Oberhausen.. Matthias Schriefl brachte mit Jazz-Standards das Gdanska zum Kochen. Die „Supersession à la Kuro“ war ein voller Erfolg fürs Jazzkarussell.
Eine Taube wurde im Gdanska nicht gesichtet – was hätte sie auch von einem Konzert gehabt? Folglich schwebte unsichtbar der Geist von Walter Kurowski über dem vom Jazzkarussell als „Supersession à la Kuro“ annoncierten Abend, der sich zur Freude aller Beteiligten als fabelhafter Publikumsmagnet erwies. Weshalb die beiden Service-Kräfte im rappelvollen Gdanska-Saal Schwerstarbeit zu verrichten hatten und kaum mit dem Bier nachkamen.
Nun stand mit dem 1981 im allertiefsten Allgäu geborenen Matthias Schriefl aber auch ein Jazzer auf der Bühne, der wie kein zweiter das bayrische Adelsprädikat „a verruckta Hund“ verdient. Ein Trompeten-„Gott“ sondergleichen, humor- und spielbegabt wie sonst nur sein österreichischer Kollege Thomas Gansch von „Mnozil Brass“.
Ein Alphorn auf Abwegen
Und was machte der Wahl-Kölner als erstes? Bauarbeiten, was sich zu einem weit in den Saal reichenden Alphorn auswuchs. Die gewaltige Tröte wäre übrigens, wie der famose Bläser mit dem Charme des geborenen Alleinunterhalters später verkündete, nachmittags im Kölschen Karnevalstrubel beinahe verschütt gegangen. Mit Mühe entriss Schriefl das Alphorn den „aus dem 18. Jahrhundert stammenden Fundbüro-Beamten“.
Aberwitzig grollende Trompete
Was ein Glück für alle Session-Gäste! Servierte der 36-Jährige doch auf dem ewiglangen Naturhorn mit sagenhafter Eleganz einen so noch nie gehörten Klassiker, den guten alten „C-Jam Blues“ von Duke Ellington. Fabelhaft begleitet von Clemens Orth am Flügel, der sich im Laufe des Abends als ausgesprochen delikat aufspielender Erzähler des „Great American Songbook“ erwies. Satt geerdet am Bass von Norbert Hotz und mit subtiler Raffinesse rhythmisch befeuert vom eher unscheinbaren, aber wirkmächtigen Rolf Drese am erfreulich leise bedienten Schlagzeug. Erster Höhepunkt: Eine – wohlgemerkt: zweckdienliche – Virtuosen-Einlage auf Alp- und Flügelhorn im Doppelpack, womit jeder Anflug von Blues endgültig hinweggeblasen wurde.
Was folgte, war in opulenter, nie geschwätziger Ausführlichkeit eine Tour de force durch des Jazzers Lieblings-Hitparade. Wobei nicht nur Schriefl alle Facetten seines Ausdrucksvermögens zeigte. Von gefühlvollen Balladen wie dem duftig auf dem Flügelhorn intonierten „Blue Moon“ bis zu aberwitzig grollender Trompete à la Bubber Miley beim knackig inszenierten Ellington-Klassiker „Caravan“. Diesem Feuerwerk großer Emotionen merkte man kaum einmal an, dass diese vier Musiker zum ersten Mal gemeinsam auf einer Bühne standen.
Fast schon Helge-mäßig
Tosender Jubel des faszinierten Publikums, dem Clemens Orth, der durchgängig großartige Mann am Klavier, obendrein das nur selten zu hörende „Have You Met Miss Jones?“ mit beachtlicher Stimme zu Ohren brachte.
Einfach nur witzig dagegen der von Matthias Schriefl („wegen dem Black“) als „Song aus dem Ruhrpott“ angekündigte Rausschmeißer „Bye Bye Blackbird“, dessen eingängige Melodie der Allgäuer fast schon Helge-mäßig sang, was eine nun wahrlich superbe „Super-Session à la Kuro“ echt lässig ausklingen ließ.
>>>Jazzkarussell zeigt Perle des Musikfilms
Zum zweiten Mal zeigt das Jazzkarussell am Donnerstag, 8. Februar, um 20 Uhr im gemütlichen Gdanska-Theater eine Perle des Musikfilms: „Jimmy Scott: If you only knew“ erinnert an den als James Victor Scott (1925 bis 2014) geborenen Swing-Sänger mit der hohen Countertenor-Stimme. Der 1,50 m kleine „Little“ Jimmy Scott glänzte in den Clubs der 1940er und ‘50er Jahre, geriet dann in Vergessenheit – um in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten wieder als hipper Jazz-Act gefeiert zu werden.
Der Eintritt kostet 6 Euro, für Schüler und Studenten 3 Euro, online jazz-in-oberhausen.de