Casting-Mitarbeiterin Anna Kemna steht mit weit ausgebreiteten Armen vor den noch etwas schüchtern wirkenden Jungkandidaten, kümmert sich mit freundlicher Miene um die ersten Schritte des Auswahlverfahrens. Sie weiß, wie man aufkommende Aufregung minimiert. „Beim Begriff Cola bewegen wir uns frei im Raum. Bei Wasser bleiben wir stehen. Und wenn ich Sprite sage, hocken wir uns auf den Boden - und springen anschließend hoch!“ Es bildet sich ein wuseliger Kreis, in den sich auch die Eltern einreihen. Schnell wird gelacht.
Metronom-Theater Oberhausen: Casting für die große Bühne
Das Aufwärmprogramm soll Spaß machen, bevor es in die Proberäume geht. Mama und Papa bleiben wartend auf dem Parkplatz zurück. Da das Metronom-Theater momentan noch eine hektische Baustelle ist, laufen die Auswahl-Runden in kleineren Räumen ab. Da ist kein Platz fürs Händchenhalten. Alle Kinder folgen trotzdem mutig ins Innere, vorbei an versperrten Türen mit Baustellenflatterband und in Flure mit neu verlegtem Teppich, vor denen man sich die Füße auf dunklen Matten abtreten muss.
Nach dem Aufwärmen geht es fix ans Vorsingen und Schauspielern. „Wir sehen heute Kinder mit unterschiedlichen Vorkenntnissen“, sagt Dirk Schattner vom Festspielhaus Neuschwanstein, das sich um den „Geist der Weihnacht“ in Oberhausen inhaltlich kümmert. Einige beeindruckende Talente seien am Vormittag schon dabei gewesen, sagt der Projektleiter. „Es macht unglaublich viel Spaß, mit den Kindern für das Stück zu arbeiten.“
Die schönsten Fotos vom großen Casting im Metronom Theater
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Das Interesse ist nicht gerade gering, bis zu 100 junge Kandidaten sollen es allein am Samstag werden. Die Rollen sind klein, aber wichtig, wie Schattner erklärt. Die Regeln für Kinderdarsteller wirken allerdings streng. Später bei jeder Musical-Vorstellung zu spielen, ist rechtlich für Kinder nicht möglich. Ziel der Produktion ist es daher, fünf Rollen zu besetzen und diese in fünf Variationen im Bestand zu haben, plus Ersatz für mögliche Krankheitsfälle oder Terminprobleme. Eine Mammutaufgabe.
Metronom-Theater Oberhausen: Wichtige Szene der Weihnachtsgeschichte
Also lächeln und proben sie als gebe es keinen Zeitplan. Die kleine Maja (11) reiste mit Mama Aylin und Vater Thomas Volgmann aus Hilden an. Auf ihrem dunkelrosa schimmernden Shirt klebt ein Aufkleber mit einer großen 20, damit die Produzenten den Überblick behalten. Gerade durfte sie in einer Szene frech, richtig fies sein. „Das macht viel mehr Spaß als brav zu sein“, sagt sie mit einem herzlichen Lächeln mit Gesicht.
In der Weihnachtserzählung von Charles Dickens gibt es eine Rückblende: Der junge Ebenezer Scrooge wird von seinen Mitschülern im Internat gehänselt. „Eine Schlüsselszene für die gesamte Inszenierung“, sagt Musical-Profi Schattner. Es zeige die Verletzlichkeit der Figur und spiele für das spätere Verhalten des missmutigen Scrooge im Erwachsenenalter eine wichtige Rolle.
Die Szene proben die Kinder an einem nüchternen Tisch in einem leeren Raum, in dem sonst nur noch ein Klavier steht. Später auf der Bühne wird es opulenter. Kostüme, Kulissen, klatschende Menschen.
Alex (9) aus Essen darf den Kinder-Scrooge spielen, spricht mit wütender Stimme und zusammengezogenen Augenbrauen: „Was wollt ihr von mir?“ Während sich wechselnd Mitschüler auf seinen Tisch lehnen und spöttisch lachen. Das alles steht so im Drehbuch. Ein Textblatt liegt als Gedächtnisstütze auf dem Tisch. Schattner erklärt: „Alle Kinder fahren über Weihnachten nach Hause und erhalten Geschenke. Nur Scrooge muss alleine im Internat zurückbleiben.“
Metronom-Theater Oberhausen: Einige Kinder haben schon Show-Erfahrung
Warum hat sich Alex, den seine Mutter Sarah Zupanc begleitet, für das Casting beworben? „Das Schauspielern macht mir richtig Spaß. Ich bin schon bei Festen und in Kirchen aufgetreten“, sagt der Junge stolz. Demnächst ist er bei der „Essener Musical Night“ zu sehen und hören. Wie hat er sich vorbereitet? Als „Der Geist der Weihnacht“ im Jahr 2001 zum ersten Mal in Oberhausen aufgeführt wurde, war er schließlich noch gar nicht geboren? „Ich habe mir einige YouTube-Videos im Internet angeschaut“, erklärt Alex schon wie ein Profi. Mit den Video-Szenen wurde dann geübt - vor allem der Gesangsteil.
Auch Maja hofft, dass sie später in der Inszenierung dabei ist. Sie hat ebenfals schon Schauspiel-Erfahrung gesammelt. Beim Dreh zum Hollywood-Film „Die Tribute von Panem“ im Duisburger Landschaftspark war die junge Komparsin vor zwei Jahren dabei. „Leider war sie nicht im fertigen Film zu sehen“, erklärt Mutter Aylin. „Aber es gibt ein Foto von mir“, ergänzt Maja. Vielleicht kann sie ihre Sammlung um einen Schnappschuss von der „Geist der Weihnacht“-Bühne bald erweitern. Am Freitag, 29. November 2024, ist (Vor-)Premiere.
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