Witten. Das niedergebrannte Fachwerkhaus war das letzte Steigerhaus in Witten, das an die Bergbaugeschichte erinnerte. Ein zweites wurde abgerissen.
Der verheerende Brand im Steigerhaus im Muttental ist nach einem technischen Defekt – etwa einem Kurzschluss – entstanden. Davon geht die Polizei nach ihren Brandermittlungen aus. Was mit der Ruine nun passiert, muss die Stadt Witten als Eigentümer klären. „Ein großer Teil der historischen Bausubstanz ist erloschen“, lautet die ernüchternde Bilanz von Wittens Denkmalpfleger Magnus Terbahl. Warum hatte das kleine Fachwerkhaus eigentlich einen solchen Wert?
Vielen Muttentalwanderern ist – oder war – das Ensemble aus Zechenhaus Herberholz, Steigerhaus und dem Geschichtspark des Fördervereins bergbauhistorischer Stätten an der Muttentalstraße wohlbekannt. Das hübsche Fachwerkhäuschen mit den grünen Schlagläden, das der Sauerländische Gebirgsverein (SGV) als Vereinsheim nutzte, hatte in diesem Ensemble die größte kulturelle Bedeutung: Es war Wittens letztes erhaltenes Steigerhaus. Sprich: Das Büro des Steigers, der für die umliegenden Kleinzechen wie Herberholz oder Hermann verantwortlich zeichnete. Die Stollenmundlöcher dieser Kleinzechen findet man entlang des Bergbauwanderwegs.
Baujahr des Steigerhauses ist unbekannt
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„Das Gebäude ist mindestens 200 Jahre alt, stammt vermutlich vom Ende des 18. Jahrhunderts“, sagt Denkmalpfleger Magnus Terbahl. Genau wisse man dies nicht. „Als es 1987 unter Denkmalschutz gestellt wurde, ging dem keine bauhistorische Untersuchung voraus. Es gab nur eine oberflächliche Quellenanalyse.“
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Bekannt sei aber, dass es noch ein zweites Steigerhaus im Muttental gab. Ein wesentlich größeres Fachwerkhaus, das ab 1880 als Gaststätte diente. Die älteren Wittener werden sich vielleicht noch an den „Schützenhof“, später „Landgasthaus Muttental“ erinnern. Das Haus stand neben dem heutigen Zechenhaus Herberholz. In einem Dokument von 1830 wurde es nachweislich als Wohnsitz eines Steigers ausgewiesen. „Ein Steiger war ja was. Kein Kumpel, der einfach Kohle gehackt hat“, so Terbahl. Deswegen wurde das Gebäude in einer repräsentativen Stilform errichtet.
Anderes Steigerhaus nach Schimmelbefall abgerissen
1992 wurde das beliebte Ausflugsziel abgerissen. „Wegen angetroffener pflanzlicher und tierischer Holzzerstörer“, liest Magnus Terbahl aus der Denkmalakte vor. „Also Schimmel, Stock- und Schwammbefall.“ Es sagt aber auch: „Aus heutiger Sicht wurde das Haus mit diesem Gutachten kaputtgeschrieben.“
Nach dem Abriss des pompösen Steigerhauses und dem Brand des kleineren gibt es nun nur noch ein historisches Gebäude an dieser Stelle, das Zechenhaus Herberholz. Es ist jünger, erbaut etwa 1875 und diente als Lampenkammer, in der die Kumpel der Zeche Hermann ihre Grubenlampen aufgehängt haben. Ehemaligen Bergleute rund um Pächter Heinz Eberle betreiben darin eine Gastwirtschaft und ein Museum. Zurzeit haben sie aber mit schlimmen Hochwasserfolgen zu kämpfen. Das Ziegelhaus soll saniert werden, über die Fluthilfegelder des Landes.
Magnus Terbahl wünscht sich, dass auch das Steigerhaus wieder aufgebaut werden könnte, obwohl sein Denkmalwert mit dem Brand am Sonntagabend erloschen ist. „Gerade wenn zur IGA 2027 das Muttental ein wesentlicher Spielort wird, wäre das wünschenswert.“ Der Denkmalschützer fasst dessen Bedeutung in Worte: „Das Muttental ist die Wiege des Ruhrbergbaus. Und das Steigerhaus ist eines der letzten authentischen Objekte aus dieser Zeit. Eines der wenigen Relikte über Tage, dass das Schaffen einer ausgestorbenen Berufsgruppe dokumentiert.“