Velbert-Mitte. Rund 200 Menschen stehen in ihren Wohnungen in Velbert-Birth unter Quarantäne. Jetzt liegen die ersten Corona-Testergebnisse vor.

Das Kreisgesundheitsamt hat zwei Hochhäuser in Birth am Sonntag, 16. Mai, unter Quarantäne gestellt. Bei Bewohnern war die indische Variante des Coronavirus festgestellt worden. Betroffen sind mehrere Familien, die untereinander viel Kontakt hatten. Inzwischen liegen auch die ersten Testergebnisse vor, alle Bewohner sind bereis getestet. Die neuesten Zahlen und Entwicklungen dazu lesen Sie hier.

Bis zum frühen Dienstagabend erhielt der Kreis 162 Ergebnisse von allen 189 Personen, die sich der Reihentestung am Sonntag und Montag unterziehen mussten. Bei sechs Personen, die bereits unter 19 zuvor positiv Getesteten waren, bestätigte sich der Befund. Nur eine Probe wies die indische Variante auf. Die übrigen Proben fielen negativ aus. Die übrigen Testergebnisse folgen. Bis zum Sonntag sollen sich alle Bewohner der Häuser zwei weiteren Tests unterziehen. „Bis die dann positiven Corona-Befunde auf die indische Variante untersucht sind, dauert es aber ungefähr sieben Tage“, stellte Kowalczyk klar. Die negativ getesteten Personen wurden noch am Nachmittag darüber informiert, dass ihre Quarantäne aufgehoben ist.

Mutter kann nicht besucht werden

Duc Viet Trieu wohnt im rechten Erdgeschoss in einem der beiden achtgeschossigen Häuser, von seinem Balkon aus hat der gebürtige Vietnamese am Montag nahezu direkten Kontakt zu den städtischen Mitarbeitern. „Sie sind alle sehr freundlich, dass muss man schon sagen“, betont der 27-Jährige, der normalerweise jetzt an seinem Arbeitsplatz an der Ruhruniversität Bochum wäre. „Ich bin biologisch technischer Assistent, helfe aber gerade in einem anderen Bereich aus, die müssen jetzt auch schauen, wie sie zurecht kommen“, erklärt er pflichtbewusst, „aber noch viel schlimmer ist es, dass ich meine Mutter nicht im Pflegeheim besuchen kann.“

Anordnung kam sehr plötzlich

Die Quarantäneanordnung kam für den jungen Mann – wie wohl für die meisten der rund 200 Bewohner – sehr überraschend. Am späten Sonntagnachmittag, 16. Mai, habe es an seiner Tür geklopft, ein städtischer Mitarbeiter habe ihn informiert, ihm mehrere Zettel in die Hand gedrückt. „Hier steht, dass die Quarantäneanordnung erstmal bis zum 26. Mai gilt“, erklärt er mit Blick auf das Schreiben.

Verständnis für Maßnahme

Duc Viet Trieu zeigt Verständnis für die Maßnahmen.
Duc Viet Trieu zeigt Verständnis für die Maßnahmen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Verständnis für die weitreichende Maßnahme des Kreises hat Duc Viet Trieu auf jeden Fall – selbst wenn sie massiv in die Grundrechte eingreift. „Bei mir ist es so, dass ich eigentlich keinen Kontakt zu irgendjemandem hier habe, ich gehe morgens zur Arbeit und komme abends zurück. Aber hier wohnen nun mal viele Menschen unter einem Dach, die Kinder unterschiedlicher Familien spielen draußen zusammen.“

Ordnungsdienst unterstützt Bewohner

Soviel Einsicht haben sicher viele der Bewohner, wohl aber nicht unbedingt alle – ein Anwohner erzählt, es seien Eier auf die Mitarbeiter des KOD geworfen worden. Die aber wirken ganz entspannt, zeigen sich extrem verständnisvoll, helfen wo sie können. „Es ist so, dass wir angewiesen sind, Hunde die in diesen Häusern leben, an den Haustüren an Bekannte von ausserhalb zu übergeben, die dann mit ihnen Gassi gehen, denn auch das ist den Bewohnern derzeit untersagt“, erzählt ein Ordnungsdienstmitarbeiter, „aber es kommt auch vor, dass man niemanden dafür hat, dann übernehmen wir das auch schon mal und gehen eine kleine Runde mit den Tieren, die müssen ja nun mal raus.“

DRK soll Bewohner mit Lebensmitteln versorgen

Mehrere Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind im Dauereinsatz, um unter anderem die Einhaltung der Corona-Schutzanordnungen zu überwachen.
Mehrere Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind im Dauereinsatz, um unter anderem die Einhaltung der Corona-Schutzanordnungen zu überwachen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Die Stadt Velbert habe, so Pressesprecher Hans-Joachim Blißenbach, zudem das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beauftragt, dafür zu sorgen, dass die zahlreichen Bewohner mit Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs versorgt werden. Dieses werde im Laufe des Tages seine Arbeit aufnehmen, „man muss sich ja auch dort erstmal bei einem solch kurzfristigen Auftrag organisieren.“

Duc Viet Trieu hat von dem Angebot jedenfalls schon gehört, lacht. „Mit wird wohl bald das Toilettenpapier knapp.“ Eine dreiköpfige Familie, die sich ebenfalls auf dem Balkon – allerdings im vierten Stock – aufhält, um eine paar der seltenen Sonnenstrahlen zu genießen, winkt entspannt ab. „Wir waren schonmal in Quarantäne, daraus haben wir gelernt und uns einen Vorrat an allem was man bracht, angelegt.“

Reihentestung am Montag

Über die indische Variante

Die indische Variante wird seit kurzem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft. Das Robert-Koch-Institut schreibt: Die Einstufung solcher Varianten erlaube eine verstärkte Überwachung, „beispielsweise durch gezielte PCR-Untersuchung und Gesamtgenomsequenzierung im Rahmen der Coronavirus-Surveillanceverordnung (CorSurV)“.Sie zeichnet sich laut RKI durch Mutationen aus, die mit einer reduzierten Wirksamkeit der Immunantwort in Verbindung gebracht werden. Erste Daten aus Laborexperimenten deuteten jedoch darauf hin, dass die Wirksamkeit von Impfstoffen „nicht substanziell beeinträchtigt“ sei, heißt es. Zudem gebe es Hinweise auf eine erhöhte Übertragbarkeit.

Eine aufregende Zeit ist es jedenfalls für die betroffenen Birther, zumal es in der vergangenen Nacht in einem der beiden Häuser auch noch gebrannt hat. „Es gab gegen zwei Uhr plötzlich einen Knall, dann Rauch und dann war da ein Wahnsinnaufgebot an Feuerwehrfahrzeugen und Rettungshelfern“, beschreibt Duc Viet Trieu die Situation. Seitens der Feuerwehr heiß es, es hätten zwei auf unterschiedlichen Etagen im Treppenhaus abgestellte Müllsäcke gebrannt. Es wird nun unter anderem wegen Brandstiftung ermittelt.