Velbert. Fachleuten schwant mit Blick auf die Mietnebenkosten Böses: „Da wird ne Welle kommen.“ Der Mieterverein Velbert rät zur Vorsorge.
„Da wird ne Welle kommen“, prophezeit Andreas Adelberger. Vor dem Hintergrund drastisch steigender Energiekosten drehen sich schon jetzt in der Velberter Beratungsstelle der Verbraucherzentrale (VZ) NRW Anfragen zunehmend um das Thema Nebenkosten. „Wir raten den Leuten, zumindest den Abschlag für die Heizung zu erhöhen“, berichtet Jürgen Hübinger. Alternativ zu einer größeren Vorauszahlung, so der langjährige Vorsitzende vom „DMB Mieterverein Velbert und Umgebung e. V.“ und Rechtsanwalt, sollten Mieter vorsorglich einen Schein – „Vielleicht 50 Euro“ – auf die Seite legen. Experten rechnen derzeit bei Haushalten mit Ölheizungen mit einem durchschnittlichen Kostenanstieg um 75 und mit Gasheizung in der Grundversorgung um etwa 15 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Verbrauchsjahr.
Mieterverein Velbert hat 2500 Mitglieder
Klar sei, sagt Hübinger, dass die alte Faustformel von einem Euro pro Quadratmeter beim Heizen sowie von zwei Euro/qm für alle übrigen Nebenkosten nicht mehr länger haltbar sei. Es sei auf jeden Fall gut sich zu wappnen, meint er, zumal die Neben- bzw. Betriebskosten-Abrechnungen ganz oft zwischen Weihnachten und Neujahr einträfen, „wenn die Menschen gerade Geld für Geschenke ausgegeben haben und sie ihre dicken Jahresrechnungen bekommen, etwa von den Stadtwerken oder vom Kfz-Versicherer.“
Zu wenig Wohnraum für kleinere Einkommen
Der Mieterverein besteht bereits seit mehr als 100 Jahren und hat zurzeit 2500 Mitglieder, und zwar auch in Heiligenhaus und Wülfrath – „Eigentlich in ganz Niederberg“ – sowie in Teilen von Essen. Einen Zuwachs gab es jüngst infolge der Auflösung des Nevigeser Mietervereins Ende 2021, als von ihm etliche Mitglieder neu zu dem Velberter Verein kamen. Dauerbrenner-Themen sind nach Auskunft von Bettina Lelittka Nebenkosten, Mieterhöhungen und Mietmängel. Im Großen und Ganzen gebe es auf dem lokalen Wohnungsmarkt „bei weitem nicht solche Spannungsfelder wie an der Rheinschiene“, erklärt die Stellvertreterin auf Nachfrage. Allerdings fehle es an barrierefreien, behindertengerechten sowie bezahlbaren großen Wohnungen „und überhaupt an Wohnraum für kleinere Einkommen“. Laut Mietspiegel rangiert z. B. eine über 90 qm große, besonders ausgestattete Wohnung des Bezugsjahrs 2010 und später, noch dazu in guter Lage, zwischen 7,22 und 9,13 Euro/qm.
Erst einmal das Gespräch suchen
Ratsuchende Mieter haben in Velbert zwei Anlaufstellen
Wegen der nach wie vor hohen Corona-Fallzahlen beschränkt der Mieterverein den Kontakt auf Telefon (02051 252423), Fax (02051 254038), E-Mail (info@mieterverein-velbert.de) sowie Briefkasten (Friedrich-Ebert-Straße 62 - 64, 42549 Velbert). Ratsuchende Mitglieder können ihre Unterlagen per Mail, Fax oder postalisch übersenden. Ein persönliches Erscheinen in der Geschäftsstelle ist nur in Ausnahmefällen möglich.Die VZ-Beratungsstelle Velbert, 02051 809-0181, bietet bei Mieterfragen eine Erstberatung (je nach Zeitbedarf 20 bis 40 Euro) durch die Rechtsanwältin Anke Eymann-Kapser. Sie ist Vorsitzende des Mietervereins Essen. Adelberger zufolge geht es darum, Ratsuchenden, die keine Rechtsschutzversicherung haben und/oder nicht im Mieterverein sind, „Erste Hilfe“ zu geben. Also eine Ersteinschätzung und Einordnung vorzunehmen.
Jürgen Hübinger verweist darauf, dass ein Vermieter die Nebenkosten-Abrechnung für 2021 bis zum Jahresende 2022 vorgenommen und zugestellt haben muss. Bei verspäteter Abrechnung könne er keine Nachforderungen mehr stellen, fügt der Vereinsvorsitzende hinzu. Hingegen bleibe ein Guthaben des Mieters drei Jahre erhalten. Ganz grundsätzlich empfiehlt der Experte, doch erst einmal den direkten Kontakt und das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen, „wenn das Porzellan nicht schon längst komplett zerschlagen ist“. Die größten Probleme gebe es mit den jetzigen Eigentümern der ehemaligen Wobau-Häuser in Birth und am Kostenberg. „Vor allem mit Nebenkosten-Abrechnungen.“
Horrende Abrechnungen
Auf keinen fruchtbaren Boden ist übrigens bislang der Vorstoß bzw. die Offerte des Mietervereins gestoßen, Nebenkosten-Abrechnungen von Arge-Kunden, also Hartz-IV-Empfängern, zu checken. „Keine Erbsenzählerei, aber wenigstens eine Vorprüfung“, sagt Jürgen Hübinger. „Da werden unglaubliche Sachen abgerechnet und gibt es Fälle, die sind komplett schlimm und nicht richtig, einfach krass.“ Bei entsprechendem Nachhaken, ist er überzeugt, „könnte man wirklich nennenswert Steuern sparen“. In anderen Kommunen werde das bereits praktiziert.
Keinen Schimmel riskieren
Auf den Dialog – falls möglich – zwischen Mieter und Vermieter setzt eigentlich auch Andreas Adelberger. In seiner Beratungsstelle summieren sich die Mieteranfragen auf rund 100 per anno. Themen seien regelmäßig „neben dem Dauerbrenner Nebenkosten-Abrechnung“ u. a. (Eigenbedarfs-)Kündigung, Mietmängel und -minderung, Rechte bzw. Pflichten bei Auszug „und immer wieder Schimmel“. Seit die Energiepreise durch die Decke gehen, ist hierzu der gute Rat der Fachleute besonders gefragt. Andreas Adelberger berichtet auch von Vermietern, die sich an ihn wenden, weil sie zugunsten ihrer Mieter einen günstigeren Anbieter suchen. „Jedes Grad weniger spart sechs Prozent Heizenergie“, rechnet VZ-Energieberaterin Susanne Berger die Folge einer möglichen Stellschraube beim eigenen Verhalten vor. Die allerdings auch nicht überdreht werden sollte: „Bloß nicht die Wohnung auskühlen lassen“, warnt Adelberger. Und ist damit wieder – beim Schimmel.