Witten. Neue Künstler bringen frischen Wind in die Jahresausstellung des Künstlerbundes Witten. Doch hat das Format in der Galerie Haus Herbede Zukunft?
Wird dies die womöglich letzte Ausstellung des Wittener Künstlerbundes in der Galerie Haus Herbede in Witten sein? Ein bisschen schwingt diese Sorge bei der neuen Jahresausstellung mit, die am Sonntag (10.9.) eröffnet wird – und sich wahrlich sehen lassen kann.Das alte Rittergut wurde bekanntlich verkauft.
Ob die Künstlerbund-Schau in Haus Herbede weiterhin eine Zukunft hat, ist noch offen. Im Juni war das denkmalgeschützte Rittergut aus dem elften Jahrhundert verkauft worden. Es soll saniert werden. Der neue Eigentümer ist Markus Bürger, der bereits den Hauptbahnhof oder das Herbeder Rathaus der Medizin zu frischem Schwung verholfen hat. Beim Künstlerbund hoffen sie, dass die Galerie in sein künftiges Nutzungskonzept passt – und er ein Herz für Kunst beweist.
Im Prinzip läuft es gut für den Wittener Künstlerbund. Denn auch im 38. Jahr seines Bestehens ist das Interesse an der Künstlergruppe groß. Im vergangenen Jahr hat der Verein sechs neue Mitglieder aufgenommen. „Wir haben jetzt 19 Mitglieder, so viele waren wir noch nie“, sagt Vorsitzender Gerd Buhren.
So mischen sich über 80-Jährige, die sich eher der abstrakten Malerei verpflichtet fühlen, mit hippen Künstlern wie Eugen Stoll, der mit knalligen Farben figurativ malt, oder Hanne Leese, die von Künstlicher Intelligenz geprägte Videokunst zeigt. Die „Neuen“ bringen frischen Wind und Vielfalt in die niveauvolle Leistungsschau.
Rückkehr zur klassischen Malerei
Bis zum 1. Oktober kann man sich die Ausstellung im Obergeschoss des historischen Ritterguts ansehen – und die Kunstwerke natürlich kaufen. Wobei diese mit bis zu 1200 Euro pro Werk ausgewiesen sind. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt aus vielen künstlerischen Bereichen: Malerei, Skulptur, Collage, Zeichnung, Fotografie oder Assemblage (einfach erklärt: Zusammensetzung/Zusammenfügung).
Ein wenig erstaunt kann man eine Rückkehr zur klassischen Malerei feststellen. Angelika Weinekötter etwa malt ein Wolfsrudel oder eine Frau mit Fisch ganz gegenständlich, ebenso arbeitet Eugen Stoll. „Das war ein Vakuum, mir fehlte die konkrete Malerei in vielen Kunstkreisen“, sagt er. Stoll lebt mit Frau und vier kleinen Kindern in Hattingen-Welper, betreibt dort ein Atelier. Wann findet er denn die Zeit für Kunst? „Ich bin gerade in Elternzeit. Notfalls malen wir alle zusammen, die Kinder und ich.“
Dieter Ullrich ist eins der Ü-80-Mitglieder. Seine Werke wirken aber besonders dynamisch. In einen Vinyluntergrund hat er Strukturen geritzt, diese dann angemalt. Seine Landschaftsbilder – Felder mit Mohnblumen, Lavendel oder Kornblumen – wirken dreidimensional und je nach Abstand und Blickwinkel immer wieder anders. Als „magischen Realismus“ bezeichnet das der Vereinsvorsitzende Gerd Buhren.
Tierpräparatorin fertigt Gipstiere
Ein besonderes Augenmerk sollte man Heike Fischer zuwenden. Sie fertigt ihre Tierskulpturen aus Polymergips. Die Objekte – Rabe, Reh, Fuchs oder Ratte – wirken naturalistisch und gleichzeitig verfremdet. Fischer arbeitet hauptberuflich als Tierpräparatorin im Dortmunder Naturmuseum, daher rühren ihre anatomischen Kenntnisse. „Ich möchte die Schönheit der Tier zeigen“, sagt sie.
Beate Sombetzki dagegen haben Pflastersteine inspiriert. „Unter meinen Füßen“ heißt ihre Collagereihe. „Ich mag diese alltäglichen, eher unscheinbaren Sachen“, so die Wittenerin. Mit unterschiedlichsten Techniken – Tusche, Acryl, Ölfarbe, Filz- oder Bleistift – hat sie deren Strukturen variiert.
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Vernissage am Sonntag
Die Jahresausstellung des Wittener Künstlerbunds in der Galerie Haus Herbede (Von-Elverfeldt-Allee 12) wird am Sonntag, 10. September, um 11 Uhr eröffnet und geht bis 1. Oktober. Öffnungszeiten: Mi, Fr, Sa 16 bis 18 Uhr, So 11 bis 17 Uhr. Die 14 teilnehmenden Künstler sind: Henrik Cohnen, Heike Fischer, Klaus Fröhlich, Petra Füht, Dima Geshengorin, Ralf Gregor, Peter Hoffmann, Hanne Leese, Wolfgang Sobolewski, Beate Sombetzki, Martin Sprave, Eugen Stoll, Angelika Weinekötter und Dieter Ullrich. Weitere Wechselausstellungen zeigt der Künstlerbund in seiner Galerie im Untergeschoss der Stadtgalerie (neben Saturn). Immer samstags ist dort geöffnet.
Zuletzt ein Blick auf die bunten Stoffarbeiten von Petra Füth. Sie hat die quietschebunten Fetzen zu Buchstaben geschnitten und diese auf Leinwand geklebt. Ihre Bilder heißen „H wie Hoffnung“, aus ordentlich geklebten Hs, oder „T wie Temperament“, dessen Ts ganz wirr herumfliegen. Für diese aufgeklebten Gefühle mussten Meterware, alte Kittelschürzen, Bettwäsche oder Kinderkleidung ihr Leben lassen. Die Farbigkeit passt zum Sommer, genau wie eigentlich diese ganze Ausstellung voller Neugier und Leben steckt.