Leipzig. Der Tag von Leipzig war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es könnte der Beginn der Selbst-Entzauberung der Pegida-Bewegung sein. Ein Kommentar.
Lutz Bachmann, wochenlang der Mann im Hintergrund von Pegida, fand es witzig, sich mit Hitlerbärtchen und -Scheitel fotografieren zu lassen. Es sei ja nur eine Parodie auf Timur Vermes' Hitlersatire "Er ist wieder da". Nun gilt für Bachmann: Er ist wieder weg. Der Rücktritt war selbst für Bachmanns Mitstreiter unter den selbst ernannten Abendlandrettern unumgänglich.
Zumal das Foto im Hitler-Look Bachmann nicht gereicht hatte. Er gefiel sich auch dabei, auf Facebook Ausländer als "Dreckspack" oder "Gelumpe" zu beschimpfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.
Unfassbare Entgleisungen
Bachmanns unfassbare Entgleisungen führten just an jenem Tag zu seinem Rücktritt, als Pegida-Ableger Legida in Leipzig 40.000 Anhänger und mehr auf die Straße bringen wollte, um gegen die angebliche "Islamisierung" Deutschlands zu protestieren. Es sollte ein Zeichen werden, nachdem die Pegida-Demo am Montag in Dresden wegen einer Anschlagsdrohung abgesagt werden musste. Tatsächlich kam gerade einmal ein Drittel der angepeilten Zahl von Teilnehmern in die Leipziger City.
Die Gegendemonstranten waren deutlich in der Überzahl.
Ausländerfeindliche Ausrichtung wird deutlicher
Doch nicht nur Rücktritt ihres Vormanns und die für Pegida enttäuschende Resonanz in Leipzig sind ein Schlag ins Kontor für die Anti-Islamisten. Auch innerhalb der Bewegung gibt es deutliche Risse. In einer Pressemitteilung distanzierte sich gestern Abend die Dresdner Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel von Legida. Offenbar sind die Töne aus Leipzig selbst den Pegida-Machern aus Dresden zu krass.
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All dies deutet darauf hin, dass Pegida gerade dabei ist, sich selbst zu zerlegen. Das Verhalten von Frontmann Bachmann erlaubt einen entlarvenden Blick hinter die Maske des Biedermanns. Die ausländerfeindliche Ausrichtung wird immer deutlicher. Aber die Demonstrationsaufmärsche mit bis zu 25.000 Teilnehmern in Dresden lassen sich nicht an anderen Orten reproduzieren. In Köln etwa brachte Pegida es gestern Abend auf gerade einmal 100 Demonstranten. Und der Bruderkampf Pegida-Legida lässt erahnen, dass es hinter den Kulissen vor allem um Macht und Eitelkeiten zu gehen scheint.
Es ist höchste Zeit, dass jene Pegida-Anhänger, denen es nicht um Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung geht, sich von Pegida distanzieren. Ihr kritischer Blick auf Politik und Gesellschaft ist wichtig für die Demokratie. Billiger und widerlicher Populismus ist es nicht.