Langenberg. In Langenberg hat eine Firma ihren Sitz, die europaweit am Wandel der Energieversorgung mitwirkt. Der Inhaber hofft auf mehr Mut in der Politik.

Langenberg ist nicht gerade mehr als Industriestandort bekannt. Ja, es gibt große Arbeitgeber, vor allem in Nierenhof. Dass aber an der Hauptstraße, ganz unscheinbar in einer alten Schule, ein sogenannter Hidden Champion residiert, das wissen wohl noch nicht allzu viele.

Etwas oberhalb der Straße hat nämlich die Schmidt Kranz Gruppe ihren Sitz. Früher überwiegend im Bereich Bergbau unterwegs, hat sich der Familienbetrieb längst neu aufgestellt, ist mittendrin, die Energieinfrastruktur der Zukunft in Deutschland und Europa aufzubauen.

Fokus auf Wasserstoff als Energierträger

Seit mehr als zwanzig Jahren befasst sich das Unternehmen mit Wasserstoff, hat diesen Energieträger in der jüngsten Vergangenheit ganz klar in den Fokus gerückt. „Aus unserer Sicht ist Wasserstoff eine gute Lösung für die Energieversorgung“, sagt Mortimer Glinz, der in der vierten Generation das Unternehmen führt.

Denn Wasserstoff habe ganz viele Vorteile. „Erst einmal ist das eine große Chance für Deutschland, nicht nur unabhängig zu werden, wenn es um das Thema Energie geht. Nein, wir können auch eine Vorreiterrolle übernehmen.“ Dazu ermögliche Wasserstoff auch regionale, dezentrale Versorgung - „und auf Dauer brauchen wir auf nichts zu verzichten, können unsere Mobilität weiterführen, wie wir es auch jetzt kennen.“

Europaweit unterwegs - und vor der Haustür

Dazu später mehr. Denn die Langenberger sind längst mitten im Geschäft, sind in ganz Europa unterwegs. Das Engagement beginnt sogar ganz nah, direkt vor der Haustür: „Wir betreuen die Wuppertaler Stadtwerke beim Thema Wasserstoff-Busse, haben die Infrastruktur auf deren Betriebsgelände aufgebaut.“

Dieser Bus der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) wird mit Wasserstoff angetrieben. Die Technik dazu hat die Langenberger Schmidt Kranz Gruppe aufgebaut, die bis heute die WSW betreuen.
Dieser Bus der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) wird mit Wasserstoff angetrieben. Die Technik dazu hat die Langenberger Schmidt Kranz Gruppe aufgebaut, die bis heute die WSW betreuen. © Wuppertaler Stadtwerke | Andreas Fischer

Dazu gehört die Wasserstoff-Tankstelle, „die übrigens genauso funktioniert, wie eine herkömmliche Tankstelle“, sagt Mortimer Glinz. Um Wasserstoff nutzen zu können, ist aber auch eine Anlage zur Elektrolyse notwendig. „Die haben wir auch installiert. Früher haben wir diese Anlagen eingekauft und aufgebaut, inzwischen haben wir eigene Anlagen, die deutlich effizienter arbeiten.“

Abwärme wird ebenfalls genutzt

Spannend am Wasserstoff sei auch, dass, je nach Projekt, bis zu 100 Prozent der Energie genutzt werden könne. „Bei der Elektrolyse entsteht Abwärme. In Wuppertal zum Beispiel wird die genutzt, um ein nahegelegenes Schwimmbad zu heizen.“ Gleichzeitig könne Wasserstoff auch Energie speichern.

Ein Apparat zur Elektrolyse auf dem Gelände der Wuppertaler Stadtwerke - aufgestellt von der Fest Group, an der die Langenberger Schmidt Kranz Gruppe seit 2001 Geschäftsanteile besitzt.
Ein Apparat zur Elektrolyse auf dem Gelände der Wuppertaler Stadtwerke - aufgestellt von der Fest Group, an der die Langenberger Schmidt Kranz Gruppe seit 2001 Geschäftsanteile besitzt. © AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal | Willy Görtz (AWG)

„Momentan ist es beispielsweise so, dass Windräder abgeschaltet werden, wenn die Energie, die sie produzieren, nicht genutzt werden kann.“ Nutze man Wasserstoff und seine Herstellung als Speicher, „dann können die Räder durchlaufen, dann gibt es für die Betreiber auch in Zeiten Geld, in denen die Anlagen sonst stillstehen würden.“

Regional produzierte Energie macht unabhängig

Zurück zu den Vorteilen vom Anfang - und zur regionalen Unabhängigkeit. „Hat ein Landwirt zum Beispiel Windkraft, Biogas und Photovoltaik zur Verfügung, kann er vor Ort Wasserstoff herstellen und seine Fahrzeuge damit betanken. Die Maschinen wären dann emissionslos unterwegs und er wäre nicht mehr abhängig.“ Als Beispiel zieht Mortimer Glinz den Krieg in der Ukraine heran. „Sorge um steigende Dieselpreise wäre dann nicht mehr nötig.“

Windräder gehören auch in und um Langenberg herum zum gewohnten Bild. Betreiber solcher Anlagen könnten Wasserstoff als Speicher nutzen und müssten dann die Windräder nicht mehr stillstehen lassen, sagt Mortimer Glinz von der Schmidt Kranz Gruppe.
Windräder gehören auch in und um Langenberg herum zum gewohnten Bild. Betreiber solcher Anlagen könnten Wasserstoff als Speicher nutzen und müssten dann die Windräder nicht mehr stillstehen lassen, sagt Mortimer Glinz von der Schmidt Kranz Gruppe. © WAZ FotoPool | RIECK, Heinz-Werner

Allerdings habe die ganze Sache einen Haken: „Theoretisch ist Wasserstoff eine tolle Lösung, aber in der Praxis sieht es so aus: Wenn es wirtschaftlich nicht so gut läuft, stellt die Politik den Klimaschutz oft hinten an.“ Nur sei das der falsche Weg, findet der Langenberger Unternehmenschef: „Unserer Meinung sollte das Thema eine ganz hohe Priorität haben.“ Andere Länder seien da schon wesentlich weiter, vor allem Japan und Südkorea. „Trotzdem haben wir in Deutschland eine gute Ausgangsposition.“

„Neue Technologie ist nicht sofort perfekt“

Natürlich sei eine vergleichsweise neue Technologie nicht sofort perfekt, sagt Ingrid Fehler, zuständig für Marketing und Kommunikation der Schmidt Kranz Gruppe. „Aber die Nutzung fossiler Energieträger war am Anfang auch nicht ausgereift. Der Aufwand, um einen Liter Sprit herzustellen, war enorm.“

NUR ONLINE Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger
So wird aus Wind oder Sonne Energie gewonnen und in Wasserstoff umgewandelt. © funkegrafiik nrw | Miriam Konopka

Deswegen lohne sich eine Investition in Wasserstoff, ist Ingrid Fehler überzeugt. „Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern wird sich auch wirtschaftlich lohnen.“ Der Optimismus der Langenberger ist auch nicht unbegründet, wie Unternehmungen in anderen europäischen Ländern zeigen.

In der Schweiz kommt die Initiative aus der Wirtschaft

In der Schweiz etwa hat die Schmidt Kranz Gruppe rund 20 Wasserstoff-Tankstellen gebaut. Die Initiative dazu ging allerdings nicht von der Politik aus. „Nein, da haben sich Unternehmen zusammengeschlossen, die die Investition für sinnvoll hielten“, sagt Mortimer Glinz.

Auch in Osteuropa sowie in Skandinavien ist Wasserstoff-Technologie auf dem Vormarsch. Anders als in Deutschland: „Wir sind eigentlich gut gestartet, aber seit einiger Zeit stagniert der Ausbau.“ Er wünsche sich von der Politik nun mehr Mut: „Wir brauchen einen Rahmen, der funktioniert und der auch eingehalten wird. Gerade jetzt in der Hochskalierungsphase.“

„Herz in die Hand nehmen“

Bereits im Jahr 2022 hatte Energieminister Robert Habeck (Grüne) die Pläne für ein deutschlandweites Wasserstoff-Kernnetz vorgestellt (Archivbild).
Bereits im Jahr 2022 hatte Energieminister Robert Habeck (Grüne) die Pläne für ein deutschlandweites Wasserstoff-Kernnetz vorgestellt (Archivbild). © dpa | Michael Kappeler

Die Finnen etwa hätten das erkannt, und es gebe auch positive Zeichen aus der Automobilindustrie: „MAN bringt demnächst einen Truck heraus, auch Volvo und Iveco sind dran“, sagt Mortimer Glinz. „Wir müssen jetzt das Herz in die Hand nehmen und handeln“, betont er. Noch sei Wasserstoffnutzung nicht wirtschaftlich, „aber das waren andere Technologien am Anfang auch nicht.“

Der Staat könne Unternehmen auf diesem Weg sogar sehr gut unterstützen, ist er sich sicher - etwa durch Programme der KfW-Bank (der Kreditanstalt für Wiederaufbau). „Das hat ja bei Solar und Photovoltaik auch funktioniert.“