Witten. Junge Frauen in einer technischen Ausbildung? Selten! Carolin Englisch (18) stellt sich dem Trend entgegen. Wie tickt sie?
- Der Anteil junger Frauen in technischen Ausbildungsberufen liegt laut der IHK Mittleres Ruhrgebiet seit Jahren bei nur etwa zehn Prozent, doch das Wittener Traditionsunternehmen J. D. Neuhaus hat mit Carolin Englisch eine Schulabgängerin für eine Ausbildung zur Industriemechanikerin gewonnen.
- Carolin Englisch entschied sich nach einem positiven Probearbeiten bewusst für J. D. Neuhaus, da sie von der herzlichen Atmosphäre und der Möglichkeit, in einem gemischten Team zu arbeiten, überzeugt war.
- Das familiengeführte Unternehmen J. D. Neuhaus, das seit 1745 besteht, legt großen Wert auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung, was Carolin besonders anspricht, da sie stets nach innovativen Lösungen sucht.
Der Trend ist eindeutig, und er ist stabil. Junge Frauen sind in technischen Ausbildungsgängen nach wie vor selten. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet dümpelt der Anteil weiblicher Auszubildender in der Produktion seit Jahren bei rund zehn Prozent. Dem Wittener Traditionsunternehmen J. D. Neuhaus ist es gelungen, eine Schulabgängerin für sich zu gewinnen. Wie kamen Carolin Englisch (18) und Personalchefin Gitta Neuhaus-Galladé (29) zusammen?
J.D. Neuhaus in Heven: Carolin Englisch kam übers Probearbeiten
Carolin Englisch hat gerade ihren ersten Ausbildungstag hinter sich gebracht. Anschließend erklärt die junge Frau der Redaktion, warum sie Industriemechanikerin werden will – und warum sie bei J. D. Neuhaus in Heven startet.
Vor dem Gespräch führt die junge Personalchefin Gitta Neuhaus-Galladé noch durch die Produktionshallen. Sie wirken so klar strukturiert und aufgeräumt, als stünde gleich ein Werbedreh an. Dabei ist es Alltag in dem Betrieb, der seit 1745 sogenannte „Hebezeuge“ herstellt. Carolin Englisch hat den Wittener Traditionsbetrieb bereits vor der Unterzeichnung ihres Ausbildungsvertrags kennengelernt – beim Probearbeiten.
144 offene Stellen
Mit Start des Ausbildungsjahres 2024/25 hat die IHK Mittleres Ruhrgebiet 1.678 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in den Städten Bochum, Herne, Witten und Hattingen verzeichnet - ein Plus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor allem die industriell-technischen Ausbildungsberufe legten mit zehn Prozent deutlich zulegen.
Insgesamt zählt die IHK aktuell 1136 Ausbildungsbetriebe im Kammerbezirk, davon 646 in Bochum, 214 in Herne, 164 in Witten und 112 in Hattingen.
In der Lehrstellenbörse der IHK Mittleres Ruhrgebiet sind aktuell 144 offene Stellen im Kammerbezirk verzeichnet. Mehr Infos: www.ihk-lehrstellenboerse.de
Danach waren alle zufrieden: sie selbst, das Team und ihre Chefin. „Ich war immer jemand, der gern etwas Handwerkliches gemacht hat“, erzählt Carolin in ihrem dunkelblauen Arbeitspolo. Ihre Eltern haben sie gern dabei unterstützt. Beide arbeiten im gewerblich-technischen Bereich. Die 18-Jährige hat zum Beispiel gern am Motorrad ihres Vaters geschraubt, Kniffliges inklusive, immer auf der Suche nach Lösungen. „Ich hatte Physik als Leistungskurs.“ Sie kann auch gut Mathe.
Die Fachabiturientin hat bereits zum Ende der Schulzeit gewusst, dass sie eine Ausbildung machen will. „Auch im Freundeskreis machen das viele - in ganz unterschiedlichen Branchen.“ Da sage niemand: „Ist ja nur eine Ausbildung.“ Zumindest in ihrem Umfeld sei diese gleichwertig zu einem Studium. Aber wie ist sie überhaupt auf die Hevener Firma gekommen?
„Es herrschte eine herzliche Atmosphäre. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich frei sprechen darf. “
„Ich habe auf die Webseiten von Unternehmen geschaut“, sagt die angehende Industriemechanikerin. Aber sie hat sich auch das Neuhaus-Stammwerk in Heven angesehen - und hatte gleich ein „gutes Bauchgefühl“.
Vom ersten Tag habe sie sich aufgenommen gefühlt, sagt Carolin. „Es herrschte eine herzliche Atmosphäre. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich frei sprechen darf.“ Einen Punkt hebt die Fachkraft von morgen heraus: Ihr sei es wichtig, in einem Team zu arbeiten, das aus Frauen und Männern besteht.
Pesonalchefin Gitta Neuhaus-Galladé hakt ein: „Man verbringt viel mehr Zeit mit der Arbeit als mit der Familie oder mit den Freunden. Deshalb ist uns wichtig, dass es jemand nicht nur fachlich drauf hat, sondern dass der menschliche Faktor ebenfalls passt.“
„Wenn man einen Vertrag unterschreibt, sollte man sich kennen. Das ist wie bei einer Ehe“, sagt Gitta Neuhaus-Galladé. Chefin und Auszubildende haben Gespräche geführt, dazu kamen ein Test und Probearbeit. Carolin Englisch hat beeindruckt. „Wir haben bei ihr Fokussiertheit erlebt. Und sie kann sich mit dem Beruf identifizieren. Es ist uns wichtig, Eindrücke von unseren Mitarbeitenden gespiegelt zu bekommen“, sagt die Personalleiterin.
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J.D. Neuhaus: Traditionsunternehmen aus Heven feiert 2025 Jubiläum
J. D. Neuhaus kann bei Auszubildenden und Fachkräften offenbar auch mit Tradition punkten. Das Unternehmen ist nach wie vor familiengeführt. Lange Betriebszugehörigkeit gilt als Standard. Selbst Ruheständler halten Kontakt zum ehemaligen Arbeitgeber, der auch Werke im Ausland hat, etwa in England und in den USA.
Auch wenn das Traditionsunternehmen 2025 Jubiläum feiert, das Zauberwort lautet Innovation. Seniorchef Wilfried Neuhaus-Galladé (Jahrgang 1957) sowie seine Kinder Gitta und Moritz (28, Vertrieb und Service weltweit) geht‘s vor allem Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Carolin Englisch hört die Botschaft sehr aufmerksam: „Ich war immer jemand, der nach Lösungen gesucht hat.“
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