Oberhausen.

Japanische Kultur und afrikanische Trommelkunst: Unterschiedlicher können Formen, sich auszudrücken, kaum sein. Sanft und einfühlsam die eine, laut und voller Energie die andere. Und doch haben sie etwas gemeinsam: eine magische Wirkung auf Menschen unterschiedlicher Nationen. Deshalb sind sie wie geschaffen als Kreativ-Projekte der Jugendbegegnung „Multi“.

Dort, wo Grünes und Schönes zu Hause ist, in der von Suthoffs zum Pflanzenparadies umgebauten ehemaligen Glasfabrik an der Hermann-Albertz-Straße, entführt Kazumi Wakamura junge „Multi“-Teilnehmer und Betreuerinnen aus Rumänien, der Ukraine, England, Estland, Polen und Oberhausen in ihre Heimat. „Dafür ist hier ein idealer Ort“, sagt die Japanerin. „Hier wachsen ja sogar Bäume.“

Himmel, Erde, Menschheit

Kazumi Wakamura ist bereits zum dritten Mal Projektleiterin eines „Multi“-Kurses. „1991 war ich zum ersten Mal hier, 2000 und 2004 leitete ich Kurse“, erzählt sie und dass sie dieses Mal die 16-jährige Tochter ihrer Freundin mitgebracht hat.

Mitgebracht hat sie auch Dinge, die für ihren Japankultur-Schnupperkurs wichtig sind wie das Kenzan, den Spezial-Steckigel fürs Ikebana. Dass es möglich ist, diese fast schon philosophische Pflanzen-Steckkunst innerhalb von wenigen Tagen zu erlernen, für die es in Japan Spezialschulen gibt, behauptet die Expertin nicht. Aber: „Man kann schon ein paar einfache Stile versuchen.“

Was ihre Kursteilnehmer bereits in die Schale gezaubert haben, sieht in der Tat schon sehr beeindruckend aus. Lukas (14) ist mit seinem Werk jedenfalls höchst zufrieden. „Hauptsächlich wollte ich eigentlich Origami lernen“, sagt er. Doch die Pflanzenkunst fasziniere ihn auch. „Das Dreieck ist wichtig“, erklärt er, „Himmel, Erde, Menschheit als Zentrum.“ Als Grundlage sei Bambus sehr geeignet. „Die Blumen, die man auswählt, sollten stabil sein“, ergänzt Karen (15). Sie hat Ihr Gesteck mit ein paar Blütenblättern aufgepeppt. „Aber das ist eigentlich nicht erlaubt, wir wissen das, es ist nur ein Spaß.“

Den lässt die Kursleiterin den jungen Leuten, obwohl sie ja gerade etwas ausprobieren, was in Japan sehr ernsthaft einstudiert wird. „Frauen besuchen häufig Ikebana-schulen vor ihrer Hochzeit.“

Süßes isst man dazu

Zum Japanischen Knigge gehört auch das richtige Genießen einer Tasse Tee. „Man muss sie zwei Mal drehen und dann von der Rückseite her trinken“, weiß Lukas. Ganz wichtig: Es ist grüner Tee ohne Zucker. „Das Süße isst man dazu.“

Die nächste japanische Lebenskunst heißt Kalligraphie. Als Mal-Unterlagen dienen Tageszeitungen. Die, lernen die Teilnehmer, kann lesen, wer etwa 3000 Schriftzeichen kennt. Es gibt aber mindestens 6000, weshalb es praktisch unmöglich ist, diese Schriftkunst vollkommen zu beherrschen. Die Anfänger sind froh, wenn es ihnen gelingt, den eigenen Namen so so aus Papier zu bekommen, dass die Lehrmeisterin sagt. „Ja, das ist sehr gut.“

"One, two, three four, again!"

„Sehr gut, ihr seid super!“, ruft auch Kursleiter Ingo Stanelle seinen Trommel-Schülern zu. Die haben gerade einen Galopp hingelegt, der sich anhört, als peitschten sie Pferde über einen Parcours. Wir befinden uns nun im Saal des Walzenlager-Kinos im Zentrum Altenberg und afrikanische Kultur ist Trumpf. Der Lehrmeister trommelt die Frage, die Kursteilnehmer antworten im rhythmischen Chor. Das ist sehr laut und mitreißend. „Und schmerzhaft“, sagt Elissa (12). Beim genaueren Hinschauen fällt auf, dass viele der zehn jungen Trommler Pflaster an mehreren Fingern tragen. Sie üben für einen Auftritt beider „Multi“-Abschlussparty. Die Rhythmen haben Namen wie Makru oder Djollé und sie klappen am zweiten Kurstag schon erstaunlich gut. „Das liegt am schnellen Lerntempo der Gruppe.“ Zeit zum Reden hat hier keiner. Stanelle: „One, two, three four, again!“ – und der Wirbel geht weiter.