Sprockhövel. Einige Taxi-Unternehmen nennen sie überfällig, andere befürchten Einkommenseinbußen. Die erhöhten Taxi-Tarife lösen unterschiedliches Echo aus.

Alles wird teurer – da machen die Taxen keine Ausnahme: Für den Taxitarif im Ennepe-Ruhr-Kreis gelten ab 1. Oktober diesen Jahres höhere Gebühren – die einen nennen die Teuerung „längst überfällig“, andere haben Angst vor Einkommenseinbußen, aus Sorge, dass sich bald weniger Menschen eine Taxifahrt leisten werden. „Ich empfinde das als drastische Erhöhung – und da bin ich sicher nicht die Einzige“, sagt Taxi-Unternehmerin Sandra Breitenborn.

Zehn Kilometer Taxifahrt kosten bald drei Euro mehr

So schlägt demnächst jeder gefahrene Kilometer mit 30 Cent mehr zu Buche – beziehungsweise aufs Taxameter – also ein Plus von drei Euro pro zehn Kilometer. Eine Zwei-Kilometer-Kurzstrecke kostet demnächst sogar 9,50, statt aktuell 3,50 Euro. Weil jedoch dann zwei Kilometer inklusive sind, macht die Preiserhöhung „nur noch“ 1,80 Euro aus (9,50 statt 7,70). Breitenborn: „Ich gehe davon aus, dass die meisten Taxi-Unternehmer dagegen sind, viele sagen: Was sind das denn für Preise, da fährt doch keiner mehr Taxi!“

Kreis schreibt Taxi-Unternehmer an

Dabei seien alle 46 Taxi-Unternehmer im Kreis angeschrieben worden, erklärt Kreissprecher Ingo Niemann. „Im Schreiben wurde um Rückmeldung innerhalb von vier Wochen gebeten.“Offenbar haben nur wenige protestiert, auch Taxi-Unternehmer Ali Akdogan hat für die Erhöhung gestimmt. „Nur die Grundgebühr und somit die Kurzstrecke finde ich zu hoch – mir tun die alten Menschen leid, die auf Kurzfahrten angewiesen sind.“ Er befürchtet auch, dass es dann insgesamt weniger Kurzstrecken-Aufträge geben wird. „Anstatt immer und überall nur die Preise anzuheben, sollten besser Einkommens-, Umsatz-, und Gewerbesteuer gesenkt werden!“

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Manchmal rechnet sich die neue Regelung schlechter

Für Breitenborn rechne sich die Kurzstrecke in manchen Fällen trotz der Preiserhöhung schlechter als zuvor: „Hat zum Beispiel jemand Älteres ein Taxi bestellt und braucht Hilfe beim Einsteigen oder mit dem Rollator, dann läuft normalerweise die Uhr, sobald ich aussteige – denn dann beginnt ja auch meine Arbeit.“ Da seien dann oft schon fünf, sechs Euro auf der Uhr, wenn sie losfährt. „Nach der neuen Regelung würde die Uhr vermutlich erst nach dem zweiten gefahrenen Kilometer laufen, dann wäre ja meine gesamte Vorarbeit kostenlos.“ Ungerecht findet sie außerdem, dass Funkmietwagen nicht der Tarifregelung des Kreistags unterliegen, „sie können einfach unter dem festgesetzten Preis bleiben.“ Die 49-Jährige bleibt trotzdem noch relativ entspannt. „Weil mittlerweile 90 Prozent meiner Fahrten Krankenfahrten sind, die ich direkt mit den Krankenkassen abrechne.“

Taxi-Tarife im Überblick

Der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs NRW (VSPV e.V.) stellte den Antrag auf Tarifanpassung. Als Gründe wurde die hohe Belastung der Taxi-Unternehmen wegen des Mindestlohns und der Kraftstoffpreise genannt. Aktuell liegen die Dieselpreise mehr als 50 Prozent höher als zur letzten Taxi-Tariferhöhung im Juni 2019, damals lag der Mindestlohn bei 9,19, aktuell liegt er bei 10,45 und ab Oktober soll er 12 Euro betragen.Die Taxi-Grundgebühr steigt ab 1. Oktober diesen Jahres von 3,50 auf 9,50 Euro – die ersten zwei Kilometer sind dann aber bereits inklusive, deshalb erhöht sich der Preis für eine zwei Kilometer lange Kurzstrecke von 7,70 auf 9,50 Euro. Darüber hinaus verteuert sich jeder gefahrene Kilometer um 30 Cent: von 2,10 auf 2,40 Euro. Pro Stunde Wartezeit sollen zudem bald 39,60, anstatt wie bisher 36 Euro abgerechnet werden.

Krankenfahrten sichern das Einkommen

Ganz ähnlich ist es bei Taxi Bolter. „Was uns über Wasser hält, sind die Krankenfahrten“, sagt Brigitte Bolter. Sie ist für die Buchhaltung verantwortlich und rechnet vor: Man müsse den Verschleiß einberechnen, sowie die hohen KFZ-Versicherungen von bis zu 300 Euro pro Wagen. „Wir fahren auch nicht mit Wasser, und der Mindestlohn greift richtig rein!“ Deshalb sei die Erhöhung wichtig. Mehr noch: „Sie hätte schon längst beschlossen werden sollen“, findet die 66-Jährige. „Bei der Grundgebühr hätten wir uns nur gewünscht, dass eineinhalb statt zwei Kilometer inbegriffen sind, denn die meisten unserer Kurzstrecken sind bis zu eineinhalb Kilometer lang.“

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Weniger Abend- und Wochenendfahrten

Die Pandemie habe das Taxi-Geschäft verändert, abends und am Wochenende gebe es weniger Fahrten, weshalb sie unter der Woche meistens um 20 Uhr Feierabend machten und am Wochenende um vier Uhr morgens, erzählt Bolter. „Manchmal sind Kunden erbost, weil wir so früh die Wagen reinholen, aber es rechnet sich wegen des Mindestlohns nicht. Wenn so wenig los ist, verdient der Fahrer mehr als wir.“ Der Antrag zur Preiserhöhung wurde wegen der hohen Belastung der Taxiunternehmer durch Mindestlohn und erhöhte Spritpreise vom Taxi-Verband (VSPV) an den Kreistag herangetragen. Dieser legt die Taxi-Tarife verbindlich für alle Taxen – ausgenommen Funkmietwagen – fest.

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