Oberhausen/Essen/Mülheim. Überraschende Töne aus dem Lager der Unternehmen: IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel warnt ihre Kollegen vor zu viel Staatsgläubigkeit.

Zunehmende Zahl an Arbeitslosen, steigende Zahl an Pleiten, hohe Energiepreise, geringer Konsum, Stellenabbau - seit zwei Jahren hält die Wirtschaftskrise Deutschland im Griff. In dieser Lage konzentrieren sich auffällig große Teile der Wirtschaft darauf, an den Staat, an die Politik viele Erwartungen zu richten. Dies sieht man an den Diskussionen über Staatsbeteiligungen an Stahlkonzernen wie Thyssen-Krupp, Milliarden-Förderungen für Batterie- und Chipfabriken oder neue Subventionen über Strom-Rabatte und Mehrwertsteuersenkungen.

IHK-Präsidentin fordert einen Mentalitätswechsel bei Unternehmern

Umso bemerkenswerter ist die schriftliche Stellungnahme der langjährigen IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel, die als Chefin der Industrie- und Handelskammer für Essen, Mülheim und Oberhausen für eine Vielzahl von Unternehmen der Region spricht. Natürlich ignoriert die Inhaberin des Oberhausener Autohauses Kruft nicht, dass mehrere Branchen in Deutschland in einer strukturellen Krise stecken, schlägt aber einen anderen Weg vor, statt auf Hilfe des Staates zu hoffen.

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„Sowohl wirtschaftlich als auch politisch befinden wir uns in einer schwierigen Lage. Ja, das ist so“, meint die Unternehmerin - und liest dann ihren Kolleginnen und Kollegen, die besonders staatsgläubig sind, die Leviten. Sie fordert nichts Geringeres als einen Mentalitätswechsel. „Wir kommen nicht weiter, wenn wir auf Pessimismus verharren. Es ist an uns, aus diesem Liegestuhl herauszukommen. Wir dürfen nicht warten, bis uns die Entwicklungen überholen.“

Kräftiger IHK-Appell an die unternehmerische Eigenverantwortung

Die IHK-Präsidentin appelliert an die unternehmerische Eigenverantwortung: „Nur mit Hilferufen an die Politik werden wir die Krise nicht bewerkstelligen. Wir müssen aktiv werden, neue Wege gehen, auch mal unbequem sein und nicht nur an die Möglichkeiten von morgen denken, sondern diese aktiv gestalten. Die IHK spielt hier eine entscheidende Rolle, als Partnerin der Wirtschaft, als Aushängeschild der dualen Berufsausbildung und als Impulsgeberin für neue Perspektiven.“

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Kruft-Lohrengel schaltet sich immer wieder mal mit deutlichen Worten in Wirtschaftsdebatten ein. So kritisierte sie, dass eine Lösung für Altschulden-Probleme der Ruhrgebiets-Städte von der Landes- und Bundesregierung verschleppt wurde, dass die neue hohe Grundsteuer für Unternehmen in Oberhausen eine abschreckende Wirkung hat oder dass das Ruhrgebiet zu wenig Flächen für Gewerbeansiedlungen ausweist.

Und den Ausgang der US-Präsidentschafts-Wahl bewertete sie nach ethischen Leitlinien: „Ich wundere mich, dass so ein starkes Land einen Menschen, der es mit der Moral und den Werten unseres Zusammenlebens nicht ernst meint, an die Spitze wählen kann. Davon bin ich menschlich enttäuscht.“