Essen/Zürich. Geht es nur um Sport, dann müsste Manuel Neuer Weltfußballer des Jahres werden. Aber schon oft zählten bei der Wahl andere Werte. Ein Kommentar.

Wenn Deutschland seinen Spieler der Saison wählt, dann ist das altmodisch, liebenswert altmodisch. Sportjournalisten wählen, das Fachmagazin „kicker“ organisiert, und Minuten vor dem ersten Spiel der Saison bekommt der Geehrte im Stadion seinen Pokal. Fotos, Beifall, Anpfiff.

Ruft die Fifa zur Krönung des Weltfußballers des Jahres, kann es nicht mehr pompös genug sein. Die Frage, ob die Wahl eines Einzelspielers im Mannschaftssport Fußball wirklich sein muss, ist längst entschieden. Aber wenn man wählt: dann doch den besten Spieler des abgelaufenen Jahres? Das wäre, nach landläufiger Meinung und nach dem Dafürhalten zahlreicher Fußballgrößen, diesmal Manuel Neuer.

Nun darf sich allerdings niemand wundern, wenn der Weltfußballverband an diesem Montag doch wieder Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi kürt. Es geht, spätestens seit die Fifa die Wahl an sich gezogen hat, nicht mehr nur um gehaltene Bälle oder geschossene Tore. Es geht um Marktchancen.

Die Welt ist noch dabei Neuer als Marke zu entdecken

Gewählt wird, quer durch die Welt, auch eine Marke. Gewählt wird, wer überlebensgroß von Plakatwänden strahlt, weil er größtmöglichen Profit verspricht. Fußball funktioniert längst auch über die Idealisierung und die Vermarktung einzelner Stars. Auf diesem Feld ist, trotz des WM-Titels, ein großer Teil der Welt erst noch dabei, Manuel Neuer zu entdecken.

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Man kann es beklagen, aber das kühl kalkulierte Geschäftsmodell mit den großen Emotionen funktioniert. Die Gala zur Wahl, seltsam blass, wie sie trotz aller Show und Stars seit Jahren ist, werden weltweit über Fernsehen und Internet so viele Menschen verfolgen wie kaum ein anderes Sportereignis in 2015.

Was der Fußball in großen Dimensionen vormacht, haben andere im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch verinnerlicht, am Samstag noch das deutsche Eishockey mit seinem Winter Game. Wer wahrgenommen werden will, muss sich inszenieren. Das Ergebnis ist nicht mehr in jedem Fall das Wichtigste.