Oberhausen. Ein Albtraum: Unbekannte fesseln zwei Frauen in der Wohnung am helllichten Tag. Zuvor geben sie sich als Postboten aus, bekleidet mit DHL-Jacken.
Zwei ältere Frauen fallen einem brutalen Überfall zum Opfer - in ihrer eigenen Wohnung und am helllichten Morgen: Die Tat, die am Dienstag (3. Dezember) um 9.20 Uhr in Oberhausen geschah, schockiert vor allem ältere Menschen, aber nicht nur. Das skrupellose Vorgehen der Täter, die die beiden Bewohnerinnen fesselten und beraubten, macht viele Leute fassungslos.
Oberhausener Bürgermeister verurteilt die Tat scharf
„Der Überfall im Schladviertel ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, sagt Bürgermeister Werner Nakot (66), zugleich Vorsitzender der Senioren-Union. Der frühere Polizist hat volles Verständnis dafür, dass sich zahlreiche Bürger durch ein solches Ereignis in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt fühlen. Er betont aber auch, dass ältere Menschen keineswegs häufiger Opfer von Straftaten würden als andere Altersgruppen.
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Ähnlich äußert sich auch Hans-Günter Wrobel, Vorsitzender der AG 60plus in der SPD. „Natürlich löst eine solche Nachricht Ängste aus oder verstärkt sie sogar.“ In seinem Umfeld habe er eine große Betroffenheit der Menschen wahrgenommen. Auch wenn es sich in dieser Form um einen besonderen Einzelfall handele, seien manche Senioren durchaus besorgt.
Dringender Appell an die älteren Menschen in Oberhausen
Sowohl die Senioren-Union als auch die AG 60plus organisieren immer wieder Veranstaltungen, bei denen die Sicherheit älterer Menschen im Mittelpunkt steht. „Wir raten dringend dazu, niemandem zu öffnen, den wir nicht kennen oder erwarten“, betont Nakot. Dieser Empfehlung ist auch von anderen Seiten zu hören. Allerdings ist dieser Tipp nicht einfach umzusetzen, wenn es sich um Typen in DHL-Jacken handelt - und man vielleicht ein paar Pakete bestellt hatte.
„„Wir raten dringend dazu, niemandem zu öffnen, den wir nicht kennen oder erwarten.““
Luisa Lakhal, Sprecherin des Oberhausener Polizeipräsidiums, betont: „Für ältere Menschen sollte grundsätzlich immer gelten, keinen Fremden Zutritt in ihre Wohnung zu gewähren“. Häufig passiere es auch beispielsweise, dass falsche Wasserwerker versuchen, in die Wohnung von Senioren zu gelangen. Oder dass Senioren angerufen werden und einem Mittelsmann Geld übergeben sollen. „In einem solchen Fall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und sich den Rat einer Vertrauensperson zu holen. Egal, ob ein naher Angehöriger, Freund oder Nachbar“, sagt die Sprecherin. Sollte jemand an der Haustür klingeln, empfiehlt es sich außerdem, eine Sprechanlage zu nutzen - falls diese überhaupt vorhanden ist.
Opferschutzverein Weißer Ring: Täter gehen sehr raffiniert vor
Zu großer Vorsicht rät auch Josefa Scheidt vom Opferschutzverein Weißer Ring. Leider komme es immer wieder zu durchaus schweren Straftaten, denen ältere Menschen zum Opfer fallen, sei es durch den Enkeltrick oder auch durch Schockanrufe. Die Täter gingen sehr raffiniert vor, um sich Zugang zu einer Wohnung zu verschaffen. Oder sie versetzten Senioren durch Vorspiegelung falscher Tatsachen in Angst und Schrecken, damit sie an Geld oder Wertgegenstände gelangen.
In dem Fall vom Wochenanfang trugen die drei Täter gelbe DHL-Jacken wie Postboten. Deshalb öffneten die Frauen offensichtlich arglos die Tür, worauf die Unbekannten sie sofort angriffen. Dass Boten auch deshalb an der Haustür schellen, um ein Paket für den Nachbarn abzugeben, gehört zum Alltag. „Das Paket will man natürlich annehmen und Nachbarschaftshilfe leisten“, sagt Scheidt. Wenn sich Senioren allerdings in solchen Momenten unsicher fühlten, sollten sie überlegen, ob sie wirklich die Tür öffnen. Einem solchen Verhalten sollte dann aber auch Verständnis entgegengebracht werden.
DHL-Jacken werden nur an die Beschäftigten ausgegeben
Dieser Überfall wirft noch eine weitere Frage auf: Wie sind die Täter überhaupt an die DHL-Jacken gekommen? Im freien Handel gibt es sie nicht zu kaufen, denn nach Worten von DHL-Unternehmenssprecher Achim Gahr erhalten Beschäftigte die für sie vorgesehene Montur bei der Einstellung. Es gebe keine Vermarktung der Jacken, also keinen Verkauf. Möglicherweise sind solche Artikel auf dem Schwarzmarkt zu bekommen, vermutet Gahr. Eventuell könne es sich auch um Nachahmungen handeln. Dem Sprecher ist indes nicht bekannt, dass bereits andernorts Täter DHL-Jacken getragen haben.
Der Weiße in Ring in Oberhausen verzeichnet bedauerlicherweise eine steigende Zahl von Opfern, die sich nach einem Diebstahl oder Betrug bei ihm melden und um Hilfe bitten. „Im vergangenen Jahr hatte ich insgesamt 120 Opfer beraten, diese Zahl habe ich 2024 schon längst erreicht“, sagt Josefa Scheidt. Die Übergriffe gehen in den allermeisten Fällen mit traumatischen Erfahrungen einher. Der Weiße Ring bietet Unterstützung auf unterschiedliche Weise an, sei es finanziell oder auch mit Informationen zu rechtlicher und psychologischer Beratung.
Polizei bittet die Bevölkerung weiterhin um Hinweise
Die Polizei sucht weiterhin Zeugen, die Hinweise auf die Täter geben können oder denen etwas an dem Morgen aufgefallen ist. Zwei der drei Täter sollen 25 bis 30 Jahre alt sein, sie trugen nicht nur die gelben DHL-Jacken, sondern auch eine schwarze Maske. Der dritte Einbrecher hat keine Maske getragen: Er ist zwischen 20 und 25 Jahre alt, trug einen Dreitagebart und eine rot-gelbe Kappe auf dem Kopf. Kontakt: 0208-826-0 oder per Mail an poststelle.oberhausen@polizei.nrw.de.