Witten. Es sieht schlecht aus für die Waldorfkita in Wittens City. Die Verwaltung bevorzugt eine andere Lösung. Grüne wollen für das Projekt kämpfen.

Wird es in der Wittener Innenstadt im ehemaligen Krüger-Haus künftig eine Waldorf-Kita geben? Um diese Frage ringt derzeit die Politik – und der potenzielle Träger, der „Kindergarten auf dem Annener Berg“. Weil die Gespräche zwischen dem Verein und der Stadt relativ abrupt ins Stocken geraten waren, hatten die Grünen eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses beantragt. In dieser wurde deutlich: die Verwaltungsspitze ist gegen die Kita direkt in der City.

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Die Vertreter der Stadt – von Bürgermeister Lars König über Sozialdezernent Frank Schweppe hin zu Jugendamtsleiterin Corinna Lenhardt – wurden in der Sitzung am vergangenen Freitagnachmittag zwar nicht müde zu betonen, dass der Prüfauftrag zur Waldorf-Kita an der Bahnhofstraße noch nicht abgeschlossen sei. Aber: „Bis heute gibt es mehr Probleme als Lösungen“, so Lenhardt. Daher „linse sie mit lachendem Auge in eine andere Richtung, die einfacher ist.“

Stadt Witten will Kita im geplanten Neubau am Hauptbahnhof

Gemeint ist damit der von der Wohnungsbaugenossenschaft Witten-Mitte geplante Neubau an der Bergerstraße gegenüber dem Hauptbahnhof. Dort sollte eigentlich ein Hotel entstehen. Wegen Corona ist der Investor abgesprungen, die Genossenschaft will dort nun selbst Wohnungen bauen – mit Platz für eine Kita im Erdgeschoss. Laut der Leiterin des Jugendamtes ein Angebot, das extrem attraktiv sei und dem man sich nicht verschließen könne. „An dem anderen Objekt haben wir Stand heute kein Interesse mehr.“

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Zahlreiche Argumente gegen eine Kita in der ehemaligen Gewerbeimmobilie wurden vorgetragen. Etwa die schlechte Beleuchtung aufgrund der Tiefe der Räume, fehlende Parkplätze und das nicht vorhandene Außengelände. Laut Dezernent Schweppe das größte Problem des Projekts. Auch fehle in der City das Klientel für eine solche Kita. Denn die migrantische Bevölkerung lasse sich nicht mit den Ideen Rudolf Steiners begeistern, so Schweppe. „Zweifel gab es schon immer, aber wir wollten das prüfen, weil es keine Alternative gab.“

Bürgermeister: Kita würde Innenstadt nicht beleben

Aus Sicht von Bürgermeister Lars König würde eine Kita in der ehemaligen Buchhandlung auch nicht – wie von den Befürwortern oft angebracht – zur Belebung der Innenstadt beitragen. Denn die immer gleichen Eltern würden ihre Kinder bringen. Und zwar wenn die Läden noch geschlossen haben. Sollten es Familien aus dem direkten Einzugsgebiet sein, würden sich diese ohnehin bereits im Zentrum aufhalten. Und nun gebe es das Alternativ-Angebot von Witten-Mitte. „Das konnte 2020 niemand wissen. Jetzt stellt sich die Situation neu dar.“

Seit rund eineinhalb Jahren arbeitet Johannes Wiek für den Trägerverein daran, dass aus dem Krügerhaus eine Kindertagesstätte werden kann. Die jetzige Ablehnung der Verwaltung macht ihn fassungslos. „Alle Punkte, die jetzt Kritik erfahren, waren bekannt. Und für sie gab es in einer Allianz der Willigen auch bereits Lösungen. Was einmal innovativ war, ist jetzt ein Problem.“ Auch das Landesjugendamt hatte die Pläne bereits abgenickt. „Wir hoffen auf eine weitere Zusammenarbeit“, so der 49-Jährige.

„Träger nicht mit Füßen treten“

„Es geht doch darum, dass wir hier in der Stadt etwas ermöglichen“, sagte Jan Phillip Krawinkel, Kreisgruppengeschäftsführer des Paritätischen, im Ausschuss als Vertreter der Wohlfahrtsverbände. Nach der langen Vorlaufzeit sei es schlechter Stil, einem anderen Projekt den Vorrang zu geben. „Lassen sie uns nicht engagierte Träger mit Füßen treten“, sagte er an die Vertreter der Verwaltung gerichtet.

Auch Michael Hasenkamp (Stadtklima) trat für das Kita-Projekt ein. „Das ist ein Leuchtturmprojekt. Unsere sterbende Innenstadt erfährt dadurch Belebung.“ Die Stadt sollte nicht darauf warten, dass ein Einzelhändler die Immobilie wieder belebe. „Bis dahin sind wir alle alt und grau.“

Grüne wollen für Kita kämpfen

Die Grünen hoffen weiter auf eine Zukunft für die Kita in der City. „Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, das eine Gute zu tun ohne das andere zu lassen“, sagte Arnold Evertz mit Blick auf die zwei aktuell konkurrierenden Kita-Ideen. Er forderte die Verwaltung auf, das Waldorf-Projekt weiterhin ernsthaft zu prüfen und zu ermöglichen. Notfalls wolle man versuchen, eine politische Mehrheit zu organisieren. Die CDU stellt sich hinter ihren Bürgermeister. „Wir können dem Projekt nichts abgewinnen“, sagt Ratsmitglied Regina Fiedler. Der Standort habe klare Nachteile, daher lehne man ihn ab. So bestehe etwa durch die Straßenbahn und Lieferverkehr Gefahr für die Kinder.