Wattenscheid-Südfeldmark. Eine kostenlose Bibliothek steht jetzt in der Südfeldmark. Familie Untersberger hat einen Bücherschrank zum Ausleihen und Tauschen gebaut.

„Mini-Bib“ steht auf dem kleinen Häuschen. Hinter zwei Türen warten Romane, Kinderbücher und weiterer Lesestoff auf zwei Etagen. Familie Untersberger hat am eigenen Zaun an der Gildenstraße/Ecke Moltkestraße in Wattenscheid-Südfeldmark einen selbst gebauten Bücherschrank für die gesamte Nachbarschaft aufgestellt.

Familie aus Wattenscheid baut Bücherschrank, um die Nachbarschaft zu erfreuen

Die Inspiration kommt aus den Niederlanden, das Material aus Garage und Keller, Unterstützung von allen Seiten. „Baumeister“ Fred Untersberger (75) wurde von seiner Tochter auf die Idee gebracht und griff zu den Werkzeugen. „Sie hat einen ausrangierten Aktenschrank bekommen. Den hab‘ ich mit Panelbrettern verkleidet, aus Altholz ein Dach drauf gebaut und es mit Dachpappe verschweißt.“ Diese brachte der Neffe, von Beruf Dachdecker, mit.

Auch für den sicheren Stand der neuen „Mini-Bib“ hat Fred Untersberger gesorgt, dafür ein altes Eisengestell aus Wasserrohr um- und zusammengebaut. „Ich versuche immer erst, alles selbst zu machen, bevor ich mir Hilfe von Fachleuten hole“, ordnet der gelernte Fleischermeister seine handwerklichen Fähigkeiten recht nüchtern ein. Das Ergebnis kann sich aber durchaus sehen lassen.

Seine Tochter griff zum Pinsel, tapezierte und schmückte das Schränkchen noch mit kleinen Gardinen aus. An der Seite sind kurz und knapp die „Spielregeln“ der kleinen Bibliothek zu lesen: „Hier kannst Du Bücher leihen oder tauschen.“ Auch das Einstellen von Lesestoff geht: „Aber bitte: Wenn voll, dann voll.“

Auf diesem eingerahmten Schild sind die Regeln für den Bücherschrank in der Südfeldmark in Wattenscheid beschrieben.
Auf diesem eingerahmten Schild sind die Regeln für den Bücherschrank in der Südfeldmark in Wattenscheid beschrieben. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche


Beim Aufstellen des kostenlosen öffentlichen Angebots hat sich Familie Untersberger an einem Stromkasten orientiert. So nimmt der Bücherschrank noch weniger Platz auf dem Bürgersteig ein als sein Energie verteilender Nachbar.

Die Resonanz ist bislang ausgesprochen gut, berichtet Fred Untersberger: „Schon beim Zusammenbauen haben Nachbarn vorbeigeschaut und sich gefreut. Wir haben Bücher gesammelt, den Schrank mit rund 60 Lektüren bestückt und wollen nun auch alle auf ihn aufpassen.“ Immerhin sind mit Ur-Enkel Malik vier Untersberger-Generationen mit dabei.

Als erstes waren die Geschichten um Pippi Langstrumpf gefragt. Ob man die Bücher nun leiht, tauscht oder ein neues Lieblingswerk entdeckt und behält, ist zweitrangig. Solange die neue „Mini-Bib“ nicht zur Abstellkammer für Altbücher verkommt.

Bewährt haben sich Bücherschränke mit ihrem „Eins nehmen, eins geben“-System auch an drei weiteren Orten in Wattenscheid. Vor der Bücherei im Gertrudiscenter (Alter Markt 1) hat der Förderverein „LiesWAT!“ ein Regal aufgestellt. Nach einigen Startschwierigkeiten läuft der Austausch sehr gut, berichtet Astrid Kern, Vorsitzende des Fördervereins. Auch dank Norbert Borgmeyer, der sich seit 2019 um das Regal kümmert und darauf achtet, dass der Lesestoff ansprechend bleibt.

Ein weiterer Bücherschrank befindet sich an der Hüller Straße zwischen den Hausnummern 112 und 114. Dort hat die Baugenossenschaft Bochum 2019 ihr Pilotprojekt gestartet. Das Angebot ist nicht nur für Mitglieder, sondern offen für alle Interessierten, um den Austausch in der ganzen Nachbarschaft zu fördern und zum Lesen anzuregen.


Pionierin in Wattenscheid ist wohl die katholische Gemeinde St. Johannes in Leithe. Azubis des USB haben dort bereits 2016 einen Bücherschrank auf dem Kirchengelände an der Kemnastraße in der Nähe der Vesperecke aufgestellt. Auch hier kümmert sich eine Anwohnerin, vertretungsweise auch mal die Nachbarschaft, um das kulturelle Tauschangebot.

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