Witten. Er ist ein Talent mit Durchhaltevermögen: Der Wittener Philip Klimek (17) spielt leidenschaftlich gerne Orgel – und reist jetzt nach Frankreich.

Seine Eltern haben sein Talent früh erkannt und es gefördert. Ihr Sohn, Philip Paul Klimek, hat sie nicht enttäuscht. Der Schüler des Wittener Berufskollegs vertritt mittlerweile den Kirchenmusiker der Marienkirche am Marienplatz, Christian Vorbeck, wenn dieser verhindert ist. In der kommenden Woche reist der 17-Jährige mit seiner Familie nach Nordfrankreich. In der Kathedrale Notre-Dame der Stadt Noyon wird er am 11. und 12. Juni ein Orgelkonzert geben und zur Heiligen Messe spielen.

Philip Klimek vor der gewaltigen Orgel der Wittener Marienkirche, die zu den größten Orgeln im Ruhrgebiet zählt.
Philip Klimek vor der gewaltigen Orgel der Wittener Marienkirche, die zu den größten Orgeln im Ruhrgebiet zählt. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Der Kontakt nach Noyon, rund 100 Kilometer nördlich von Paris gelegen, kam durch die Wittener „Elenden-Bruderschaft vom Heiligen Eligius“ zustande. In der französischen Kathedrale wird Klimek Stücke spielen, die er mit seinem Orgellehrer, Christian Vorbeck, zusammengestellt hat. Dieser ist seit 2004 Kirchenmusiker (Kantor) an St. Marien.

„Frankreich hat eine große und herausragende Organistenszene. Die interessiert sich sehr für Bach und alte norddeutsche Meister“, sagt der Kantor. Sein Schüler Philip wird in Noyon unter anderem Stücke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und vom französischen Komponisten und Organisten Louis James Alfred Lefébure-Wély (1817-1869) erklingen lassen.

Wittener hat die größte freihängende Orgel der Welt in Regensburg gespielt

Als Sechsjähriger bekam Philip Klimek eine kleine elektrische Heimorgel geschenkt, auf der er seither spielte. Seine Mutter und sein Vater, der Wittener Dachdeckermeister Waldemar Klimek, stellten ihn schließlich Kirchenmusiker Vorbeck vor. „Damals waren aber meine Beine noch zu kurz, um an der Orgel in der Kirche spielen zu können“, erinnert sich der 17-Jährige schmunzelnd.

Die Eltern meldeten ihn erst einmal in einer Dortmunder Musikschule zum Klavierunterricht an. Seit seinem elften Lebensjahr wird er von Christian Vorbeck an der Orgel unterrichtet. Der Berufskollegschüler hat mittlerweile einen eigenen Schlüssel von der Marienkirche und kann dort auch alleine üben. „Ich bin täglich für eine Stunde dort“, sagt er. Klimek gehört außerdem zu einer siebenköpfigen Männergruppe, die mit Kantor Christian Vorbeck gregorianische Gesänge für Messen in der Marienkirche einstudiert.

Kirchenmusiker (Kantor) Dr. Christian Vorbeck wird Philip Klimek jetzt zum nebenamtlichen Kirchenmusiker ausbilden.
Kirchenmusiker (Kantor) Dr. Christian Vorbeck wird Philip Klimek jetzt zum nebenamtlichen Kirchenmusiker ausbilden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Der Jugendliche sitzt auch an der Orgel bei Gottesdiensten und Andachten in der St.-Vinzenz-von-Paul-Kirche und in der Klosterkirche der Wittener Karmelitinnen. Er spielt sein Herzensinstrument bei Hochzeiten und Beerdigungen. Die Priester der Gemeinden fragen bei ihm an.

Der Wittener konnte auch schon an der eindrucksvollen Orgel des Regensburger Doms Platz nehmen. „Das ist die größte freihängende Orgel der Welt, die hängt an vier Seilen“, erklärt er. Klimek durfte darauf spielen, weil er - während einer Reise -im Regensburger Dom einmal direkt nachgefragt hatte.

Berufskollegschüler lässt sich zum nebenamtlichen Kirchenmusiker ausbilden

Ein junger Mann, der sich für klassische Musik, für Kirchenmusik begeistert und die konsequente Arbeit am Instrument nicht scheut, die ein gutes Orgelspiel erfordert. Sein Lehrer Vorbeck freut sich über seine Begabung und seinen Willen, etwas daraus zu machen. Denn der Kantor stellt mit Bedauern fest, dass viele junge Leute heute nicht mehr in der Lage sind, „sich für etwas nachhaltig zu interessieren“. Durchhaltevermögen, das sei vielen leider mittlerweile „völlig fremd“. Bei der Musik sei das Durchhaltevermögen, die Bereitschaft, auch zeitlichen Einsatz zu zeigen, jedoch unverzichtbar. „Talent alleine genügt da nicht.“

Marienorgel ist eine der größten im Ruhrgebiet

In der Marienkirche erklingt seit 2009 eine ganz besondere Orgel. Das große Instrument verfügt über rund 4000 Pfeifen und kostete – samt Einbau in die Kirche – etwa 1,3 Millionen Euro, sagt Kirchenmusiker Christian Vorbeck. Die kleinste Pfeife ist nur zehn Zentimeter lang, die größte etwa neun Meter.„Die Marienorgel ist eine der größten Orgeln des Ruhrgebiets und eine der größten im gesamten Erzbistum Paderborn“, so Vorbeck. Normalerweise hätten Orgeln weniger als 2000 Pfeifen. Die Orgel der Wittener Marienkirche stammt aus der Werkstatt des Orgelbaumeisters Siegfried Schmid aus Immenstadt im Allgäu.

Philip Klimek, der im nächsten Jahr sein Abitur macht, ist einer, der durchhält. Weil das Orgelspiel seine Leidenschaft ist. Er wird jetzt sogar eine zweijährige Ausbildung beginnen, die er mit dem sogenannten „C-Examen“ abschließen möchte. Ein Angebot des Erzbistums Paderborn für Menschen, die nebenamtliche Kirchenmusikerin oder nebenamtlicher Kirchenmusiker werden möchten.

17-Jähriger möchte einmal gerne selbst Orgeln bauen

Will der 17-Jährige auch einmal hauptamtlicher Organist werden? Er schüttelt den Kopf. „Nein, ich möchte gerne Orgelbauer werden.“ Eine eigene Manufaktur wäre sein Wunsch, ein Betrieb mit zwei Standorten – in Polen und in Witten. Die Familie von Klimeks Vater Waldemar stammt aus einem Dorf in der Nähe der polnischen Kreisstadt Strzelce Opolskie (einst Groß Strehlitz, Oberschlesien). Dachdecker- und Spenglermeister Waldemar Klimek fährt regelmäßig in seine alte Heimat, wo er historische Kirchtürme rekonstruiert. Sein Sohn tritt mit einem anderen Berufswunsch wohl einmal in seine Fußstapfen.