Oberhausen. Die Oberhausener Erziehungsberatungsstellen kümmern sich um Themen wie Scheidung und psychische Auffälligkeiten. Die Fallzahlen steigen.

  • Erziehungsberatungsstellen aus Oberhausen berichten von mehr Fällen
  • Schwerpunktthema ist weiterhin Trennung der Eltern
  • Nachfrage steigt wohl auch, weil Therapieplätze rar sind

Die drei Oberhausener Erziehungsberatungsstellen berichten erneut über eine hohe Nachfrage. Im Jahr 2023 bearbeiteten die Fachangestellten 2095 Fälle - 79 mehr als im Jahr davor. Vor allem die Zahl derer, die zum ersten Mal um Rat suchten, stieg sprunghaft an - von 1232 auf 1329. Das waren rund 250 Neuanmeldungen mehr als im Vor-Corona-Jahr 2020. Leiter Daniel Post vermutet, dass dies auch dem Mangelangebot in der Psychotherapie geschuldet ist: „Auf einen Therapieplatz müssen Erwachsene in Oberhausen eineinhalb bis zwei Jahre warten, Kinder zwischen sechs und neun Monate.“ In den Erziehungsberatungsstellen häuften sich die Anfragen mit therapeutischem Hintergrund. In der Regel können Kinder und Jugendliche nach etwa sieben Wochen eine regelmäßige Therapie oder Beratung nutzen.

Das Angebot der Erziehungsberatungsstellen ist kostenlos und hat ein breites Spektrum. Eltern können Rat in Erziehungsfragen suchen, aber auch die Experten kontaktieren, wenn sie sich scheiden lassen. Kinder und Jugendliche können bei Auffälligkeiten in Kita oder Schule hier Hilfe bekommen. Junge Menschen in Krisensituationen finden Ansprechpartner ebenso wie Geflüchtete, die Kriegstraumata verarbeiten müssen.

Therapieplätze Mangelware: Eltern gehen stattdessen zur Erziehungsberatungsstelle

Krisen gab es in den vergangenen Jahren gefühlt zuhauf. In der Pandemie lernten Kinder und Jugendliche in Distanz, wodurch die Verbindung zur Schule abgeschnitten wurde. Eltern mussten in Folge des Ukraine-Kriegs den gestiegenen finanziellen Druck schultern. Und Geflüchtete mit schlimmen Kriegserlebnissen suchten in einer fremden Umgebung Schutz und Halt. Daher kommen die Beratungsstellen auch zu dem Fazit, dass die Fälle in den vergangenen Jahren an Komplexität gewonnen haben. 29 Prozent der Fälle nehmen einen Beratungszeitraum zwischen sechs und neun Monaten in Anspruch. 19 Prozent der Menschen holten sich zwischen drei und sechs Monate lang Hilfe.

Dass mehr Menschen mit therapeutischen Fragen eine eigentliche Beratungsstelle aufsuchen, hängt wohl auch damit zusammen, dass es zu wenig Psychotherapeuten in Oberhausen gibt. Der Mangel findet sich auch in anderen Städten, weshalb die Psychotherapeutenkammer NRW in einer Stellungnahme für den Landtag appellierte, die Strukturen schleunigst auszubauen. Eine Studie aus Leipzig fand heraus, dass sich die Wartezeit für Kinder und Jugendliche seit Pandemiebeginn auf rund 25 Wochen verdoppelt habe. Die Vertreter der Psychotherapeuten in NRW fordern für die Altersgruppe der unter 19-Jährigen „dringende Konsequenzen“ hinsichtlich der Bedarfsplanung.

Oberhausen: 13 Fachangestellte kümmern sich um 36.000 Kinder

Der Mangel an Therapieplätzen bedeutet mehr Arbeit in den Erziehungsberatungsstellen. Dabei sind diese ohnehin unterbesetzt. Laut Tätigkeitsbericht für die politischen Ausschüsse sind die Fachstellen von Caritas, Diakonie und Stadt mit insgesamt 13 Mitarbeitenden ausgestattet. Dem dutzend Therapeuten stehen rund 36.000 Kinder und Jugendliche in Oberhausen gegenüber. Dabei sollten es mehr sein. „Eine Umsetzung dieses Standards erscheint nur realistisch, wenn sich, über die Kommune hinaus, Bund und Land stärker an der Förderung der Beratungsstellen beteiligen würden“, heißt es in dem Bericht.

Erfreulicherweise ist die Zahl der Scheidungen in NRW seit Jahren rückläufig. In Oberhausen wurden 2023 nur 265 Paare geschieden. Es ist der niedrigste Wert seit mehr als 40 Jahren. Dennoch nimmt das Thema einen großen Raum ein. Ein Drittel der ratsuchenden Eltern oder Kinder sind mit einer Trennungssituation konfrontiert. Wie in den Jahren davor sind die ökonomischen Verhältnisse nicht ausschlagend: 82 Prozent der Familien lebt überwiegend von ihren eigenen Einkünften. Die Mehrheit der Kinder ist in einer Kita oder besucht die Grundschule.

So erreichen Sie die Erziehungsberatungsstellen in Oberhausen:

  • Erziehungsberatungsstelle des Caritasverbandes Oberhausen: Tel.: 0208 9404460, montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr, freitags von 9 bis 13 Uhr.
  • Evangelische Beratungsstelle für Erziehungs-, Partnerschafts- und Lebensfragen im Diakoniewerk Oberhausen (dwo): 0208 8500870, montags von 8 bis 12 Uhr, dienstags und mittwochs von 8 bis 16.30 Uhr, freitags von 8 bis 12.30 Uhr
  • Psychologische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern der Stadt Oberhausen: 0208 610590, montags bis donnerstags von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16 Uhr, freitags von 8.30 bis 12 Uhr sowie nach Absprache.

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