Witten. „Diese Unruhe brauchen wir nicht“: Anwohner aus Witten kritisieren den Aufwand, den der Arbeitskreis Herbede beim Bau der Ruhrbrücken einfordert.
In der Diskussion um die Lage der neu zu bauenden Ruhrbrücken in Witten-Herbede ertönt die Kritik des „Arbeitskreises Herbeder Brücken“ am lautesten. Nun haben sich Anwohner der Hevener Ruhrseite zu Wort gemeldet. Sie stehen hinter den Plänen von Straßen NRW und fordern: „Diese Unruhe brauchen wir nicht.“
In der Straße In der Lake ist man nicht gut auf den Arbeitskreis zu sprechen. Schließlich hatte dieser, um eine mehrmonatige Brückensperrung in Herbede zu verhindern, eine Südvariante ins Spiel gebracht. Im ersten Entwurf startete diese zwischen der jetzigen Ruhrbrücke und der Brennerei Sonnenschein und traf auf Höhe der türkischen Moschee aufs Herbeder Ufer. Auf der Hevener Ruhrseite führte der neue Brückenzug geradewegs über die Grundstücke einiger Anwohner der Straße In der Lake.
Anwohner aus Witten lehnt Verkauf seines Grundstücks ab
Die Familie Koch wohnt seit über 100 Jahren im Haus In der Lake 26. Das Grundstück reicht bis an den jetzigen Brückenzug heran, würde für den Vorschlag des Arbeitskreises also benötigt. „Keiner aus unserer Straße wurde je vom Arbeitskreis nach seiner Meinung gefragt“, sagt Peter Koch. „Welches Interesse sollten wir daran haben, dass der Verkehr noch näher an unseren Fenster vorbeifließt“, fragt Koch. Das Grundstück würden er und seine Mutter Maria (87) niemals verkaufen. Trotzdem wurde die Idee des Arbeitskreises öffentlich diskutiert.
Auch Dagmar Linde aus Haus Nummer 27 hätte die Pläne nicht unterstützt. Ihr Haus würde dann im Schatten der neuen Brücke stehen. Viele Nachbarn bekräftigen ihren Ärger und weisen darauf hin, dass es manchem Arbeitskreis-Mitglied aus dem Rathaus der Medizin wohl weniger um eine Sperrung gehe als darum, dass die neue Brücke nicht näher an das Arztzentrum heranrückt.
Für Hevener Seite gilt Nordvariante
Seit der Sitzung des Verkehrsausschusses am Montagabend im Saalbau ist klar, dass die neu zu bauende Ruhrbrücke auf Hevener Seite definitiv nördlich des jetzigen Brückenzugs startet (ein Stück in Richtung Kemnader See). „Denn dort sind alle Grundstücke in öffentlicher Hand“, bekräftigt noch einmal der Planungsleiter von Straßen NRW, Thomas Schittkowski.
Bis zum Ende der Sommerferien solle noch über den zweiten Brückenzug über die Bahngleise diskutiert werden. Straßen NRW möchte gern die alte Omega-Brücke abreißen und an gleicher Stelle durch eine Fertigteilbrücke ersetzen. Das hätte eine Vollsperrung von acht Monaten (plus Puffer) zur Folge.
Diskussion auch um Lakebrücke
Viele Meinungen gibt es auch zu einer neuen Lakebrücke. Die jetzige schmale Fußgängerbrücke quert die Ruhr zwischen der Pommesbude „Altes Zollhaus“ in Herbede und der Brennerei Sonnenschein in Heven. Sie ist dem zunehmenden Freizeitverkehr im Ruhrtal nicht gewachsen. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen – denn viele Radfahrer steigen dort nicht ab,Als „Ausgleich“ für die Vollsperrung der Ruhrbrücken und um die Notverkehr-Versorgung (Rettungsdienst, Feuerwehr) während der Bauzeit zu sichern, würde das Land der Stadt eine neue Lakebrücke spendieren. Entfiele die Vollsperrung mit der Südvariante des Bürgerkreises, entfiele auch die Finanzierung.Gabriele Voss vom Arbeitskreis hält nichts von der breiten neuen Lakebrücke: „Eine solche Freizeitautobahn brauchen wir nicht. Die Verbreiterung wird die Unfallgefahr erhöhen“, so die Anwohnerin. Der Arbeitskreis schlägt eine parallele zweite Brücke für Radfahrer vor.
Der Arbeitskreis hat mit Unterstützung der Wittener Politik erwirkt, dass die Behörde für diesen Teil weiterhin die Südvariante prüfen muss. Vorteil wäre, dass während des Baus die alte Omegabrücke weiter in Betrieb sei. Der Nachteil: Dieser verläuft über verschiedene private Grundstücke. „Die Flächeninanspruchnahme ist verdammt groß“, so Thomas Schittkowski.
Der Landesbetrieb könne aus baurechtlichen Gründen nur einen gesetzlich festgelegten Preis zahlen. Enteignungen oder Koppelgeschäfte (Baumöglichkeit an anderer Stelle) seien nicht möglich. Das Liegenschaftsamt der Stadt Witten wird in den nächsten Wochen dazu betroffene Eigentümer auf der Herbeder Ruhrseite aufsuchen, um eine Kaufoption abzuklopfen.
Anwohner: Können mit temporärer Sperrung gut leben
Den Aufwand, den der Arbeitskreis einfordert, kann man auf der Hevener Ruhrseite nicht nachvollziehen. Auch mit einer temporären Sperrung könne man leben. „Die Ruhrbrücke ist bei Berufsverkehr seit jeher verstopft, da weicht jeder von uns auf die Autobahn aus. Warum sollte das während einer Brückensperrung ein Problem sein“, fragt Heinz-Jürgen Dohrmann. „Das ist kein echter Umweg.“ Auch die Argumentation, der Linienbus könne dann nicht mehr fahren, sei hinfällig. Denn seit die Brücke für schwere Fahrzeuge gesperrt ist, nutzen auch diese die parallel verlaufende Autobahn.
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Arne Meinshausen vor Arbeitskreis Herbeder Brücken hatte im Verkehrsausschuss betont, dass eine mehrmonatige Vollsperrung eine „erhebliche Betroffenheit“ bei der Wittener Bevölkerung bewirken würde. Ein Beispiel: „Die Herbeder Hausarztpraxen versorgen 30 Prozent der Wittener Bevölkerung. Wäre die Brücke gesperrt, ist diese Versorgung nicht länger gesichert.“ Mit 3500 Unterschriften hatte der Arbeitskreis zementiert, wie stark die Bevölkerung hinter der Initiative stünde. „Die Behauptung, wir sind alle für die Südvariante, stimmt einfach nicht“, sagen dagegen die Hevener Anwohner. „Aber wir sind alle gegen diese Unruhe.“