Witten. Kann sich das eine so stark verschuldete Kommune wie Witten leisten? 208 Millionen Euro muss die Stadt ausgeben, um ihre Schulen zu sanieren.

Satte 200 Millionen Euro wird Witten in den kommenden zehn Jahren in seine maroden Schulgebäude investieren. Das hat der Rat in seiner Sitzung am Dienstagabend (22.6.) beschlossen. Zuvor wurde lebhaft diskutiert, denn: Kann sich eine bereits mit 400 Millionen Euro verschuldete Kommune dieses Sanierungsprogramm leisten?

Schon länger ist klar, dass das im Jahr 2018 noch unter Bürgermeisterin Sonja Leidemann veranschlagte Budget von 92,5 Millionen Euro für die Sanierung von 19 Wittener Schulen nicht ausreicht. Gestiegene Baukosten und ein Großprojekt sorgen dafür, dass diese Summe auf 208,15 Millionen Euro gewachsen ist. Allein 42,8 Millionen wird ein Neubau für die Otto-Schott-Gesamtschule verschlingen, die bisherige Realschule am Viehmarkt wird abgerissen. Das neue Bildungsquartier Annen ist mit 27 Millionen Euro veranschlagt, in diesem Jahr noch soll der Spatenstich sein. Die Umbauten des Albert-Martmöller-Gymnasiums und der Hardenstein-Gesamtschule laufen bereits, beide Schulen haben neue Fachraumtrakte bekommen. Als Nächstes aber sollen die Grundschulen so umgebaut werden, dass mehr OGS-Kinder dort betreut werden können.

Fördervereine übernahmen Farbanstriche

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Kurzum, es läppert sich. Denn: „An den Wittener Schulen zeigt sich am deutlichsten der Stillstand der jahrzehntelangen SPD-Politik“, so CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki. „Es wurde nur das Nötigste gemacht. Selbst Farbanstriche hat so mancher Förderverein übernommen. Das kann so nicht weitergehen.“

Die letzten großen Schulbaumaßnahmen in Witten sind 50 Jahre her. „Wir sind nicht blauäugig, wir wissen, wie die aktuelle finanzielle Situation Wittens ist“, so Pompetzki. Trotzdem müsse Witten investieren: „Wohlstand und Bildung, das hängt zusammen.“

„Damit macht sich Witten handlungsunfähig“

Zuvor hatte Michael Hasenkamp von der Fraktion Stadtklima die Ratsmitglieder gewarnt: „400 Millionen Euro Schulden plus 200 obendrauf. Selbst wenn die Zinsen nur auf jährlich ein Prozent steigen, sind das sechs Millionen pro Jahr an Mehrbelastung. Damit macht sich Witten handlungsunfähig.“ Er warnt: Ein Invest in Bauprojekte sei zurzeit toxisch. Wie unkalkulierbar Baukosten seien, zeige sich an der Pferdebachstraße. Deren Sanierung war mit zehn Millionen Euro veranschlagt, „ich prognostiziere, sie wird am Ende 30 Millionen kosten“. Auch Matthias Renkel (AfD) klagt: „Das sind Summen, die für eine Kommune kaum zu stemmen sind.“

Land beteiligt sich nur gering

Die Krux: Das Land beteiligt sich nur zu einem kleinen Teil an den Sanierungskosten. Von den 208 Millionen Euro wären nur 35 Millionen über Fördermittel zu generieren, der städtische Eigenanteil bleibt mit 173 Millionen gigantisch hoch. Versprochen sind laut Klaus Böde vom Gebäudemanagement 20 Millionen für den OGS-Ausbau und weitere 15 für das Bildungsquartier Annen. Diesen Zuschuss gebe es nur, weil dort ein Bürgertreff vorgesehen sei, was eine Städtebauförderung ermögliche. „Es gibt zurzeit keine Förderprogramme für den Schulbau. Und wenn welche ausgeschrieben werden, müssen wir schon unsere Pläne in der Schublade haben“, so Böde.

Arnold Evertz von den Grünen macht Hoffnung, Schulbau wäre Thema bei den Koalitionsverhandlungen in Düsseldorf. „Wenn die Landespolitik zwei Drittel refinanziert, wäre diese Aufgabe zu bewältigen“, so Evertz, der auch dem Schulausschuss vorsitzt.

Soll man darauf vertrauen? Fast alle Parteien, bis auf Stadtklima und Linke, stimmten für das Sanierungsprogramm. „Das ist zwar viel Geld, aber es sind keine Kosten“, so SPD-Vizefraktionschef Christoph Malz. „Sondern eine Investition in die Zukunft der Stadt.“