Witten. In Essen hat es schon viele Freunde gewonnen. Nun bekommt auch Witten ein Parklet. Was es mit dem Freisitz auf sich hat und wo er zu finden ist.
Der Schreiner kommt kaum zum Arbeiten. Immer wieder wollen Neugierige wissen, was es mit den Holzlatten auf sich hat, die er da zusammenschraubt. Tobias Schunck baut an dem Parklet, das im Wiesenviertel seinen Platz findet. Man könnte es auch einfach Sitzecke im Freien nennen. Es ist das Erste seiner Art in Witten.
Die Initiative dazu hatte der Wiesenviertel-Verein ergriffen. Vorsitzende Irja Hoennekamp erläutert, was es mit den Bänken und Lehnen auf sich hat: „Jeder ist hierhin eingeladen, ob er eine Rast nach dem Einkauf einlegen oder sich beim Spaziergang ein Päuschen gönnen möchte.“ Wer etwas essen oder trinken will, muss allerdings Verpflegung mitbringen. „Das ist jedem Besucher selbst überlassen“, sagt die Vorsitzende. In diesen Tagen biete es sich natürlich an, das gute Wetter zu genießen. Zudem wollen die Akteure auch Blumen sprechen lassen. Für Grün und Buntes hat der Schreiner Blumenkästen angefertigt, natürlich sind auch sie aus Holz. Auf Nachhaltigkeit legt der Verein großen Wert.
Wittener haben sogar an einen Sandkasten gedacht
Bis zu 35 Leute können in der Sitzecke Platz nehmen, dann dürfte allerdings auch die Grenze erreicht sein. Gedacht haben die Planer auch an Mütter mit kleinen Kindern. Auf einer Seite steht eine Holzbox mit Deckel, die sich auch als Sandkasten eignet. Das Parklet sei aber für alle Generationen gedacht, unterstreicht Hoennekamp. Sich unterhalten, Karten spielen, abschalten: Alles ist möglich.
Nun kann man so eine Sitzecke gegenüber von Kneipen durchaus zwiespältig sehen. Doch Waldemar Riedel (37), der seit zehn Jahren das Knuts betreibt, winkt ab. Er freue sich über das Parklet, gehöre auch dem Verein an. „Das ist für das Viertel eine echte Bereicherung, eine Attraktion“, sagt er und setzt gleich noch nach: „Leute, die da Platz nehmen, können das Wiesenviertel aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.“
Vorbilder für Parklets stehen in Wien
Wer nun die Parklets erfunden hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Vorbilder stehen aber wohl in Wien. Doch im Ruhrgebiet haben Bürger die Sitzecken mittlerweile auch für sich entdeckt, unter anderem im Essener Stadtteil Holsterhausen. Dort möchten die meisten Leute nach anfänglicher Skepsis den Treffpunkt nicht mehr missen. Parklet heißen die Orte deshalb, weil es sich um bisherige Parkplätze handelt, die nun Bürger nutzen.
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Voller Lob sind bei einem Besuch in der Wiesenstraße auch Patrick Brehmer (36) und Lisa (31). „Genauso etwas brauchen wir hier“, sind sich die Anwohner einig. „Ein Gewinn für die Aufenthaltsqualität“, so ihr Kommentar. Alexandra Milonas, die in Herdecke lebt und einen Abstecher nach Witten gemacht hat, findet die Idee super und für ihren Heimatort nachahmenswert. Eine 57-jährige Frau, die ihren Namen nicht so gern in der Zeitung lesen möchte, bleibt skeptisch. Lärm bis in die Nacht, Müll, der liegenbleibt: Der Ärger sei doch programmiert.
Offizielle Eröffnung in der nächsten Woche
Irja Hoennekamp gibt sich gelassen: „Wir wollen erst einmal abwarten.“ Falls sich Beschwerden häufen sollten, werde man auch sicherlich reagieren. Jetzt aber steht erst einmal nächste Woche die offizielle Eröffnung an. Wer so lange nicht warten will: Sitzproben sind auch jetzt schon erlaubt.
Durch Spenden und Fördergelder von Stadt und Land hat der Wiesenviertel-Verein rund 4000 Euro bekommen. Auch wenn die Finanzierung abgesichert sei, „freuen wir uns, wenn wir noch weitere 3000 durch Spenden zusammenbekommen“, so die Vorsitzende.