Oberhausen. Für einen leichteren und praktischen Rollator müssen Verbraucher oft mehr bezahlen. Das Kassenmodell scheitert vor allem an dieser Hürde.

Den perfekten Rollator zu finden, ist gar nicht so leicht. In Oberhausen ist der knallrote Flitzer zur Zeit der Renner: Das Karbon-Modell gilt mit nur sechs Kilogramm als Ferrari unter den Gehhilfen. Aber lohnt es sich wirklich, dafür knapp 400 Euro auf den Tisch zu legen? Oder reicht das günstige Kassenmodell? Worauf es beim Kauf ankommt.

Thomas Schenk vom gleichnamigen Sanitätshaus in der Oberhausener City erklärt sich spontan bereit, beim Praxistest mitzumachen. Ein Rollator reiht sich an den anderen. „Das ist das Standardmodell“, sagt Schenk und zeigt auf einen robusten Rolli in Silber. Die Griffe liegen gut in der Hand, das Gerät ist wendig und bietet serienmäßig einen festen Sitz, ein nicht abnehmbares Körbchen, eine Halterung für einen Gehstock und ein Tablett, das sich ruckzuck rutschsicher auf die Sitzfläche legen lässt. „Damit kann man zum Beispiel gut auch mal eine Tasse Kaffee aus der Küche ins Wohnzimmer transportieren.“

Knackpunkte: Die Räder sind recht hart, was das Gerät beim Spaziergang übers Kopfsteinpflaster nicht mehr ganz so handlich macht. Bordsteinkanten, vor allem aber: Treppen werden zum Problem. Denn der Rolli lässt sich zwar zusammenklappen, aber nur quer. Für einen bequemen Transport bleibt er so viel zu groß und noch schlimmer: Jetzt macht sich das Gewicht von fast neun Kilogramm erst so richtig bemerkbar. Wer dieses Ding Stufen hoch und herunter wuchten will, muss körperlich noch fit sein - was aber der Natur der Sache widerspricht. Denn eigentlich benötigt doch nur einen Rollator, wer eben genau dies nicht mehr ist?

Meist nur ein guter Begleiter in der Wohnung: das Kassenmodell

Fazit: Das Kassenmodell eignet sich eher für kurze Wege auf ebener Fläche und zur sicheren Fortbewegung in der Wohnung. Stellt der Hausarzt ein solches Rezept aus, bleibt dieser Rollator für Patienten kostenlos. Fällig wird nur eine zehnprozentige Zuzahlung (höchstens 10 Euro). Zwischen 70 und 100 Euro zahlen die Kassen gewissermaßen als Miete an die Sanitätshäuser. „Dafür bleibt das Hilfsmittel auf vier Rädern vier Jahre lang im Besitz des Kunden“, erläutert Schenk. Danach wird eine gleich hohe zweite Pauschale fällig, die die Kasse ebenfalls übernimmt. Dafür garantieren die Sanitätshäuser aber die Wartung der Rollatoren und übernehmen auch Reparaturen. Wird das Gerät nicht mehr benötigt, geht es ans Sanitätshaus zurück.

Das leuchtend rote Topmodell dagegen ist bei Schenk für 459 Euro zu haben und trumpft mit einem Gewicht von rund sechs Kilogramm. Die Krankenkassen bezuschussen auch kostspieligere Modelle wie dieses mit jeweils 70 bis 100 Euro (falls ein Rezept für einen Rollator vorliegt). Bordsteinkanten können damit dank einer speziellen Kipphilfe problemlos gemeistert werden. Einfach kurz mit dem Fuß darauf tippen und schon hebt sich das Gerät in die Höhe. In der Mitte der Sitzfläche befindet sich ein Griff. Ein kurzer Zug daran und der Rolli aus Karbon faltet sich kinderleicht in der Länge zusammen. Auch in dieser Position bleibt er standsicher - und lässt sich mühelos über jede Treppe transportieren.

Die Räder sind größer und weicher als beim Kassenmodell und ermöglichen einen sicheren Spaziergang selbst über holperiges Gelände. Obwohl der Sitz aus einem Nylongewebe besteht, trägt er fast 20 Kilogramm mehr als der Plastiksitz der Standardvariante. „Dieser Rollator-Sitz ist sogar bis 150 Kilogramm ausgelegt.“ In drei unterschiedlichen Höhen bestellbar, passt er sich an fast jede Größe an. „Für Seniorinnen und Senioren ab 1,40 Meter bis zirka 1,90 Meter.“ Zubehör wie ein Tablett oder einen Regenschirm gibt es ebenfalls - doch dafür muss extra bezahlt werden. Nur ein offenes Einkaufsnetz ist im Preis enthalten.

Nach dem Kauf geht der Ferrari-Rolli in den Besitz des neuen Eigentümers über. Aber aufgepasst. Das ist nicht immer so. „Andere Sanitätshäuser verlangen auf den ersten Blick weniger Geld, meist so um die 250 Euro, die Kunden zuzahlen müssen“, weiß Schenk. Doch das entspreche nur einer Mietgebühr. „Der Rollator bleibt Eigentum des Sanitätshauses.“ Ein genaues Durchlesen des Vertrages egal lohnt sich also, egal, für welches Modell man sich letztlich entscheidet, gezieltes Nachfragen ebenfalls. Auch die Rechnung sollte stets gut aufbewahrt werden.

Thomas Schenk mit verschiedenen Rollatoren. Der Sanitätshaus-Inhaber weiß, worauf beim Kauf zu achten ist. Nicht nur das Gewicht der Gehhilfe spielt eine Rolle.
Thomas Schenk mit verschiedenen Rollatoren. Der Sanitätshaus-Inhaber weiß, worauf beim Kauf zu achten ist. Nicht nur das Gewicht der Gehhilfe spielt eine Rolle. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben will oder kann, sollte auch diese Rollatoren ruhig einmal testen: Ein ebenfalls in der Länge leicht faltbarer aus Stahl kostet im Schnitt rund 250 Euro (Gewicht: 7,5 Kilogramm), ein etwas leichterer aus Aluminium rund 300 Euro (6,8 Kilogramm). Auch für diese Varianten gilt: Mit einem Rezept in der Hand reduziert sich der Kaufpreis entsprechend. Tipp: „Bei manchen Erkrankungen wie schwerer Atemnot, Muskel- und Gelenkerkrankungen bewilligen die Krankenversicherungen ausnahmsweise auch teurere Modelle“, darauf weist der Sozialverband VdK auf seiner Homepage hin.

Die Preisspanne für alle Modelle variiert stark und liegt beim Online-Handel sogar um rund 100 Euro unter dem Sanitätshauspreis. Wichtig: Immer das ausgewählte konkrete Modell vergleichen und nicht nur die Eigenschaften wie etwa aus Karbon etc. Denn Verarbeitung und Ausstattung unterscheiden sich teils enorm. Aber auch ein Vergleich zwischen den einzelnen Sanitätshäusern lohnt sich - sie kalkulieren die Preise frei, deshalb gibt es sogar zwischen den Geschäften große Preisunterschiede.

Online-Handel ist beim Preis kaum zu schlagen

Während der Online-Versandhandel beim Preis kaum zu schlagen ist, sollte dieser Nachteil berücksichtigt werden: „Die dort gekauften Rollatoren müssen bei jedem Mangel, jeder Reparatur erst umständlich wieder eingeschickt werden, was unter Umständen wochenlange Wartezeiten beinhalten kann“, wirbt Schenk für den Kauf in einem Sanitätshaus. Eine persönliche Beratung gebe es im Internet nicht, im Sanitätshaus aber schon. Außerdem könne das rollende Hilfsmittel dort gleich auf den neuen Besitzer eingestellt werden. Wertvolle Tipps gibt es dazu: „Sich nie auf einen Rollator setzen, ohne vorher die Bremsen angezogen zu haben.“ Und: „Im Bus niemals auf die Sitzfläche setzen, denn bremst der Fahrer ruckartig ab, saust man quer durch den Bus.“

Wer schon jetzt wissen möchte, was beim Umgang mit dem Rollator so alles beachtet werden sollte, kann sich auch auf der Homepage der Krankenkasse AOK schlau machen. Dort erhalten Interessierte Ratschläge, wie das Gerät sicher zu nutzen ist. Dazu gehört: Immer aufrecht am Rollator gehen. Beim Laufen sollte sich der Körper zwischen den beiden Griffen befinden. Die Gehhilfe nie weit nach vorn schieben, sonst ist die Sturzgefahr groß.

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