Velbert. Die 17- jährige Velberterin Sophie macht derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Lebenshilfe. Nun weiß sie, was sie später machen möchte.
Das Beherbergungsverbot gilt für Insektenhotels Gott sei Dank nicht – so lohnt sich für Jacqueline und Volker der tägliche Blick in den Holzkasten auf dem Gelände der Lebenshilfe-Einrichtung Heiligenhaus auf jeden Fall. Summt und krabbelt es bereits darin oder stehen alle hölzernen Parzellen doch noch leer? Begleitet werden die beiden Bewohner dabei häufig von Sophie Laupenmühlen.
Ins Herz geschlossen
Die 17-Jährige absolviert seit August ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Wohnstätte für behinderte Menschen und das ganz offensichtlich mit sehr viel Freude. „Wir haben sie alle in unser Herz geschlossen“, sagt die im Rollstuhl sitzende Jacqueline und drückt die Hand der FSJlerin, „die Sophie, das ist ne ganz Liebe.“ Auch Volker schwärmt und lacht glücklich, als er sich an einen Ausflug mit der jungen Frau erinnert. „Da waren wir erst beim Arzt und danach waren wir einen Kakao trinken“, erzählt Sophie, „das war für uns beide ein schönes Erlebnis.“
Unterstützung beim Frühstück
Sophie hilft immer da, wo Hilfe gebraucht wird – meistens kommt sie gegen 7.30 Uhr zur Arbeit und unterstützt die Mitarbeiter bei den Frühstücksvorbereitungen, bestärkt die Bewohner in ihrer Selbstständigkeit, greift aber auch „unter die Arme“, wenn es nötig ist. „Ich ess am liebsten Mettbrötchen“, wirft Jacqueline ein, Sophie lacht. „Ja, und manchmal schaffst du das alleine und manchmal helfe ich dir dabei.“
Stärken im Umgang mit Menschen
Nach ihrem Realschulabschluss war sich die 17-Jährige einfach nicht sicher, in welche Richtung es für sie weitergehen sollte - Berufsschule, Ausbildung oder etwas ganz anderes? „Man hat mir immer nachgesagt, dass ich gut mit anderen Menschen kann und sehr offen bin“, erklärt die Velberterin, „Und dann habe ich mich dazu entscheiden, hier ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen und ganz ehrlich, die Entscheidung war genau richtig.“
Sprung ins kalte Wasser
Kontakte zu behinderten Menschen hatte Sophie bis dahin nicht „auf dem Dorf, wo ich wohne“ – sie meint damit Tönisheide – „sieht man schon mal jemanden auf der Straße, aber das war es auch schon“. Sie habe überhaupt nicht gewusst, was sie erwarte, aber „rein ins kalte Wasser“ sei oft der richtige Weg und überhaupt - „jeder Mensch sei doch eh anders“.
Rituale helfen im Alltag
Jacqueline zeigt auf ihren roten Pullover. Sophie versteht sofort, was die Frau mit den kurzen roten Haaren damit sagen möchte und nickt. „Ja, heute Morgen aber ich dir ein wenig beim Anziehen geholfen, das stimmt.“ Dann erklärt sie: „Es ist wichtig, möglichst den Ablauf, etwa beim Anziehen täglich in der Reihenfolge möglichst gleich zu gestalten, Rituale helfen im Umgang mit den Menschen hier sehr.“
Ausbildung zur Heilerzieherin
Mittlerweile weiß Sophie genau, was sie beruflich machen möchte. „Ich würde sehr gerne die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin hier bei der Lebenshilfe machen“, sagt sie, ihre Lebenshilfe-Teamleiterin Robin Garrels kann sich das ebenfalls richtig gut vorstellen. „Wir haben mit Sophie richtig Glück und ihre Chancen stehen da ziemlich gut.“
Viel von Behinderten lernen
Freiwilligendienst wir honoriert
Die Anzahl der Bewerber für ein Freiwilliges Soziales Jahr nimmt seit einigen Jahren stetig ab. Dies liegt unter anderem an der günstigen Lage auf dem Ausbildungsmarkt - früher wurden das FSJ gerne dazu genutzt, Wartezeiten zu überbrücken.FSJler bekommen keinen Lohn sondern eine Art „Taschengeld“ als Honorierung für Ihre Tätigkeit. Dies liegt 2021 bei 426 Euro im Monat. Mehr Informationen gibt es auf www.jugendfreiwilligendienste.de
Wenn es die Zeit zulässt, backt die junge Tönisheiderin gerne mit den Bewohnern oder begleitet sie auch mal zum Einkaufen - etwa nach Real. „Es stört mich nicht, dass die Leute vielleicht gucken, ich weiß, dass viele glauben, behinderte Menschen wären im Umgang schwierig oder dass sie nichts könnten, das stimmt aber überhaupt nicht“, betont Sophie, „tatsächlich kann man eine ganze Menge von ihnen lernen. Sie können wunderbar in den Tag hineinleben und machen sich nicht ständig unnötig Gedanken. Sie sind ehrlich und direkt, das gefällt mir.“
FSJ bringt viel für das Leben
Dass die 17-Jährige sich bewusst für eine Tätigkeit mit Behinderten entschieden hat, fänden einige in ihrem Umfeld seltsam, andere könnten das aber absolut nachvollziehen. „Wir sind jetzt auch so ne Gruppe von FSJlern, die sie angefreundet hat und das ist richtig klasse mit denen“, schwärmt Sophie, „man lernt so viel in diesem Jahr fürs Leben und das sehen die anderen genauso.“ Robin Garrels nickt zustimmend. „Ein FSJ ist hervorragend, um den richtigen Weg für sich zu entdecken. Wer nach der Schule noch unschlüssig ist, wie es weitergeht, sollte sich mit dem Thema auf jeden Fall mal befassen. So ein Jahr bringt unglaublich viel.“