Oberhausen. Die Stadt Oberhausen befürchtet auf der Sterkrader Fronleichnamskirmes brutale Schlägereien von Rockerbanden, falls diese ihre Kluften tragen.

  • Die Stadt Oberhausen verbietet während der Fronleichnamskirmes (29. Mai bis 4. Juni 2024) die Kutten und Embleme von Rockergruppen.
  • Sie will mit diesem Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte von Besucherinnen und Besuchern vermeiden, dass sich verfeindete Rockerbanden identifizieren können - und sich durch Embleme und Losungen provoziert fühlen, Schlägereien anzufangen.
  • Die Stadt Oberhausen bewertet solche brutalen Auseinandersetzungen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Seit sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit seinen Polizeipräsidien konzentriert dem Kampf gegen Clan-Kriminalität widmet, sind die kriminellen Machenschaften von Rockerbanden aus dem öffentlichen Fokus geraten. Die Stadt Oberhausen sieht allerdings durchaus eine „konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“, wenn martialisch wirkende Rocker mit ihren Kutten und Emblemen aus verschiedenen Gruppen aufeinandertreffen.

Zum Schutz der breiten Öffentlichkeit greift sie deshalb zum Werkzeug des Verbots: Auf der diesjährigen Sterkrader Fronleichnamskirmes werden bekannte Embleme der Rocker verboten, so dass die Polizei gegen Mitglieder von Rockerbanden in Kutten vorgehen kann. Denn die Stadt sieht ansonsten die Gefahr, dass verfeindete Bandenmitglieder, erkennbar durch ihre Kennzeichen, gewalttätig aufeinanderprallen - und so unschuldige Besucher des ansonsten so fröhlichen Rummels Ende Mai und Anfang Juni gefährden.

Oberhausener Verbot von Kleidung greift in die Persönlichkeitsrechte ein

Weil solch ein Verbot von individuellen Kleidungsstücken schon ein Eingriff in die grundgesetzlich verbrieften Persönlichkeitsrechte eines jeden Einzelnen bedeutet, hat die Stadt Oberhausen ihre „Allgemeinverfügung“ zum „Trage- und Mitführverbot von Bekleidungsstücken mit Abzeichen, Emblemen, Schriftzügen, Colours oder sonstigen Kennzeichen“ von Motorrad-Banden eng gefasst und rechtlich ausführlich begründet. Sie wurde nun im aktuellen Amtsblatt vom 15. Mai 2024 auf immerhin zehn Seiten veröffentlicht.

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Das Verbot der Rocker-Kleidungsstücke gilt zeitlich und räumlich nur für das Gelände und die Dauer der Sterkrader Fronleichnamskirmes in der Sterkrader Innenstadt, nämlich von Mittwoch, 29. Mai, ab 10 Uhr bis Dienstag, 4. Juni, 2 Uhr morgens. Es betrifft nur Kleidung mit Kennzeichen der Bandidos MC, Hells Angels MC, Hells Angels MC Charter Hellgate, Satudarah MC, Outlaws MC, Gremium MC, No Surrender MC, Mongols MC, Red Devils MC Germany, Support 81, MC Guardians, Chicanos MC, Hermanos MC Germany, The Clan 81, Caballeros MC, Malditos MC, Blood Brothers MC, Crew 45, Brothers MC, Turkos MC, Osmanen BC, Germania SG, Chainbrothers MC, Black Jackets, United Tribuns und Freeway Rider’s. Oberhausen hat die bekannten Zeichen der Rocker sogar bildlich in ihre Allgemeinverfügung aufgenommen - damit keine Missverständnisse aufkommen.

Verboten sind auch bekannte Slogans der Rocker, wie beispielsweise „Respect Few, Fear None“ („Respektiere wenige, fürchte dich vor keinem“) und „Expect no mercy“ („Erwarte keine Gnade“). Auch das Tattoo „1%er“ oder „1%“ in einer Raute sind ausgeschlossen. Mit diesem Zeichen wollen die Rocker demonstrieren, dass sie zu der besonderen Gruppe der Gesetzlosen gehören, die Gewalteinsatz nicht scheuen. 

Gelten seit vielen Jahren als verfeindet mit den Hells Angels: Die Rockergruppe Bandidos. Sie müssen für einen Kirmesbesuch ihre Kutten ablegen.
Gelten seit vielen Jahren als verfeindet mit den Hells Angels: Die Rockergruppe Bandidos. Sie müssen für einen Kirmesbesuch ihre Kutten ablegen. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Marius Becker

Für die Bürger, die nicht tagtäglich interne Polizeidokumente verfolgen, ist das strikte Vorgehen der Stadt dennoch erstaunlich: Hat sich die Szene der Rockerbanden, noch vor wenigen Jahren in den Medien stetig präsent, nicht längst beruhigt?

Nein, meint die Stadt. „Nach einer Gefährdungsbewertung der Polizei ist die Rocker-Lage in NRW nach wie vor geprägt von Expansionsbestrebungen der Motorradclubs. Damit in Zusammenhang stehen Gefährdungslagen und Gewaltdelikte bis hin zu schwersten Körperverletzungs- und Tötungsdelikten. Es ist auch künftig jederzeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern verfeindeter Gruppierungen zu rechnen. Dabei entstehen auch Gefahren für Dritte. Eine Beruhigung der Lage ist nicht zu erwarten.“

Diese Prognose belegt das städtische Rechtsdezernat in der Allgemeinverfügung mit der Einschätzung, dass aktuell immer noch örtliche Brennpunkte mit den Rockern der „Hells Angels MC Nomads Turkey“ bestehen - nicht nur in Aachen, Bielefeld, Duisburg und Mülheim, sondern auch in Oberhausen selbst. Denn die Hells Angels hatten sich vor ein paar Jahren streitträchtig aufgespalten - in die „Nomads Turkey“ und in „Old School“-Anhänger. Seitdem beherrschen diese internen Konflikte die Höllenrocker. Zudem gelten die Hells Angels mit den Bandidos seit mehr als zehn Jahren als verfeindet - hier kann es „jederzeit aufgrund kurzfristiger Konfliktlagen zu schwersten Straftaten“ kommen.

Rockergruppen: Schlägereien, Messerstechereien oder sogar Schießereien

Die jahrelangen Erfahrungen der Ordnungskräfte mit den Rockergruppen haben gezeigt, dass Schlägereien, Messerstechereien oder sogar Schießereien dann geschehen sind, wenn die Rocker ihren Namen, ihr Symbol oder andere Kennzeichen zur Schau gestellt haben. Dies habe Mitglieder der verfeindeten Gruppen bewegt, gegen den jeweiligen Rocker vorzugehen. „Das Zurschaustellen des Namens, des Symbols oder sonstiger Kennzeichnungen einer Zugehörigkeit oder der Unterstützung einer solchen Gruppierung auf der Sterkrader Fronleichnamskirmes gewinnt damit eine Gefahrenqualität, die es zuverlässig abzuwehren gilt.“

Das Verbot der Rocker-Kutten betrachtet die Stadt Oberhausen als angemessen, weil so die Sicherheit für alle Besucher der Kirmes deutlich erhöht wird - bei gleichzeitig nach ihrer Einschätzung „relativ geringem Eingriff“ in die individuellen Persönlichkeitsrechte.

Sollte sich jemand dieser Allgemeinverfügung widersetzen, wird das teuer: Das Ordnungsamt der Stadt Oberhausen will hier von jedem Kutten-Träger 500 Euro an Zwangsgeld kassieren.

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