Neviges. Drastische Schilderungen auf Facebook: „Säufer ohne Ende, rumlungernde Banden, immer wieder Übergriffe“. Was die kritisierte Polizei dazu sagt.

Ein (anonym erstelltes) Posting in der öffentlichen Facebook-Gruppe „Neues aus Neviges und Umgebung“ sorgt aktuell für reichlich Diskussionen: „Immer mehr wird Neviges einfach zum Katastrophengebiet. Nicht nur, dass am Bhf. ständig Säufer ohne Ende und Banden rumlungern, nein, nun sind hier auch Kinder bis oft weit nach 22 Uhr draußen am Rumschreien“, ist dort unter anderem zu lesen. Und: „Hier sind immer wieder Übergriffe in Bahnhof-Nähe und auch Überfälle gab es schon. Neviges ist einfach ein immer schlimmer werdendes asoziales Loch. Wird ganz dringend Zeit, wegzuziehen.“

Die Reaktionen fallen höchst unterschiedlich aus. So schreibt ein Gruppenmitglied: „Berlin, Frankfurt oder Dortmund sollen nett sein. Wer Neviges einen Ort der Kriminalität nennt, muss auswandern. Südpol oder so.“ Auch ein anderer Kommentar ist wohl deutlich einer ironischen Sichtweise zuzurechnen: „Brennpunkt Neviges. Zeit für Spiegel TV.“

Kritik an der Polizei: Zu wenig Präsenz vor Ort in Velbert-Neviges

Die Mehrzahl der Kommentatoren bestätigt und bekräftigt allerdings die Wahrnehmungen. Norbert Timper beispielsweise schreibt: „Die Polizei ist ja ganz selten präsent. Warum auch immer. Wenn man die Kriminalitätsberichte veröffentlichen würde, was alles an Taten allein in Neviges erfolgt, würden einem bestimmt die Haare zu Berge stehen. Schade, dass Neviges so runtergekommen ist. Wenn man nicht endlich massiv eingreift, bekommt das nicht mehr in den Griff.“ Birgit Töppe kommentiert: „Deswegen ziehen wir auch weg. Das ist wirklich nicht mehr zum aushalten.“ Ein weiteres Gruppenmitglied berichtet: „Hier wird gerade wieder aktuell ,randaliert‘, indem wieder neben Gebrüll auch auf diversen Gegenständen draufgekloppt wird, hörte auch wieder Glas zerschellen am Brunnen, dann wurde gerade was in den Busch geworfen.“

Nevigeser Geschäftsfrau ruft dazu auf, lautstark auf Probleme aufmerksam zu machen

Und Isabelle Ulrich, die vor sieben Monaten mit ihrem Foto-Geschäft vom Siepen nach Neviges gezogen ist, postet: „Ich liebe und fühle mich wohl hier in unserem kleinen Dorf. Aber ja, auch ich gehe nach 21 Uhr aus dem Hinterausgang zum Auto.“ Sie ruft auf: „Wir als Bürger müssen im Rathaus laut werden und auf die Probleme aufmerksam machen! Woche für Woche! Es geht nur laut und in Masse! Wer mitgehen möchte, meldet sich.“

Auf dieser schon älteren Archiv-Aufnahme ist der Bereich vor dem Bahnhof Velbert-Neviges zu sehen.
Auf dieser schon älteren Archiv-Aufnahme ist der Bereich vor dem Bahnhof Velbert-Neviges zu sehen. © WAZ FotoPool | Ulrich Bangert

Lothar Franke erinnert daran, dass „Neviges schon immer mal wieder Hotspot für Kriminelle war“. Drogen und Rechte seien in den 70er- und 80er-Jahren das Kerngeschäft gewesen: „Einige Jahre war es etwas ruhiger, jetzt wird es wieder schlimmer? Nun, dann nicht anonym, sondern offen und mit breiter Brust dagegen angehen. Anders wird man nichts erreichen.“

Kriminalitätsstatistik weist keine Zahlen speziell für Neviges aus

Die alljährlich von der Kreispolizeibehörde erstellte Kriminalitätsstatistik ist nicht nach Stadtbezirken aufgeschlüsselt und listet demnach nur die Zahlen für das gesamte Stadtgebiet Velberts auf: Hier wurden für das Jahr 2023 im Bereich der Straßenkriminalität 921 Fälle registriert – und damit rund 100 weniger als im Vorjahr. 13 Raubüberfälle auf Straßen, Wegen und Plätzen sind ebenfalls in der Velberter Statistik für 2023 zu finden, sechs mehr als im Jahr 2022.

Polizei spricht von einem „subjektiven Sicherheitsempfinden“

„Die auf Facebook geschilderten Eindrücke spiegeln ein subjektives Sicherheitsempfinden wider“, sagt ein Sprecher der Kreispolizeibehörde auf WAZ-Anfrage. Es handele sich aus polizeilicher Sicht nicht um einen Kriminalitätsschwerpunkt und erst recht nicht um ein „Katastrophengebiet“. Dennoch nehme man die Hinweise ernst und werde den Bereich häufiger bestreifen, so der Polizei-Sprecher weiter.