Witten. Die Parkstreifen an der Dortmunder Straße in Witten werden zu Radwegen umetikettiert. Nicht jeder findet diesen sogenannten Pop-up-Radweg gut.
Wittens erster Pop-up-Radweg“ wird noch in diesem Jahr umgesetzt. An der Dortmunder Straße fallen die Parkstreifen zwischen Jet-Tankstelle und Freiligrathstraße weg und werden zu Radfahrstreifen umetikettiert. Dass Parkplätze zugunsten des Radverkehrs aufgegeben werden, stößt aber nicht überall auf Gegenliebe.
Der knapp 400 Meter lange Pop-up-Radweg ist ein Experiment. „Eine temporäre Maßnahme für Witten“, betonte Claudio Rabe vom Planungsamt im Mobilitätsausschuss. Mit diesem kurzfristig herstellbaren Radweg („pop up“) will die Stadt noch in diesem Jahr und vor der dunklen Jahreszeit mehr Raum und Sicherheit für Radfahrer an dieser stark befahrenen Straße ermöglichen. Nach der Auftragsvergabe plus sechs bis acht Wochen Arbeitszeit könnte der Radweg eingerichtet sein. Bis die Dortmunder Straße langfristig, wie im Radverkehrskonzept vorgesehen, umgebaut wird und damit „echte“ Radstreifen erhält, werden dagegen einige Jahre ins Land gehen.
Kurzfristige Maßnahme für Radfahrer in Witten kostet 20.000 Euro
Die aktuelle Folge der Pop-up-Lösung: Bald gilt auf der Dortmunder Straße zwischen Lebenshilfe beziehungsweise Jet-Tankstelle bis hin zur Freiligrathstraße (Netto) ein Parkverbot. Die Fläche wird geräumt, Altkleider- und Papiercontainer werden umgestellt. Alle 25 Meter wird in beiden Richtungen ein Rad-Piktogramm aufgemalt. Außerdem werden gelbe Markierungsstreifen gezogen. Knapp 20.000 Euro, so Rabe, wird der Radweg kosten. „Ich finde, es ist gut angelegtes Geld.“
Der provisorische Radweg geht auf einen Antrag von SPD und Grünen zurück und folgt einer Idee der Deutschen Umwelthilfe. In vielen Städten werden derzeit mit farbigen Tape-Bändern Parkstreifen oder Fahrspuren zur Radfahrstreifen umgewidmet. Auslöser war die steigende Zahl der Menschen, die in der Corona-Pandemie aus Angst vor einer Ansteckung in Bus und Bahn aufs Rad umgestiegen sind. Der rechtliche Kniff: Dazu braucht es keine straßenverkehrsbehördliche Anordnung, der zeitlich begrenzte Pop-up-Radweg gilt als Mittel zur „räumlichen Distanzierung“. Viele der plötzlich aufgeploppten Radwege sind aber umstritten.
Wohin mit den geparkten Fahrzeugen?
Radverkehr scheint zentrales Thema
In den Monaten Juni und Juli hatte das Planungsamt zu einer Online-Befragung zur Mobilität der Zukunft eingeladen. Hintergrund ist ein neues Mobilitätskonzept für die Wittener Innenstadt. Denn: „In Witten stehen zurzeit zahlreiche städtebauliche und strukturelle Entwicklungen zur Stärkung der Innenstadt an, wie etwa die Umgestaltung einiger zentraler Plätze“, so Stadtbaurat Stefan Rommelfanger.Die Resonanz war sehr gut. Laut Stadtplaner Claudio Rabe sind 500 Anregungen eingegangen, davon 100 konkrete Vorschläge. Angesprochen wurden häufig Themen wie Sicherheit für Fußgänger, Parken und Lärmbelästigung. Die allermeisten Meldungen fordern eine Stärkung des Radverkehrs. Laut Rabe wird das Planungsamt die Anregungen jetzt analysieren und das Meinungsbild anschließend öffentlich vorstellen.
An der Dortmunder Straße könnte ebenfalls Ärger vorprogrammiert sein. „Man muss auch die Interessen des Kfz-Verkehrs berücksichtigen“, findet die WBG. Die Rad- und Fußgängerfrequenz sei auf diesem Teilstück so gering, dass dies die Umwidmung nicht rechtfertige, argumentiert die Wittener Bürgergemeinschaft. Eine Verkehrszählung hätte vor der Investition von 20.000 Euro erfolgen müssen.
„Wo sollen die jetzt dort parkenden Fahrzeuge, teils Lkw und Fahrzeuge der dortigen Anwohner, abgestellt werden?“, fragt außerdem WBG-Fraktionsmitglied Hans-Peter Müller. Eine Antwort darauf hätten die Antragsteller (also SPD und Grüne) nicht geliefert. Noch stehen an der Dortmunder Straße dicht an dicht Pkw, Lkw, Reisebusse oder Anhänger. Ein Wittener Berufskraftfahrer beschwerte sich kürzlich gegenüber der Redaktion, dass die Dortmunder Straße die einzige Möglichkeit in Witten sei, wo Lkw geparkt werden dürfen. Die Stadt hat diesen Bereich als sogenanntes Mischgebiet ausgewiesen. Deswegen dürfen die großvolumigen Vehikel auch dauerhaft dort stehen.
Sprungbrett zur Verkehrswende
Für die Grünen dagegen ist der Pop-up-Radweg eine Möglichkeit, wie man schnell für mehr Sicherheit im Radverkehr sorgen kann. „Das ist ein Sprungbrett zu einer längerfristigen Verkehrswende“, sagt Ratsherr Arnold Evertz. Radwege bräuchte es für alle Hauptverkehrsstraßen, die aus und in die Wittener Innenstadt führen. Aber, so Evertz: „Wir brauchen Lösungen, mit der alle Verkehrsteilnehmer gut leben können. Es bringt natürlich nichts, wenn immer nur die Autofahrer zurückstecken müssen.“