Velbert. Nach der Ablehnung des Gewerbegebiets hofft IHK-Leiter Stimler auf einen Sinneswandel nach der Kommunalwahl. Er befürchtet wirtschaftliche Folgen
Er hofft auf einen späten Sinneswandel, vielleicht mit neuen politischen Mehrheiten nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr. Die das Projekt „Gewerbegebiet Große Feld“ vielleicht doch wieder aufleben lassen. „Ich kann die Entscheidung immer noch nicht nachvollziehen“, sagt Marcus Stimler, Leiter der Zweigstelle Velbert der IHK zu Düsseldorf, und hofft, dass die Politiker eine ihrer letzten Entscheidungen vor der Sommerpause im Juni doch noch einmal überdenken.
Velberter Rat stoppte den Bebauungsplan plötzlich
In der Ratssitzung vom 25. Juni hat eine Mehrheit das Projekt des Gewerbegebietes im Velbert Osten überraschend gekippt. In den vier vorausgegangenen Ausschuss-Sitzungen – vom Wirtschaftsförderungsausschuss bis zum Haupt- und Finanzausschuss – hatte es jeweils eine knappe politische Mehrheit für den Bebauungsplan „761, Großes Feld / Langenberger Straße“ gegeben. Die SPD sprach sich in der Sitzung des Stadtrates am 25. Juni dann jedoch gegen das Gewerbegebiet aus und in geheimer Abstimmung votierten am Ende 31 Ratsmitglieder für den Bebauungsplan, 36 stimmten dagegen, Enthaltungen gab es nicht.
Teure Gutachten erstellt
„Da wurde jahrelang geplant, da wurden zig Gutachter beauftragt, ein Prozess überstanden, einer neuer Plan aufgelegt. Da sind hohe Kosten entstanden, im Endeffekt wurde nur viel Geld verbrannt, das die Stadt Velbert nötig braucht, schließlich ist die hoch verschuldet“, erklärt Stimler. Erst vor kurzem habe die Gewerbesteuer von der Stadt erhöht werden müssen.
Auswirkungen auf die Velberter Wirtschaft
Aber das sei nur die finanzielle Seite, eine wichtige wirtschaftliche käme hinzu. Er wisse von einigen Velberter Firmen, die dringend mehr Gewerbefläche - sprich mehr Platz - benötigen für ihre Produktion. „Sie hatten sehr auf das neue Gewerbegebiet Große Feld gesetzt“, führt Stimler aus. Er wisse, ohne Namen zu nennen, von mindestens einer nicht kleinen Firma, die beabsichtige, den Firmensitz Velbert zu verlassen. Die erhöhte Gewerbesteuer mache den Firmen ihre Entscheidung, der Schlossstadt den Rücken zu kehren, dann sogar noch etwas leichter.
Kettenreaktion befürchtet
Stimler befürchtet eine Kettenreaktion. Wenn weitere Firmen abwanderten, müsste die Stadt ihre Gewerbesteuer weiter erhöhen, um auf ihre benötigten Einnahmen zu kommen. Das aber würde dann weitere Unternehmen zur Abwanderung bewegen, was noch weniger Gewerbesteuereinnahmen bedeuten würde.
Dabei sollte die Stadt, so führt Stimler im WAZ-Gespräch weiter aus, für jeden Gewerbebetrieb, der Steuern zahlt, dankbar sein. Schließlich sei die wirtschaftliche Lage der Velberter Industrie keineswegs rosig. Die Autoindustrie, so Stimler, habe große Absatzprobleme. „Wenn keinen Autos verkauft und gebaut werden, dann brauche man auch keine Zubehörteile, wie sie in Velbert angefertigt werden.“ Dazu käme der Druck aus dem Ausland, China liefere günstige Autos auf den europäischen Markt.
Auch die Bauwirtschaft lahmt
Auch das zweite Standbein der heimischen Wirtschaft lahme. Wegen der Flaute beim Wohnungsbau und damit im Baugewerbe werden auch weniger Schlösser und Beschläge benötigt, die von der heimischen Wirtschaft hergestellt werden.
Wegen dieser Gesamtlage hoffe er, so Stimler, dass Velbert seine Entscheidung noch einmal überdenken wird.
Zum Hintergrund
Eigentlich waren die Weichen für das neue Gewerbegebiet bereits im Mai 2020 gestellt worden – mit den Stimmen von CDU, SPD, „Velbert anders“ und UVB, bei Gegenstimmen der Grünen, der Linken, der Piraten und der FDP – wurde vor vier Jahren der Bebauungsplan mit der Nummer 761 – Großes Feld / Langenberger Straße – beschlossen. Nach Anwohnerprotesten und Gerichtsverfahren erklärte das OVG Münster den Bebauungsplan für unwirksam. Dem Gericht fehlte eine gutachterliche Berechnung des nächtlichen Verkehrslärms, der durch ein Gewerbegebiet entstehen könnte.
Das Gutachten wurde nachgeliefert und der Bebauungsplan den Ratsgremien in diesem Frühsommer zur Abstimmung vorgelegt, die dann mit dem Nein des Rates endete.