normales Leben führen können, sind ein Hohn. Das Versprechen vollständiger Aufklärung bleibt eine Farce, solange auch heute noch neue vertuschte Fälle bekannt werden oder Täter einfach ins nächste Bistum versetzt werden. Da kann man so viele Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen erlassen, wie man will.
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Sicherlich: So mancher Bischof übernimmt heute Verantwortung, räumt Fehler ein, fordert zum Überdenken der gesamten Kirchenstruktur auf. Derlei Eingeständnisse und Anregungen wären früher tabu gewesen. Und sie haben immerhin dazu geführt, dass die katholische Kirche den synodalen Weg eingeschlagen hat. Aber es ist doch auch ein offenes Geheimnis, dass längst nicht alle Kirchenfürsten die Mauern des Schweigens einreißen wollen.
Kirche kein Musterbeispiel
So furchtbar das Ausmaß des Missbrauchs in der Kirche ist – der Skandal hat unsere Gesellschaft verändert. Wir schauen genauer hin. Der Blick für die Opfer, denen sexuelle Gewalt angetan wurde, ist geschärft. Strukturen wurden geschaffen, Gesetze verschärft, um Missbrauch zu verhindern.
Auch andere Institutionen mussten oder müssen übrigens noch ihre Geschichte in dieser Hinsicht aufarbeiten. Die katholische Kirche sollte freilich nicht als Musterbeispiel dafür dienen.