Witten. In einige Kitas in Witten sind trotz Appell sogar mehr als die Hälfte der Kinder gekommen. Können die Corona-Regeln hier noch eingehalten werden?

Seit Montag, 11. Januar, arbeiten auch die Kindertagesstätten in Witten in einem eingeschränkten Pandemie-Betrieb. Laut Stadt und Awo ist etwa ein Drittel der Kinder trotz Appell von NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) zu Beginn der Woche in die Kitas in Witten gekommen. "Ich glaube, dass es noch mehr werden", vermutet Heike Wallis-van der Heide von der Awo Ennepe-Ruhr.

Doppelt so viele Kinder wie noch am Freitag, 8. Januar, zählten die Kitas der Awo im Kreis zu Beginn des verlängerten Lockdowns. "Der Bedarf und auch der Druck sind bei den Eltern sehr groß", weiß Wallis-van der Heide. Das Ministerium habe zwar an Mütter und Väter appelliert, ihre Kinder während des verschärften Lockdowns möglichst ganz zu Hause zu lassen, "aber es ist sehr unterschiedlich, wie sich die Eltern daran halten", so die Erfahrung der Bereichsleiterin Kinder und Familie.

Eltern in Witten wegen zusätzlicher Kinderkrankentage verunsichert

"Wir wollen mal renovieren" oder "meinem Kind ist langweilig zu Hause" - auch das seien für einige Eltern Gründe genug, ihr Kind trotz gegenteiliger Empfehlung in die Kita zu bringen. "Das sind aber Einzelfälle", betont Wallis-van der Heide. Häufig spiele bei Müttern und Vätern auch die Sorge sich anzustecken eine Rolle, andere seien verunsichert, ob sie zusätzliche Kinderkrankentage beantragen können.

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"Oft ist es auch so, dass Eltern von Arbeitgebern angesprochen wurden, dass sie ihrer Arbeit nachkommen sollen", ist Patrick Bräuers Erfahrung. Der Leiter der Kita Kreisstraße in Witten zählt aktuell rund 25 von 60 Kindern in vier Gruppen. "Das sind mehr, als wir alle gedacht haben", sagt auch er. Doch er betont: "Wir sind voll besetzt." Sollte sich der Trend fortsetzen und die Auslastung in seiner Kita von Tag zu Tag steigen, könne die Betreuung auch im verschärften Lockdown gewährleistet werden, zeigt sich Bräuer zuversichtlich.

Mehr als die Hälfte der Kinder in einigen evangelischen Kitas in Witten

Anders ist die Situation in Einrichtungen, die personell nicht so gut aufgestellt sind. Um die aktuellen Regelungen einhalten zu können, etwa die Aufteilung der Kinder und Erzieher in feste Gruppen, fehlten vielerorts die Ressourcen, so Heike Wallis-van der Heide. Ihre Einschätzung: "Wenn es mehr Kinder werden, ist das nicht mehr zu händeln." 

Diese Prognose stellt auch Angelika Arend vom evangelischen Kindertagesstätten-Verband Hattingen-Witten. Von einzelnen Einrichtungen habe sie die Rückmeldung erhalten, dass mehr als 50 Prozent der Kinder die Kita besuchen. Bei einer solchen Auslastung könne man das geforderte Hygienekonzept nicht aufrechterhalten, sagt sie. In den betroffenen Einrichtungen trete man nun an die Eltern mit der dringenden Bitte heran, "ihre Kindern nur zu bringen, wenn es gar nicht anders geht", so Arend. 

Erzieher ermutigen einige Eltern, ihr Kind in die Kita zu bringen

Die kaufmännische Geschäftsführerin stellt aber auch fest, dass einige Eltern die Kita-Betreuung unbedingt benötigen. Einige hätten sogar per Mail Dringlichkeitsanträge auf mehr Betreuungsstunden gestellt, weil für sie der während des verschärften Lockdowns um zehn Stunden reduzierte Betreuungsumfang nicht ausreiche. "Solchen Anträgen", so Arend, "kann aber nur das Jugendamt stattgeben - und dies auch nur in absoluten Ausnahmefällen." Gemeint seien damit zum Beispiel familiäre Angelegenheiten oder Fälle "besonderer Härte", hält sich Arend bedeckt.

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Auch Wallis-van der Heide verweist auf Fälle, in denen "wir sogar dazu ermutigen, das Kind wenigstens für ein paar Stunden oder Tage zu bringen". Etwa dann, "wenn wir nicht sicher sind, ob es dem Kind zu Hause gut geht", sagt sie. Für den weiteren Verlauf der Pandemie wünscht sie sich frühzeitige Ansagen von Seiten der Politik, um eine langfristige Planung für Eltern und Kitas zu gewährleisten. Dass die Kindertagesstätten nach dem 31. Januar wieder Normalbetrieb aufnehmen können, hält sie für unwahrscheinlich.

>>> INFO: Stadt will auf Kita- und OGS-Gebühren verzichten 

Das Land Nordrhein-Westfalen plant, die Kita-Gebühren für den Januar zu erlassen und die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Die Stadt Witten will sich dieser Entscheidung anschließen. Vorher müssen allerdings der Rat der Stadt sowie die Kommunalaufsicht zustimmen.

Die Erstattung der Kosten ist laut Stadt hingegen unkompliziert und erfolge automatisch. "Ein Antrag auf Rückerstattung wird nicht nötig sein", informiert die Stadt.

Bei den Gebühren für die Offenen Ganztagsschulen planen die Landesregierung und die Kommunen ein ähnliches Vorgehen. Die Entscheidung darüber steht aber noch aus.

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