Witten. Wie wäre Witten auf einen möglichen Angriff vorbereitet? Wo gibt es Bunker und in welchem Zustand sind sie? Die Antworten sind ernüchternd.
Angesichts der sich verschärfenden internationalen Bedrohungslage arbeitet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BKK) derzeit an einem neuen Bunker-Schutzplan. Es soll unter anderem eine Übersicht über bestehende Bunker und Schutzräume geben, auf die auch die Bevölkerung zugreifen kann – zum Beispiel mit einer App. Doch wie steht es um die Bunker in Witten?
Eine Antwort auf diese Frage kann die Stadt momentan nicht geben. Sie verweist lediglich auf das Vorhandensein von vier öffentlichen Bunkern für bis zu 2100 Menschen, etwa der Hochbunker in der Augustastraße. Eine genauere Bestandsaufnahme werde erst dann erfolgen, wenn über die untere Katastrophenschutzbehörde des Kreises ein entsprechender Wunsch an die Stadt herangetragen werde.
Wissen über Zustand der Bunker noch wie vor zweieinhalb Jahren
Schon einmal haben wir uns mit den Bunkern der Stadt beschäftigt - kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Noch immer bietet der damalige Artikel einen ersten Überblick über mögliche Schutzmöglichkeiten in der Stadt. Daher veröffentlichen wir den erstmals am 9. März 2022 erschienen Artikel hier noch einmal.
Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Das unberechenbare Vorgehen von Wladimir Putin schürt auch Ängste davor, wie weit der Machthaber aus dem Kreml noch gehen könnte – schreckt er doch nicht einmal davor zurück, mit der Atombombe zu drohen. Doch wie gut wäre Witten nach so vielen Jahren des Friedens auf einen Angriff vorbereitet?
Auch der EN-Kreis, bei dem der Bevölkerungsschutz für die Städte angesiedelt ist, hat sich diese Frage bereits vorsichtig gestellt und etwa bei den Kommunen abgefragt, wie viele Zivilschutzräume es noch gibt. Gemeint sind damit Bunker, aber auch Splitterschutzräume oder Schutzstollen. Nach Einschätzung von Krisenstabsleiter Michael Schäfer seien das insgesamt aber „so gut wie gar keine“. Und die, die es gibt, stammen überwiegend aus dem Zweiten Weltkrieg oder dem Kalten Krieg.
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Feuerwehr überprüft 160 mögliche Schutzräume in Witten
So wie der Wittener Hochbunker an der Augustastraße aus den Jahren 1941/42, der wohl am besten erhaltene Schutzort der Stadt. 800 Menschen können dort Platz finden – laut einer Aufstellung aus dem Jahr 1953. Insgesamt listet die hiesige Feuerwehr 160 mögliche Schutzräume in der Stadt. „Das meiste davon befindet sich aber auf privatem Boden, in Gärten, in Kellern“, sagt Claudia Link, Leiterin der Abteilung für kommunalen Bevölkerungsschutz. Daher habe die Feuerwehr auf diese Räume keinen direkten Zugriff. „Wir wollen aber versuchen, uns das alles nach und nach anzuschauen.“ Ebenso wie auch die größeren, nicht-privaten Anlagen.
Dass der Katastrophenschutz der Feuerwehr die vorhandenen Bunker und Schutzräume in Augenschein nimmt, habe aber nichts mit der aktuellen Lage zu tun, sagt Link. Die Überprüfung habe schon Ende 2019 begonnen. „Wir kommen gerne vor die Lage“, sagt dazu Oberbrandmeister Frank Hafermas.
Bereits 2020 etwa war eine Anlage unter dem Lutherpark an der Reihe, die in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Die Stadt trägt aber die Verkehrssicherungspflicht. Unter dem Park befindet sich ein weitläufiges unterirdisches Areal mit Gängen und Ausbuchtungen, rund 12.000 Quadratmeter groß. Bei starken Regenfällen läuft Wasser in die Tunnel. „Wir mussten damals die Taucherstaffel reinschicken“, erinnert sich Claudia Link. Für den Fall der Fälle stehen dort aber Pumpen bereit.
Hochbunker hat auch eigene Luftfilter-Anlage
In dieser Woche stand der rund 30 Meter lange und zehn Meter hohe Bunker an der Augustastraße auf der Tagesordnung. Das städtische Gebäude wird aktuell auch als Ausweich-Lagerort für die unterschiedlichsten Dinge genutzt, etwa Tische, Betten, aber auch Aktenkisten. Drei Stockwerke hoch und eines tief ist der Schutzbunker. Das Licht funktioniert, auch aus den Wasserhähnen kommt noch Wasser. Fluoreszierende Streifen an den Wänden weisen bei Stromausfall den Weg zu den Ausgängen.
Der gesamte Bunker kann in Überdruck versetzt werden. Dann gelangt nur noch angesaugte und durch eine Filteranlage gereinigte Luft nach innen, erklärt Hauptbrandmeister Knut Hartwig. Sinnvoll ist das etwa beim Einsatz biologischer oder chemischer Waffen. Überdruckventile auf den verschiedenen Stockwerken entlassen die verbrauchte Luft nach draußen. Und sollte der Strom ausfallen, lässt sich die Luftanlage mit Kurbeln und Muskelkraft bedienen.
Bei den städtischen Bauten ist eine zeitnahe Reaktivierung denkbar
„Ich bin positiv überrascht, das Gebäude ist in einem relativ guten Zustand“, sagt Claudia Link nach der Begehung der Anlage in der City. „Ich will mal hoffen, dass wir sie nicht brauchen. Aber es ist gut zu wissen, dass wir sie haben“, sagt sie mit Blick auf die vorhandenen Schutzräume in der Stadt. Als Nächstes werden sich die Experten den zweiten Hochbunker Wittens an der Ecke Eckardtstraße/In der Mark in Annen vornehmen. Auch er ist Baujahr 41/42.
Von den 160 Schutzräumen auf der Liste der Feuerwehr befinden sich 15 in städtischer Hand. „Wir prüfen jetzt aktuell, wie viele davon schnell wieder einsatzfähig wären“, sagt Feuerwehrmann Hartwig. Zumindest bei den städtischen Anlagen sei eine zeitnahe Reaktivierung bei den meisten denkbar. Ob die historischen Bauten aber bei einem tatsächlich einsetzenden Krieg mit modernen Waffen noch ausreichend Schutz bieten würden, stellt auch EN-Krisenstabsleiter Michael Schäfer in Frage. „Sie sind seit dem Ende des Kalten Krieges verfallen, Förderung und Bau sind vom Bund ja lange eingestellt worden.“
EN-Kreis mit Witten lässt Feuerwehr Strahlung messen
Auch an der Ecke Bochumer Straße und Trantenrother Weg versteckt sich ein alter Erdbunker. Seine Lüftungsschächte sind noch gut zu sehen. Die Eingänge sind laut Feuerwehr zugeschüttet. Auf dem Kleff befinden sich noch alte Schutzstollen im Gestein. Sie sind vom Kreisverkehr an der Herbeder Straße aus zu sehen. Feuerwehr im EN-Kreis mit Witten führt „Null-Raten“-Messungen durchDer EN-Kreis hat vor Kurzem die Feuerwehren mit sogenannten „Null-Raten“-Messungen beauftragt. Damit wird erfasst, welche radioaktive Grundstrahlung vorliegt. Den Anstoß dazu haben die Einnahme von Tschernobyl durch die Russen und der Beschuss des Atomkraftwerks Saporischschja gegeben. „Auch wenn es weit weg ist, macht es trotzdem Sinn, da drauf zu schauen“, sagt Krisenstabsleiter Schäfer. Der Kreis setzt seine Prioritäten mit Blick auf den Krieg in der Ukraine derzeit ohnehin ganz anders. „Es geht für uns jetzt darum, den Menschen zu helfen, die zu uns kommen“, betont Schäfer. So müsse etwa die Unterbringung und medizinische Versorgung organisiert werden.Krisenstabsleiter: Impfstatus der Geflüchteten könnte Herausforderung werdenZusätzlich könne der Corona-Impfstatus der Geflüchteten eine Herausforderung werden. „Die Ukraine ist ein Land mit einer verhältnismäßig niedrigen Impfquote“, sagt der Krisenstabsleiter. Deshalb werde es auch darum gehen, die Menschen aufzuklären und ihnen einen Impfung anzubieten.