Oberhausen.. Vertreter von Stadt, Kirche, Awo, Integrationsrat und Firmen im Gespräch. Vor allem das Thema Wirtschaft und Arbeitsplätze beschäftigte die Besucher.
So wie es nicht den Einwanderer, den Flüchtling oder den Einwohner mit Migrationshintergrund gibt, so gibt es auch nicht den einen Weg, Menschen in die Stadtgesellschaft zu integrieren. Stadt, Schule und Wirtschaft sind hier besonders gefordert, wie das Stadtgespräch am Montagabend zeigte, zu dem VHS, Arbeit und Leben sowie die WAZ-Lokalredaktion eingeladen hatten. Im Mittelpunkt der Diskussion, zu der über 80 Interessierte ins Bert-Brecht-Haus kamen, stand dabei die Wirtschaft.
Angesichts des demographischen Wandels betonte Wolfgang Schmitz (Unternehmerverband) die Bedeutung von Zuwanderung und damit von Arbeitskräften, die künftig in die Renten- und Sozialkassen einzahlen. Wichtig seien aber drei Punkte: Das Beherrschen der deutschen Sprache und die berufliche Qualifikation, die ein Zuwanderer mitbringt, auf der einen Seite, der Abbau bürokratischer Hemmnisse auf der anderen, um sie auch einstellen zu können. Dass es in Oberhausen eine hohe Arbeitslosigkeit gibt, widerspreche einer Einwanderung nicht, denn: „Viele Arbeitslose sind Langzeitarbeitlose, haben nicht die erforderliche Qualifikation“, so Schmitz. Mangelhafte Qualifikation sieht er auch bei Schülern, weshalb Ausbildungsplätze nicht besetzt würden.
Schulen und Betriebe sollten enger zusammenrücken
Schuldezernentin Elke Münich plädierte dafür, dass Schulen und Betriebe enger zusammenrücken. Mit Blick auf die Flüchtlinge meinte sie: „Die Oberhausener sind offen. Die Stadt muss sich nicht verstecken.“ Weiterhin seien aber Anstrengungen erforderlich, Kinder und Jugendliche zu fördern und damit auch ihre beruflichen Chancen zu erhöhen.
Auch bei Migranten
Eine Furcht vor sozialem Abstieg, weil weitere Zuwanderer und Flüchtlinge als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt auftreten oder das Niveau in Kindergärten und Schulen drücken könnten, gibt es nicht allein bei Deutschen, sondern auch bei Familien, die vor Jahrzehnten nach Deutschland kamen. „Wir wissen, dass es Migranten gibt, die ihr Kind unbedingt in einer konfessionellen Kita anmelden möchten“, berichtete Sozialdezernentin Elke Münich. Bildungsbewusste Eltern suchten Einrichtungen bewusst aus, von denen sie sich eine bessere Bildung für ihre Kinder erhoffen.
Für eine deutliche Ausweitung der Beratungsangebote sprach sich Heike Breier (Awo) aus: „Weil immer mehr Menschen zu uns kommen.“ Unterstützung fand sie nicht nur bei Münich, sondern auch bei VHS-Leiterin Gesa Reisz, die Bund und Land in der Verantwortung sieht, die Kommunen stärker finanziell zu unterstützen.
Gründung eigener Unternehmen
Auf die steigende Zahl von Betrieben, die von Menschen mit Migrationshintergrund gegründet werden, wies Ercan Telli (Integrationsrat) hin. Für sie wünscht er sich eine Integration in bestehende Wirtschaftsverbände. Sie auf türkische oder andere ausländische Vereinigungen zu verweisen, sei nicht zielführend, sagte er in Richtung von Wolfgang Schmitz (Unternehmerverband).
Die Frage, ob es eine Parallelgesellschaft in Oberhausen gibt, beantwortete Ordnungsdezernent Frank Motschull mit einem eindeutigen „Nein“. Die Polizeistatistik belege, dass es keine signifikant höhere Kriminalitätsrate in der Gruppe der Flüchtlinge gebe. Probleme bereite allerdings ein kleiner Kreis von 50 bis 100 Menschen, die aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien kommen. „Da werden dann ordnungspolitische Maßnahmen ergriffen.“
Ercan Telli, dessen Eltern aus der Türkei stammen, lobte die Willkommenskultur in Oberhausen. In Richtung der Unternehmen allerdings sieht er Nachholbedarf: Menschen mit Migrationshintergrund hätten es immer noch deutlich schwerer, eingestellt zu werden, auch wenn sie die gleiche Qualifikation wie andere hätten. Die Bundesrepublik befinde sich aktuell in einem Reifeprozess, weil sie jahrzehntelang keine Einwanderungspolitik betrieben habe.
"Noch viel Luft nach oben"
„Bei der Integration gibt es noch viel Luft nach oben“, unterstrich auch Superintendent Joachim Deterding. Unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet sieht er große Vorteile durch Einwanderer: „Bei der zunehmenden Bedeutung der Freizeitwirtschaft ist Multi-Kulti von Vorteil.“
Heike Breier von der Arbeiterwohlfahrt berät seit vielen Jahren Migranten. Ihre Erfahrung: „Die Menschen wollen die Integration und sie wollen die deutsche Sprache lernen.“