Langenberg. Das Hochwasser im Juli 2021 hat bei Wieland in Langenberg enorme Schäden verursacht. Bis Jahresende soll die Produktion wieder normal laufen.
Friedlich plätschert der Brackenbach unter der kleinen Brücke her, die den Parkplatz mit dem Werksgelände von Wieland in Nierenhof verbindet. Der kleine Wasserlauf windet sich durch einen Grünstreifen, kleine Bäume säumen das Ufer. Wenige Meter weiter mündet er in den Deilbach, der an diesem Nachmittag schon wieder recht gut gefüllt ist. Es regnet.
Geregnet hat es auch am 14. Juli 2021, dem Tag, an dem das Hochwasser Langenberg heimsuchte. „Von drei Seiten ist das Wasser damals auf unser Gelände geströmt“, erinnert sich Werksleiter Manuel Nisch. „Die größte Menge kam aus Richtung der Brücke am Bahnübergang.“
Sieben Millionen Liter Wasser abgepumpt
Dort hatte sich Wasser angestaut, suchte sich einen neuen Weg und floss dann entlang der Bahnstrecke über den Parkplatz auf das Gelände. Auch der Brackenbach tat seinen Teil dazu, der Deilbach selbst trat entlang des Werksgeländes über die Ufer. „Bis zu 80 Zentimeter hoch stand hier draußen teilweise das Wasser“, sagt Manuel Nisch, „in den Hallen hatten wir auch 30 bis 40 Zentimeter.“
Was aber viel schlimmer war: Die Keller der Werkshallen liefen voll. Hier befindet sich viel Technik und Mechanik für die großen Werkzeuge und Maschinen. 7000 Kubikmeter Wasser, also sieben Millionen Liter, mussten abgepumpt werden.
Standort inzwischen wieder bei 70 Prozent
Das Wasser beschädigte drei Haubenöfen so schwer, dass die nicht mehr funktionstüchtig waren. Die Produktion ruhte. „Wir schätzen den Gesamtschaden, also inklusive Produktionsausfall, auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag“, sagt Werksleiter Manuel Nisch.
Jetzt, gut ein halbes Jahr später, hat der Standort Langenberg schon wieder 70 Prozent der Produktionskapazität erreicht. „Diese schnelle Wiederinbetriebnahme ist aber nur möglich gewesen, weil wir sehr gute Unterstützung erhalten haben“, erläutert Olaf Görtges. Er ist Leiter der Business Unit (Geschäftsbereich) „Walzprodukte“, war selber siebeneinhalb Jahre Werksleiter in Langenberg und stattet dem Standort seit der Flut regelmäßig Besuche ab.
Fachkräfte aus anderen Werken unterstützten
Instandsetzungsspezialisten anderer Standorte halfen aus, die Werksfeuerwehr aus Vöhringen rückte aus und verhinderte, das verschmutztes Abwasser zurück in den Deilbach floss. Andere Werke aus dem Geschäftsbereich übernahmen Teile der Produktion, Teile der Belegschaft wechselten vorübergehend etwa nach Villingen oder Vöhringen.
„Auch die Anlagenhersteller und unsere Elektro-Ausrüster haben uns zur Seite gestanden“, ist Olaf Görtges froh über die gute Zusammenarbeit mit den externen Firmen.
Nur so, ergänzt Werksleiter Manuel Nisch, „haben wir es geschafft, so schnell wieder auf die Beine zu kommen.“ Wäre Langenberg ein autarker Standort gewesen, „hätte das wesentlich länger gedauert.“ 42 der 50 Anlagen laufen inzwischen wieder, 70 Prozent Kapazität sind erreicht. „Sehr, sehr gut“, sei das, betont Manuel Nisch.
Volle Kapazität soll am Jahresende erreicht werden
Parallel zur wieder angelaufenen Produktion läuft der Wiederaufbau weiter. In dieser Woche soll eine neue Schere, bis Mai die dritte Walze wieder in Betrieb gehen, im Juni ein weiterer Haubenofen. „Im Oktober oder November sollen dann die restlichen Haubenöfen in Betrieb sein“, sagt Manuel Nisch. „Wir peilen an, Ende des Jahres wieder unsere volle Produktionskapazität zu erreichen.“
Fast acht Millionen Euro kosten die neuen Öfen, „aber wir sind gut versichert, die Versicherung übernimmt einen großen Teil der Investition“, erläutert der Werksleiter. Doch damit nicht genug: Bis Ende 2023/Anfang 2024 plant das Unternehmen, weitere 8,5 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um eine neue Richtanlage zu installieren und einen Hallenanbau hochzuziehen. „Wir möchten die Produktion besser auslasten und unseren Output erhöhen“, sagt Manuel Nisch.
Marktlage ist „sehr gut“
Insgesamt, ergänzt Olaf Görtges, habe Wieland am Standort Langenberg „in den letzten fünf Jahren 37 Millionen Euro investiert.“ Denn nicht nur ist das Werk am Ziegeleiweg auf bestimmte Herstellungsverfahren spezialisiert – auch die Marktlage für Walzprodukte aus Kupfer und Kupferlegierungen sei sehr gut, sagt Olaf Görtges.
„Wir profitieren von den aktuellen Megatrends“, erläutert der Geschäftsbereichsleiter. In E-Autos etwa werden Kupferprodukte verbaut, oder wenn es um Miniaturisierung von Bauteilen und Anlagenkomponenten geht. „Seit 20 Jahren fahren wir schon diese Strategie, konzentrieren uns auf Produkte, die mit elektrischer und thermischer Leitfähigkeit bei gleichzeitig hohen Umformbarkeits- und Festigkeitsanforderungen zu tun haben.“
Wieland stellt ein
Derzeit reformiert Wieland das Schichtmodell im Werk Langenberg – und stellt neu ein. Allein am Standort Nierenhof sollen 40 neue Stellen entstehen, 15 davon sind erst besetzt.„Wir nehmen Bewerbungen an“, sagt Werksleiter Manuel Nisch. Gesucht werden vor allem Industriemechaniker,Maschinen-und Anlagenführer sowieSchichtmeister.Weitere Informationen zu den Bewerbungen gibt es online auf wieland-karriere.de/de/stellenangebote/bewerbungsprozess
Und so konnte die Wieland-Gruppe als Ganzes auch den vorübergehenden Ausfall des Langenberger Werks gut kompensieren, steigerte ihren Umsatz im Geschäftsjahr 2020/21 deutlich auf rund 5,4 Milliarden Euro (+1,5 Milliarden).
Die Wieland-Gruppe hat weltweit ca. 8000 Mitarbeiter an 80 Standorten, rund 300 davon in Langenberg. Das Werk wurde 1928 als „Langenberger Kupfer- und Messingwerke“ gegründet, seit 1987 ist es Teil der Wieland-Gruppe.