Neviges. In ganz Europa vertrauen Optiker dem Familienbetrieb Kindler. Die steile Erfolgsgeschichte begann 1976 im Wohnhaus des Senior-Chefs.

Leo-Look bleibt ein Renner. Und vor allem junge Frauen lieben die „Fluffy-Bags“, flauschig-bunt, mit Glitzer und Perlen, da steckt die Brille in einer poppigen Mini-Handtasche. Kinder fahren auf Spiderman und die Eiskönigin ab, und dann sind da noch die Puristen, die es edel und dezent mögen: „Leder ist aber eher selten geworden, ist einfach zu teuer“, sagt Hans-Jürgen Kindler, Senior-Chef des kleinen, feinen Familienunternehmens „Kindler Etui- und Werbeartikelvertrieb GmbH“ in Velbert-Neviges. Optiker in ganz Deutschland und vielen europäischen Ländern werden mit Etuis und Brillentüchern beliefert, die an der Donnenberger Straße verpackt und größtenteils bedruckt werden: rund 200.000 Etuis im Jahr, so Sohn und Geschäftsführer René Kindler, dazu kommt die gleiche Anzahl an Putztüchern.

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Verstehen sich gut und stemmen zu Dritt ihren Betrieb (v.l.) : Geschäftsführer René Kindler, Ehefrau Simone und Vater Hans-Jürgen Kindler, Seniorchef und Firmengründer.
Verstehen sich gut und stemmen zu Dritt ihren Betrieb (v.l.) : Geschäftsführer René Kindler, Ehefrau Simone und Vater Hans-Jürgen Kindler, Seniorchef und Firmengründer. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

„Ich sag’ mal so: 99,9 Prozent der deutschen Optiker kennen uns“, sagt der 79-Jährige und lächelt verschmitzt. Und schiebt gleich ernst hinterher. „Qualität ist uns sehr wichtig, das ist das A und O, wir schauen uns ganz genau die Firmen an, mit denen wir kooperieren, von denen wir die Ware beziehen.“ Wir, das sind neben dem Firmengründer Sohn René (54) und Schwiegertochter Simone (52), die Drei stemmen gemeinsam das international erfolgreiche Unternehmen. Auf 500 Quadratmetern lagert in dem Betrieb an der Donnenberger Straße so ziemlich alles, was man sich an Brillen-Etuis und Accessoires rund um die Brille vorstellen kann, vieles wird hier mit Namen und Logo des Kunden, also Optikers, versehen.

Velberter Firma spürt Trends auf Messen auf

Vor allem Mädchen stecken ihre Brille gern in Mini-Perlenhandtäschchen.
Vor allem Mädchen stecken ihre Brille gern in Mini-Perlenhandtäschchen. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Kein Verkauf an Verbraucher

In dem Unternehmen „Kindler Etui- und Werbeartikelvertrieb GmbH“, Donnenberger Straße 2-4, können sich nicht etwa Brillenfans ein neues Etui aussuchen. Es gibt keinen Verkauf für Endverbraucher.

Der Vertrieb erfolgt an den Einzel- und Großhandel. Weitere Informationen sowie eine Auswahl der neuen Modelle gibt es online auf https//sw.kindler-etui.de.

„Den Farbdruck machen wir hier, das ist kein Problem. Für den Prägedruck kooperieren wir mit einer Firma in Nahost“, sagt René Kindler, der einst nach seiner Werkzeugmacher-Lehre in den väterlichen Betrieb einstieg. Über neue Trends und Moden informieren sich die Kindlers auf internationalen Messen, kontaktieren dann die Kunden, und wenn der Vorschlag gefällt, „dann wird in Fernost die Ware geordert und ist etwa drei Monate später hier in Neviges“, erzählt René Kindler. Manche Modelle erweisen sich als richtige Volltreffer, etwa der anfangs erwähnte „Fluffy Bag“, mal aus rosafarbenem Fell, mal mit Schleifchen, oft mit bunten, glitzernden Steinchen und immer mit einem kleinen Tragehenkel. „Einige nehmen ihn als Gag-Etui, einige bewahren den Lippenstift darin auf, oder nehmen es als Mini-Handtasche“, fügt Simone Kindler hinzu, die festgestellt hat: „Leo geht immer, das bleibt noch eine Weile.“

Das Lager ist vollgepackt mit Ware, die hier bedruckt und weiterverschickt wird. Firmengründer Hans-Jürgen Kindler hilft noch kräftig mit.
Das Lager ist vollgepackt mit Ware, die hier bedruckt und weiterverschickt wird. Firmengründer Hans-Jürgen Kindler hilft noch kräftig mit. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Erfolgsgeschichte begann in privatem Wohnhaus

Ihr Schwiegervater merkt zwar diplomatisch an, dass die Geschmäcker zum Glück ja verschieden seien, aber als er letztens ein kleines Mädchen auf der Straße gesehen habe, das ganz selig und freudestrahlend sein Mini-Täschchen hin und her schwenkte, „doch, da hab ich mich gefreut“. Wie überhaupt über die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens, die 1976 einem Wohnhaus in der Straße Kriegerheim begann, ganz am Anfang mit dem Verkauf von Brillengestellen. „Damals war ich auf einer Fete in Köln, man sprach so dieses und jenes, und einer meinte: Du könntest gut Brillengestelle verkaufen.“ Aus den Gestellen wurden Etuis, das Netzwerk immer größer. „Anfangs bin ich noch mit dem Köfferchen losgezogen, das mache ich schon lange nicht mehr, jetzt geht bei uns alles über das Internet“, sagt der Senior-Chef. Und was das Tragen von Brillen betrifft und damit den Gang zum Optiker, da merkt er vergnügt an: „Wir kriegen wir euch alle, spätestens, wenn der Arm beim Lesen immer länger wird.“ Und man merke, ok, jetzt geht‘s wohl nicht mehr ohne...

Viele Farben, Formen und Materialien, und überall stecken Etuis drin: In den Regalen an der Donnenberger Straße steht Karton an Karton.
Viele Farben, Formen und Materialien, und überall stecken Etuis drin: In den Regalen an der Donnenberger Straße steht Karton an Karton. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Brillen-Etuis in Bärchenform und mit Kunstmotiven

Um das gute Stück zu schützen und sicher zu bewahren, lässt sich die Branche einiges einfallen. „Im Moment sind auch Themen-Etuis ziemlich in, meistens mit dem passenden Brillen-Putztuch, so wie dieses hier“, erzählt Simone Kindler und zeigt ein Etui mit Beethoven-Konterfei. Oder für Kunstbeflissene Claude Monets „Seerosen“, die dann auch auf dem passenden Mikrofasertuch blühen. Wer nicht genug von Jeans bekommen kann, dem dürfte das mit Denim bezogene Hartschalen-Etui mit den aufgesetzten Nähten gefallen. Bei Kindern, so Simone Kindler, seien alle möglichen Comic-Figuren beliebt, Disney gehe immer und bei Mädchen nach wie vor „Hello Kitty“. Etuis in Rennwagen,- oder Bärchenform, Brillen-Hüllen, die wie ein Handy aussehen, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dazu kommen Etuis für besondere Anforderungen, etwa die Outdoor-Modelle, extra wasserfest, zum Befestigen vorn am Rucksack-Träger.

Die Kindler Etui- und Werbeartikelvertrieb GmbH Eist im Sommer 2024 von Velbert-Mitte nach Neviges an die Donnenberger Straße 2-4 gezogen.
Die Kindler Etui- und Werbeartikelvertrieb GmbH Eist im Sommer 2024 von Velbert-Mitte nach Neviges an die Donnenberger Straße 2-4 gezogen. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Rundes Firmenjubiläum im Jahr 2026

Und auch die Brillenkette halte sich nach wie vor tapfer auf dem Markt und gehe mit der Mode, weiß Simone Kindler, und zieht mehrere Kartons aus dem Regal. Da liegen gedrehte Seidenbänder in allen möglichen Farben und wer das Modell „Hippie“ mit den bunten Indianerfedern trägt, der braucht keinen Schmuck mehr. Oder besser gesagt: Dagegen kommt kein Schmuck an. Die drei Kindlers jedenfalls haben ganz schön zu tun, ihre Optiker mit allem rund um die Brille zu beliefern. Und wer weiß, vielleicht steht die nächste Generation schon in den Startlöchern. Bisher haben die Töchter Mila (17) und Leni (15) nur ein wenig ausgeholfen. „Keine Ahnung, das muss man abwarten“, meint Simone Kindler ganz gelassen, die jedenfalls ziemlich Spaß daran hat, Trends aufzuspüren und gemeinsam mit ihrem Ehemann und Schwiegervater auf den Markt zu bringen. Im nächsten Jahr steht ein Jubiläum an, 50 Jahre „Kindler Etui- und Werbeartikelvertrieb“, ein runder Geburtstag, auf den besonders der Senior-Chef und Firmengründer stolz sein kann. Der Tipp auf der Kölner Fete damals hat sich auf jeden Fall gelohnt.