Velbert. An immer mehr Warenautomaten können neben Süßigkeiten und Getränken auch E-Zigaretten und andere Suchtmittel gekauft werden. Eine Einordnung.
Ein Junge, den in der Schule alle nur „Josh“ nennen, steht in „Mimos Späti“ an der Bahnhofstraße in Velbert. Er möchte eigentlich nur einen der außergewöhnlichen Softdrinks mit asiatischen Schriftzeichen, die hinter der Glasscheibe auf Käufer warten und die es im normalen Supermarkt nicht gibt, haben. Dann wandert sein Blick auf die andere Seite des Raumes, in dem ganz unterschiedliche Automaten stehen und in dem man vergeblich Personal sucht. Nur eine Handynummer, die man bei Problemen wählen soll, steht an einer Wand. Und Kameras scheinen die Szenerie zu überwachen.
In einem Automaten gibt es schillernd-bunte Vapes – Einweg-E-Zigaretten – und passendes Zubehör für alle, die sich keine „klassische“ Zigarette anzünden wollen. Josh widersteht der Versuchung, verrät aber auch, dass in einer siebten Klasse mehrere Mitschüler regelmäßig zur Vape greifen. „Einige Kioske schauen beim Alter wohl nicht so genau hin“, weiß er. Viele kaufen „das Zeug“, wie er es nennt, aber an Automaten. Während Automatenbetreiber darauf verweisen, dass eine Alterskontrolle erfolgt, indem beim Kauf bestimmter Produkte ein Führerschein oder Ausweis durch den Kartenleser gezogen werden muss, sagt der Schüler: „Ein Ausweis von einem, der schon 18 ist, ist doch ganz easy zu besorgen.“
Scharfe Chips stehen in Velberter Automat neben Cola und E-Zigaretten
Weitere Verkaufsautomaten stehen beispielsweise in Langenberg an der Bonsfelder Straße und in Mitte an der Heidestraße – nicht weit entfernt von Gesamtschule und Förderzentrum Nord. Dort gibt es neben Schokoriegeln, umstrittenen extrem scharfen Chips (freigegeben ab 16 Jahren) und Cola auch „Prefilled Pods“ – beispielsweise in der süßen Geschmacksrichtung „Pink Lemonade“.
Das sagt die Velberter Suchtberatung zu der Entwicklung
„Wir sehen die Entwicklung sehr kritisch“, sagt Wolfgang Stelzer von der Fachstelle Sucht der Bergischen Diakonie. „Es ist mittlerweile sehr leicht, diese Sachen zu kaufen“, sagt der Suchtberater – es werde insgesamt immer leichter, dem Konsum zu verfallen, „Grenzen werden mehr und mehr aufgeweicht.“ Die bunten Vapes und Pods seien für manche Jugendlichen fast schon ein Modeaccessoire, sagt Stelzer, für viele sei es „cool“ sie gerade in Gruppen Gleichaltriger zu nutzen.
Diese rechtlichen Voraussetzungen gelten für die Aufstellung
Wird es in Velbert künftig also noch mehr Warenautomaten geben, wenn sich damit als Betreiber Geld verdienen lässt? „Es gilt, dass diese Automaten ohne Baugenehmigung errichtet werden können“, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach, wobei aber dennoch einige baurechtliche Bestimmungen eingehalten werden müssten. So seien Warenautomaten im Außenbereich in der Regel unzulässig. Ausnahmen gelten beispielsweise, wenn Automaten dort stehen, wo die Leistung erbracht wird. „Warenautomaten eines landwirtschaftlichen Betriebes“, nennt Blißenbach hierfür als Beispiel. Einschränkungen könnte es auch in reinen Wohngebieten – nicht jedoch in Kern-, Misch- oder Industriegebieten – geben.
Erst kürzlich hatte es Diskussionen um einen Automaten an der Panner Straße in Langenberg gegeben, der nach Prüfung durch die untere Naturschutzbehörde und das Bauordnungsamt entfernt werden musste.
Stadt Velbert genehmigt Sondernutzung im öffentlichen Raum in aller Regel nicht
Der Knackpunkt: Befinden sich Automaten im öffentlichen Raum, so muss eine Sondernutzung bei der Stadt beantragt werden, erklärt Blißenbach. „Um eine Übermöblierung öffentlicher Verkehrsflächen, insbesondere im Bereich der Fußgängerzonen und anderer stark von Fußgängerverkehr frequentierter Bereiche, zu verhindern, werden Aufstellungen von Warenautomaten im öffentlichen Verkehrsbereich grundsätzlich nicht genehmigt.“ Eine Aufstellung komme daher in Velbert nur auf Privatflächen in Betracht.
Beim 24-Stunden-Kiosk an der Bahnhofstraße handele es sich indes um ein privates Geschäftslokal, in welchem der Warenverkauf eben durch Automaten erfolge. Hier sei lediglich eine Gewerbeanzeige laut Gewerbeordnung erforderlich.
Ordnungsamt prüft laut Stadt regelmäßig Produkte und Automaten
Für den Verkauf von Tabakwaren und anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen sowie bei einer alkoholischen Getränkezubereitung müsse zudem „durch eine technische Vorrichtung sichergestellt werden, dass Kindern und Jugendlichen der Zugang und die Entnahme dieser Produkte nicht möglich ist“, so Blißenbach. „Das Ordnungsamt prüft regelmäßig die Produkte und die Funktionalität der Automaten und deren Sicherungsvorrichtungen und arbeitet eng mit der Lebensmittelüberwachung des Kreis Mettmann zusammen.“