Witten. Der Sprit sollte am Mittwoch in Deutschland billiger werden. So hat sich der Tankrabatt in Witten bemerkbar gemacht – und das sagen die Pächter.
Eigentlich hat Nicole Ramus in der Frühschicht immer genügend Zeit, den Laden in Schuss zu bringen, aber am Mittwochmorgen konnte sie die Kasse im Lente-Center keinen Augenblick verlassen. Ein Auto reihte sich an den Tanksäulen ans nächste. „Seit ich um 7 Uhr aufgeschlossen habe, geht das so“, sagt sie am Mittag. „Der Hof war noch keinen Augenblick leer.“
1,91 kostete der Liter Super am Mittwochvormittag an der Tankstelle gegenüber vom Bahnhof, tags zuvor waren es stolze 37 Cent mehr gewesen. Auch an den anderen Tankstellen in der Stadt stand fast überall die 1 vor den Literpreisen. Der seit dem 1. Juni geltende Rabatt der Bundesregierung macht sich deutlich bemerkbar. „Die Preise sind zu heute tatsächlich ordentlich gesunken – mehr als ich erwartet hätte“, sagt ein Tankstellen-Pächter in Annen.
Wittener freuen sich über die gesunkenen Preise
Die Kunden freut’s. Viele positive Reaktionen habe es schon gegeben, erzählt die Mitarbeiterin der Jet-Tankstelle an der Dortmunder Straße – und ja, es sei viel los. Manche kommen einfach, weil der Tank leer ist, andere, weil sie ein Schnäppchen machen wollen. „Ich hab die Preisschilder gesehen und gleich gewendet“, erzählt eine junge Frau. Ihr Tank sei zwar noch halbvoll. „Aber das lohnt sich trotzdem schon.“
Auch Christian Ruch ist positiv überrascht, als er dort nach kurzer Wartezeit einen Platz an der Jet-Säule bekommt. „Nach den Meldungen der letzten Tage hätte ich gar nicht damit gerechnet, dass der Rabatt schon jetzt so doll durchschlägt.“ Der 53-Jährige ist froh darüber. Besonders bei Pendlern reiße der Sprit ein dickes Loch in die Haushaltskasse, vor allem Geringverdiener hätten unter den Preisen sehr zu leiden. „Die Preissenkung war daher dringend nötig.“
Viele Wittener sprechen von Augenwischerei
„Ja, das tut der geschundenen Autofahrer-Seele gut“, sagt auch ein Autofahrer, der seinen Wagen am Mittag in Bommern volltankt und bedankt sich ausdrücklich beim Mitarbeiter der ebenfalls gut besuchen HEM-Tankstelle, „dass ihr den Rabatt weitergebt“. Der bedankt sich freundlich, winkt aber auch sogleich ab. Der Rabatt, sagt er, und malt dabei Anführungszeichen in die Luft, sei doch nur eine einzige „Verarschung“. Ja, die Preise seien gesenkt worden – aber davor hätten die Konzerne sie auch ebenso ordentlich hochgeschraubt. „Und deswegen ist es jetzt teurer als vor einer Woche“, so Nicole Ramus, die ansonsten ebenso drastische Worte findet, wie ihr Bommeraner Kollege. Eine Kundin pflichtet ihr bei: „Ja, das ist alles Augenwischerei – die kommen schon an unser Geld – so oder so.“
Normaler Betrieb am Hauptbahnhof
Nicht nur der Tank-Rabatt, auch das Neun-Euro-Ticket soll die Bürger seit dem 1. Juni entlasten. Doch obwohl auch viele Wittener das Ticket in den letzten Tagen gekauft haben, war von einem Ansturm am Hauptbahnhof zum Start der Aktion nichts zu spüren.Es sei genauso voll wie sonst in den Zügen gewesen, berichteten Pendler. Auch die Händler im Bahnhof versichern, am Mittwoch sei nicht mehr los gewesen als am Tag davor. Aber vielleicht kommt das ja noch: Die Reisegruppen nach Sylt warten wahrscheinlich auf besseres Wetter.
Andere zahlen hingegen drauf. „Ich tue derzeit bei jedem Liter was dazu“, klagt ein Wittener Mineralölhändler. Die Kunden hätten sich in der letzten Woche wegen des erwarteten Rabatts beim Tanken zurückgehalten. Jetzt seien die Preise tatsächlich stärker gesunken, als er erwartet hätte – und er muss dabei mitziehen, obwohl er den Sprit noch für teuer Geld eingekauft hat. Der Wittener hofft, dass seine Marge nach der nächsten Lieferung wieder besser sein wird. „Aber da muss ich als freier Händler erstmal Sprit kriegen – die großen Ketten haben ihre Tanks ja letzte Woche auch leergemacht und ordern jetzt neu.“
Wittener gehen davon aus, dass Preise nun stabil bleiben
Ob Diesel und Super in den nächsten Tagen wohl noch billiger werden? Die Tankstellen-Mitarbeiter winken allesamt ab. „Am Abend vielleicht noch mal drei, vier Cent“, sagt Nicole Ramus. „Und ich wage mal die Prognose: Die Hälfte des Rabatts wird bei den Konzernen landen“, meint der Mineralölhändler.
+++Keine Nachrichten aus Witten mehr verpassen: Hier geht’s zu unserem kostenlosen Newsletter+++
Aber dennoch seien die Kunden gut davongekommen. „Ich möchte nicht wissen, was mit den Sprit-Preisen passiert wäre, wenn die ein vollständiges Öl-Embargo beschlossen hätten.“