Oberhausen. Eigentlich sollten Glasfaser-Kunden die freie Wahl haben, mit welchem Anbieter sie einen Vertrag abschließen. Doch das hapert häufig.

Es schien wie ein Versprechen zu sein, als der Glasfaserausbau in Oberhausen begann: Wenn die Leitungen ver- und die Hausanschlüsse gelegt sind, soll sich jeder Kunde den Anbieter fürs Internet und Telefon frei aussuchen können. Doch so hundertprozentig funktioniert das nicht - zumindest derzeit.

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Keine der Oberhausener Mietparteien wollte auf das Angebot eingehen

Praktisches Beispiel: Die Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses aus Klosterhardt bekommt demnächst einen Anschluss vom Unternehmen Westconnect und das kostenlos. Die EON-Tochter hatte dort, wo sie Glasfaser verbuddelt, den Anschluss kostenfrei angeboten, vorausgesetzt ein Haushalt entscheidet sich innerhalb einer gesetzten Frist. Darauf war die Eigentümerin eingegangen. Ein weiteres Angebot kam aber nicht zum Tragen: Die Firma hätte nämlich auch noch für die Verkabelung im Haus gesorgt, ebenfalls kostenlos, vorausgesetzt mindestens ein Mieter würde einen Vertrag mit dem Anbieter fürs Internet und Telefon abschließen. Doch dazu fand sich keine der Mietparteien bereit, sie wollten bei ihrem Vertragspartner, in meisten Fällen die Telekom, bleiben.

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Deren Glasfaserangebote werden sie aber wohl vorerst nicht in Anspruch nehmen können. Denn mit Westconnect hat die Telekom noch keinen Nutzungsvertrag abgeschlossen und das wird wohl auch noch einige Zeit dauern. In rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen liegen die beiden Firmen offensichtlich meilenweit auseinander. „Eine Mitnutzung des Glasfasernetzes der Westconnect ist auch kurzfristig nicht absehbar“, sagt Telekom-Sprecher Maik Exner klipp und klar. Sein Kollege von der Westconnect, Stefan Riesberg-Delia, äußert sich zurückhaltender. Momentan komme die Telekom noch nicht ins Netz, aber demnächst schon. Andersherum werden in den Oberhausener Stadtgebieten, in denen die Telekom die Glasfaser verlegt hat, Kunden eben auch keinen Vertrag mit der EON-Tochter eingehen können. „Auch dafür fehlen die rechtlichen Voraussetzungen“, erklärt Exner.

PK Glasfaserausbau in Oberhausen
Daniel Böttcher und Robert Stein von Westconnect stellten im Frühjahr gemeinsam mit Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz und Dezernent Ralf Güldenzopf die Pläne zum Glasfaserausbau vor. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

In jedem Oberhausener Stadtgebiet nur eine Glasfaserfirma

Dabei soll eigentlich das Prinzip des „Open access“ gelten. Das heißt, die Netzbetreiber stellen ihre Kabel auch anderen Firmen zur Verfügung, um Kosten zu sparen und Dauerbaustellen zu vermeiden. Ansonsten müsste nämlich jeder Anbieter seine eigenen Leitungen in die Erde bringen. Das käme die Firmen teuer zu stehen und dürfte auch Bürgern auf die Nerven gehen.

In Oberhausen sind bislang drei Anbieter unterwegs, neben Westconnect und Telekom das Unternehmen Epcan, das aber mit den Ortsteilen Dellerheide und Waldhuck im Verhältnis einen eher kleineren Sprengel bedient. Laut Glasfaseratlas ist in der Stadt derzeit eine Abdeckungsquote von 34,9 Prozent erreicht, bis 2030 soll ganz Oberhausen mit Glasfaser erschlossen sein.

Es hat den Anschein, als hätte die Unternehmen die Gebiete in etwa unter sich aufgeteilt, um sich nicht ins Gehege zu kommen, was aber offiziell niemand bestätigt: Schaut man indes auf die Landkarte ist Westconnect eher in Schmachtendorf, Klosterhardt und Sterkrade, die Telekom in der Alt-Oberhausen, Marienviertel und Osterfeld vertreten. Es soll aber auch Stadtteile geben, in denen noch kein Unternehmen am Start ist, die Rede ist unter anderem von Styrum und Lirich.

Während Epcan noch keinen weiteren Netzanbieter im Gepäck hat, nehmen Westconnect und Telekom zwar andere Firmen huckepack, im Moment ist aber die Auswahl nun mal sehr begrenzt. Die EON-Tochter hat 1&1 (Versatel) und Novanetz aus Niedersachsen im Köcher, etwas üppiger kommt der Magenta-Riese daher. Er hat bereits Verträge mit Vodafone, 02, 1&1 und einigen Stadtwerken geschlossen. Weitere Anbieter sollen noch hinzukommen, sagen die Sprecher.

Anbieter haben noch alternative Lösungen im Programm

Wenn aber nun die Telefonriesen wie die Telekom, Vodafone oder 02 nicht flächendeckend mit ihren Glasfaserangeboten zum Kunden vordringen können: Müssen die Kunden nun wirklich warten, bis sich die Unternehmen irgendeines Tages geeinigt haben?

Um flott im Netz surfen zu können, muss es nach laut Telekom und Vodafone nicht in Gänze die neu verlegte lupenreine Glasfaser sein. Es bieten sich Alternativen an, die auf bestehenden Netzen aufbauen, wobei im Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Anschluss auch wirklich funktionieren würde. Vodafone kombiniert, etwas vereinfach gesagt, das vorhandene TV-Kabelnetz mit den ebenfalls verlegten Kupferkabeln. Das erlaubt eine Downloadgeschwindigkeit von maximal 1000 Mbit/s und ein Upload-Tempo von 50 Mbit/s, erklärt Sprecher Helge Buchheister. „Das ist für die meisten Verbraucher ausreichend“.

Die Telekom greift auf ihr eigenes Netz zurück, das zwar in der Fläche aus Glasfaser besteht, aber nicht bis zu den Häusern reicht. Dafür werden dann ebenfalls Kupferkabel genutzt. Das Downloadtempo beträgt 250 Mbit/s, Upload liegt bei 40 Mbit/s. Zum Vergleich: Glasfasertarife der meisten Anbieter bewegen sich zwischen 150/200 und 1000 Mbit/s.

Allerdings weisen Experten darauf hin, dass nicht allein die aktuelle Geschwindigkeit für Glasfaser spricht, die Technik lasse sich noch weiter ausbauen und sei zudem viel weniger störanfällig. Im Übrigen erklärt ein Sprecher von O2, dass der Kunde mit den skizzierten „Mischtechnologien“ kein Glasfaser-Erlebnis erziele. Das Unternehmen kommt in Oberhausen nur in Telekom-Gebieten zum Zuge.

Oberhausener kritisiert die Einschränkungen scharf

Die eingangs geschilderte Vermieterin hat gegenüber Verantwortlichen im Rathaus die begrenzte Auswahl des Anbieters scharf kritisiert. Die Stadt sieht ihre Hände gebunden. Es handelt sich, so das Argument, um einen freien Markt, auf den eine Verwaltung kaum Einfluss nehmen kann. Würde allerdings eine weitere Firma auf der Bildfläche erscheinen und Glasfaser in bereits „versorgten“ Gebieten verlegen wollen, hätte die Stadt kaum eine Handhabe Nein zu sagen. Ein ständiges Aufbuddeln der Straßen möchte sie jedoch vermeiden und hofft, dass die Unternehmen sich auf den „open access“, einen „offenen Zugang“ besinnen. Wenn noch gebuddelt werden muss, dann in Gebieten, die noch keine Glasfaser haben.

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