Oberhausen/Saporischschja. Volodymyr Goloveshko berichtet beim Besuch in der Redaktion aus seiner Heimatstadt, die sich bald seit drei Jahren im Krieg befindet wird.
Volodymyr Goloveshko ist studierter Jurist und war lange Zeit Sprecher der Stadt und des Gebietes Saporischschja in der Ukraine. Im Gespräch mit der Redaktion skizziert der 40-Jährige, der jetzt in Oberhausen lebt, die aktuelle Lage in der Partnerstadt, die geprägt ist von russischen Angriffen und vom großen Widerstandswillen der Menschen vor Ort.
Volodymyr Goloveshko ist zweifacher Familienvater, hat zwei Kinder (11 und 8 Jahre), die mit ihrer Mutter schon seit längerer Zeit in Oberhausen wohnen, nachdem im Februar 2022 der russische Angriffskrieg gegen das südosteuropäische Land begonnen hatte.
Wer mit dem Ukrainer ins Gespräch kommt, erfährt auf ungewöhnlich direkte Weise, was es bedeutet, aus einem Kriegsgebiet zu kommen. Der 40-Jährige skizziert spontan mit dem Bleistift in der Hand kleine Landkarten vom Frontverlauf, zeigt Fotos von russischen Raketeneinschlägen und unterstreicht immer wieder, wie tapfer die Menschen in seinem Heimatland der Aggression Putins trotzen: „Die Einwohner von Saporischschja sind mutige und starke Menschen, jeder Arzt, jeder Polizist, Busfahrer oder Versorgungsmitarbeiter tut alles, damit unsere Stadt lebt und sich entwickeln kann. Wir geben nicht auf!“
Ja, die Oberhausener Partnerstadt ist eine tagtäglich im Krieg umkämpfte Stadt. Die Front verläuft rund 30 Kilometer von Saporischschja entfernt. Große Teile des Verwaltungsgebietes (Oblast) von Saporischschja sind russisch besetzt. Die russische Armee, so schildert es Volodymyr Goloveshko, würde mit kleinen Gruppen von vier bis fünf Soldaten immer wieder versuchen, in das Kernstadtgebiet zu gelangen: Doch diese Angriffe würden stets abgewehrt, berichtet der Ukrainer. Die Verwaltung der Partnerstadt sei nach wie vor voll funktionsfähig, Schulen und Kindergärten hätten geöffnet und es gebe trotz der Kriegssituation Kulturveranstaltungen: Theater, Konzerte, Lesungen.
Volodymyr Goloveshko hat hier in Oberhausen einen Vollzeit-Job als Fahrer bei der Fleisch- und Wurstmanufaktur Timm GmbH. Das Oberhausener Ehepaar Stefanie und Guido Czauderna hat ihm geholfen, hier Fuß zu fassen und Kontakte zu knüpfen. Er lernt Deutsch und kann mittlerweile das Interview in der Redaktion ziemlich gut bestreiten. Der Ukrainer ist Oberhausen dankbar für die verlässliche Hilfe, die seit dem Februar 2022 für die Partnerstadt Saporischschja geleistet worden ist. Und zugleich ist dem 40-Jährigen in jeder Sekunde des Gesprächs die ständige Sorge um seine Heimat anzumerken.
Wie sicher ist das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja?
Da gibt es zum Beispiel das nahe Atomkraftwerk Saporischschja am Fluss Dnepr, das von russischen Truppen besetzt ist. Wie sicher ist die atomare Anlage noch, die derzeit keinen Strom mehr liefert? Die einstige 700.000-Einwohner-Partnerstadt hat kriegsbedingt nach Einschätzung von Volodymyr Goloveshko zwar weniger, aber immer noch rund eine halbe Million Einwohner, darunter auch viele ältere Menschen, die nicht mehr so beweglich sind, dass sie aus ihrer Heimatstadt flüchten wollen oder können.
In jüngerer Zeit setzt die russische Armee nach Auskunft des Ukrainers vermehrt Gleitbomben ein, die besonders tief fliegen und von der Luftabwehr nur schwer geortet werden können. Das verschärft jetzt noch einmal die Gefahrenanlage für die Menschen in der Oberhausener Partnerstadt, zuletzt sei ein Krankenhaus schwer getroffen worden, berichtet er.
Volodymyr Goloveshko nimmt im Verlauf des Gesprächs, an dem auch Desbina Kallinikidou vom städtischen Büro für Interkultur teilnimmt, immer wieder sein Handy in die Hand, sucht nach den richtigen deutschen Wörtern und ruft weitere Fotos aus Saporischschja und aus dem umkämpften Umland auf. Plötzlich hält er inne und zeigt das Bild eines Mannes in Uniform, ein ukrainischer Soldat, den er in einem kleinen Ort direkt an der Frontlinie fotografiert hat: „Dieser Mann ist jetzt tot.“ Eines von Tausenden Opfern eines Angriffskrieges, der nun schon bald drei Jahre andauert.
Wichtige Unterstützung für Saporischschja: Spenden für „Oberhausen hilft“
Wer Geld für Hilfstransporte in Oberhausens Partnerstadt Saporischschja spenden möchte, kann das beim Verein „Oberhausen hilft“ tun: Oberhausen hilft e.V., Stadtsparkasse Oberhausen, IBAN: DE06 3655 0000 0053 2241 43, BIC: WELADED1OBH, Homepage: oberhausen-hilft.de
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