Oberhausen. In manchen Praxen kann es Wochen und Monate dauern, bis man einen Termin bekommt. Ein Verhalten von Patienten führt da immer wieder zu Ärger.
Da hat gleich die halbe Familie einen Termin beim Facharzt ausgemacht. Doch wer erscheint zur vereinbarten Zeit nicht? Genau. Die Eltern und ihr Kind. Eine Absage ist ebenso wenig erfolgt. Ein ärgerliches Verhalten, wie viele Mediziner und Patienten finden. Das Zeitfenster hätten schließlich andere Leute gut nutzen können, die noch lange auf einen Termin warten müssen. Angesichts der wachsenden Zahl von säumigen Patienten kommt jetzt die Forderung auf, sie zur Kasse zu bitten.
Stark gefragte medizinische Geräte bleiben derweil ungenutzt
Was aber sagen heimische Ärzte zu dem Vorstoß und ist es mit den nicht eingehaltenen Terminen wirklich so schlimm? „Natürlich ist es nervig, wenn die Patienten einfach wegbleiben“, sagt Sebastian Griesau. Der Hausarzt ist neuer Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Oberhausen und damit Nachfolger von Stephan Becker.
Konkrete Zahlen, wie häufig davon heimische Praxen betroffen sind, liegen nach seiner Kenntnis nicht vor. Betroffen sind allerdings weniger die Hausärzte, erklärt der 40-Jährige, weil gerade auch in akuten Fällen noch am Tag selbst ein Termin ermöglicht werde. Anders sehe es bei Fachärzten aus, deren Terminkalender meist über Monate hinaus gefüllt seien. Wenn dann ein Patient einfach wegbleibe, führe das verständlicherweise zu erheblichem Verdruss. Gerade wenn auch stark gefragte medizinische Geräte in der Zeit ungenutzt bleiben, sei der Unmut vorprogrammiert.
Ärztesprecher hat Zweifel an der Wirksamkeit einer Ausfallgebühr
Eine Gebühr für versäumte Arzttermine sieht Sebastian Griesau dennoch kritisch. Ob sich dadurch das Verhalten der Patienten ändern lasse, bezweifelt der Mediziner. In seiner eigenen Praxis hat er sich für anderen Weg entschieden: Wer dreimal in Folge einen Termin verpasst, bekommt nicht noch einen weiteren. Das sei aber nur zwei Mal in den zehn Jahren, seit er an der Bottroper Straße praktiziert, geschehen.
Andere Zahlen nennt indes Lungenarzt Andreas Happel. Der Anteil nicht eingehaltener Termine liegt in seiner Praxis bei etwa zehn oder auch 15 Prozent. Ähnlich wie Griesau bekommt ein mehrfach säumiger Patient keinen neuen Termin. Wie der Oberhausener KV-Vorsitzende lehnt er eine Gebühr ab. „Ich unterstelle den Leuten keinen bösen Willen“, betont er und weist auch auf Schwächen im Gesundheitssystem hin, die zu solchen Folgen führen können.
Oberhausener Facharzt setzt für die Zukunft auf digitale Lösungen
Bis zu einem vereinbarten Facharzttermin gehen meist Wochen, wenn nicht sogar Monate ins Land. Da könne es durchaus passieren, dass jemand bis dahin Datum und Uhrzeit vergessen hat. Möglicherweise wollte oder konnte er auch nicht mehr so lange warten, hat sich mit seinen Beschwerden an den Hausarzt gewandt, aber beim Facharzt nicht abgesagt.
Bedenken sollte man auch, sagt Happel, dass aufgrund des Andrangs manche Praxen schlecht erreichbar seien und der Patient für eine Absage überhaupt nicht durchkomme. Nach Ansicht des Mediziners sollte viel stärker als bisher an digitalen Lösungen gefeilt werden, um die Handhabe der Termine zu verbessern, beispielsweise über Online-Kalender. Seine Praxis ist bereits dazu übergangenen, beispielsweise Patienten, die regelmäßig eine Allergiespritze brauchen, eine Terminerinnerung per Mail zuzuschicken.
Wenn Kardiologe Horst Franzen feststellt, dass Patienten häufiger Termine verpassen und dann doch eines Tages mal wieder erscheinen, „spreche ich sie schon auf darauf an“, erklärt der Mediziner. Nach seiner Einschätzung liegt die Quote der Versäumnisse in seiner Praxis zwar deutlich unter zehn Prozent, aber ärgerlich sei es immer wieder, wenn ein Patient fehle. Der Idee, eine Gebühr zu erheben, steht er sehr aufgeschlossen gegenüber. Ein gewisser finanzieller Druck könne durchaus die Menschen zu bringen, sich an Vereinbarungen zu halten.
Internist aus Oberhausen hat eine Gebühr bereits eingeführt
Internist Christoph Emschermann hat sie indes eingeführt. Eine Zahlungsaufforderung erhält ein Patient allerdings erst, wenn er mehrfach einen Termin hat sausen lassen. Vorausgegangen ist dann ein Gespräch, bei dem das Vorgehen schriftlich vereinbart wurde. Die Beträge liegen in der Regel mit mittleren zweistelligen Bereich. In den meisten Fällen haben die Patienten dann auch gezahlt, heißt es aus der Praxis.
Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein lässt sich ein „Ausfallhonorar“ rechtlich durchaus begründen. Der Mediziner macht dann einen Schadensersatzanspruch geltend. Dazu haben Gerichte auch schon mehrere Urteile gesprochen. Ein solcher Anspruch kann sich dann ergeben, wenn ein Termin weder rechtzeitig abgesagt noch wahrgenommen wird und nicht anderweitig vergeben werden konnte. Auch der KV liegen keine verbindlichen Angaben darüber vor, wie häufig Patienten fernbleiben. Sie geht von einer Quote von zehn Prozent aus, eine höhere Dunkelziffer wird nicht ausgeschlossen. Manche Praxen sprechen demnach sogar von 30 Prozent.