Langenberg. Freitag geht sie los, die Euro 2024. Für manch einen Langenberger ist es gar nicht einfach, sich für einen Favoriten zu entscheiden.

Ab Freitag werden zahlreiche Langenberger Wohnzimmer für vier Wochen zu kleinen Fußball-Arenen: Der Fernseher - alternativ auch Beamer und Leinwand - stehen parat. Die Grill- und Getränkevorräte sind aufgestockt, immer mehr Fahnen wehen von Balkonen oder schmücken die Außenspiegel der Autos. Um 21 Uhr geht es los, dann beginnt die Heim-EM, die Fußballeuropameisterschaft 2024.

Aber die EM ist nicht nur Sport, sie ist ein soziales Event, eine Zeit der Gemeinschaft und der grenzübergreifenden Freundschaften (wie wir gleich noch sehen werden). Denn ganz ehrlich: Gibt es etwas Besseres, als bei Gegrilltem und Bier mit Freunden das dramatische Elfmeterschießen zu verfolgen?

„Riesenparty im Garten“

„Wenn Deutschland gegen die Niederlande spielt, machen wir eine Party im Garten“, sagt denn auch Carlo Haak. Der gebürtige Niederländer verfolgt „natürlich“ die Fußball-EM, hat aber gleich ein doppeltes Problem: „Am Freitag haben wir bei Alldie eine Veranstaltung und parallel läuft das Eröffnungsspiel.“ Er könne sich leider nicht teilen, „aber vielleicht bekomme ich ja noch die zweite Halbzeit mit.“

Carlo Haak von Alldiekunst ist gebürtiger Niederländer - klar, dass bei der EM gleich zwei Herzen in seiner Brust schlagen.
Carlo Haak von Alldiekunst ist gebürtiger Niederländer - klar, dass bei der EM gleich zwei Herzen in seiner Brust schlagen. © dpa | Julian Stratenschulte

Problem Nummer zwei: „In meiner Brust schlagen zwei Herzen“, sagt er. Nämlich einmal für seine Wahlheimat Deutschland und einmal für seine Heimat, die Niederlande. „Sollten die beiden gegeneinander spielen, bin ich natürlich für die Niederlande“, sagt er. Und hofft, dass es auch tatsächlich zu einem solchen Aufeinandertreffen kommt. „Bei den letzten Turnieren hat das ja nicht geklappt.“

Und wie weit kommen seine beiden Herzensteams? „Die Gruppenphase schaffen die“, ist er sich sicher. „Der Rest wird schwierig.“ Die Niederländer hätten immer „super Fußballer“, agierten ihm in Turnieren aber häufig zu überheblich. Und bei Deutschland laufe es zwar wieder besser, seit Julian Nagelsmann das Traineramt übernommen habe. „Aber man weiß ja nie.“

Beim EM-Sieg als einziger gefreut

Ein anderer Langenberger tut sich ebenfalls schwer damit, eine Prognose für das Turnier abzugeben. Und auch er ist froh, „dass ich zwei Daumen habe, die ich drücken kann“. Jose Almansa ist neuer Vorsitzender des Bürgerbusvereins und erhofft, dass sowohl Deutschland als auch Spanien lange im Turnier bleiben.

Gute Laune herrscht im Trainingscamp der Spanier in Donaueschingen. Sollte der Europameister von 2008 auf Deutschland treffen, drückt Jose Almansa vom Bürgerbusverein den Spaniern die Daumen.
Gute Laune herrscht im Trainingscamp der Spanier in Donaueschingen. Sollte der Europameister von 2008 auf Deutschland treffen, drückt Jose Almansa vom Bürgerbusverein den Spaniern die Daumen. © dpa | Manu Fernandez

„Eine Vorhersage wird aber ganz schwer“, sagt er. „Ich würde mich freuen, wenn Deutschland mal wieder den Titel holt. Aber ich schätze die Spanier noch etwas stärker ein.“ Man brauche in einem Turnier dazu auch noch Glück, die Tagesform müsse stimmen. „Denn andere Teams wie England, Frankreich oder Italien sind auch ziemlich stark.“

Sollte Deutschland auf Spanien treffen, „dann wird es brenzlig“: Er erinnere sich an das EM-Finale 2008. Da gab es genau diese Konstellation. „Ich war noch bei der Feuerwehr“, erzählt er, „und wir haben alle zusammen im Gerätehaus das Spiel geschaut.“ Als Spanien mit 1:0 in Führung ging, „war ich der einzige, der gejubelt hat. Der Rest war totenstill.“ Aber unter Kollegen sei das kein Problem, „nach dem Spiel haben mir alle gratuliert.“

Karten für das Lieblingsteam bekommen

Live dabei ist Ismet Colak, und das auch noch bei einem seiner beiden Lieblingsteams: „Ich habe Karten für Dortmund bekommen“, erzählt der Vorsitzende der Langenberger SG, „für das Spiel Türkei gegen Portugal“. Natürlich halte er zur Türkei, „und ich glaube auch, dass die in die K.-o.-Runde einziehen werden“.

Die Türkei wohnt während der EM im niedersächsischen Barsinghausen. Das Team um  Hakan Çalhanoglu wird Ismet Colak im Dortmund live und in Farbe erleben - im Match gegen Portugal.
Die Türkei wohnt während der EM im niedersächsischen Barsinghausen. Das Team um Hakan Çalhanoglu wird Ismet Colak im Dortmund live und in Farbe erleben - im Match gegen Portugal. © dpa | Moritz Frankenberg

Und weil auch er zwei Daumen hat, wird der zweite für Deutschland gedrückt. „Treffen die beiden aufeinander, dann machen wir hier richtig Party“, verspricht er. „Dann kommt die ganze Familie und wir schauen alle zusammen. Oder wir gehen zum Public Viewing, so richtig, mit 30, 40 Leuten.“

Auch er erinnert sich gerne an die EM 2008 zurück. Im Halbfinale gab es ein hochdramatisches Spiel zwischen Deutschland und der Türkei. „Wir haben das Spiel damals im Rosenkeller geguckt. Bei jedem Tor wurde gejubelt, egal, wer getroffen hat. Und genau so soll das sein: Alle sind begeistert, alle feiern - und das natürlich zusammen.“ Die Partie endete übrigens 3:2 für Deutschland.

Plan B sind die Niederlande

Für Funkamateur Frank Dellenbusch ist klar, dass er den Deutschen die Daumen drückt. „Ich hoffe, dass die ganz weit kommen.“ Einen klaren Favoriten habe er aber nicht, „dafür bin ich nicht tief genug im Thema“. Sein Plan B: „Da wir oft und gerne in den Niederlanden Urlaub machen, habe ich natürlich auch entsprechende Sympathien.“ Komme es zum Duell der beiden Dauer-Rivalen, „und wir sind dann zufällig gerade hier, dann halten wir uns ein wenig zurück“, sagt er. „Aber das ist hier auch ein nettes Miteinander, wir freuen uns für die Erfolge der anderen.“

Olli Bagehorn kann den Anpfiff des Eröffnungsspiels kaum erwarten. Der Trainer der 1. Herren von Blau Weiß Langenberg ist sich sicher, „dass wir sehr gute Spiele und viele Tore“ sehen werden. Auf einen Favoriten wolle er sich nicht festlegen, „aber ich traue Deutschland eine Menge zu - wenn die Jungs zusammenhalten und sich in den Griff bekommen.“ Das Halbfinale wäre machbar, ist er überzeugt, „der Titel wäre ein Traum“.

Warmlaufen für den Titel? Die Langenberger jedenfalls trauen der deutschen Mannschaft eine Menge zu.
Warmlaufen für den Titel? Die Langenberger jedenfalls trauen der deutschen Mannschaft eine Menge zu. © dpa | Federico Gambarini

Im Team gibt es eine Tipprunde, klar, das gehört dazu. Und weil das Turnier auch in die Vorbereitungsphase auf die neue Saison fällt, „werden wir mit Sicherheit das ein oder andere Spiel zusammen gucken.“

Hoffen auf Wiederholung des Sommermärchens

Hendrik Haase, Vorsitzender des MTV Langenberg, hofft, „dass wir die Stimmung von 2006 wiederholen können“. Die Stadien seien super, „und wenn das Wetter mitspielt, sollte das doch was werden“. Wie so viele andere, habe auch er „keinen klaren Favoriten“. Er traue der deutschen Mannschaft aber einiges zu. „Wir haben eine lange Durststrecke hinter uns, aber die Jungs haben Bock, ich bin da optimistisch.“