Warum eine nicht standesgemäße Liebes-Heirat zum Bau des Schlosses Oberhausen führte.
Da steht es: tagtäglich im altrosa Festtagsgewand, eingebettet zwischen Industrie und Natur, zwischen Schnellstraße und Park, dem Gestern und Heute. Ein Wahrzeichen der Stadt – beherbergt das Schloss Oberhausen mit der Ludwig Galerie eine Perle des Kunstbetriebes. Gerade eben sorgte der Prachtbau Schloss für Schlagzeilen, weil er ein wenig in die Jahre gekommen ist, Renovierungsarbeiten anstehen.
Sanierung? Wann wurde das Schloss denn eigentlich erbaut? Das prächtige Gebäude kennt jeder. Aber seine Geschichte? Nur kurz vorweg schon mal so viel: Am Anfang war in diesem Fall – wenn auch nicht im biblischem Sinn – das Wort. Genaugenommen das Ja-Wort, das sich Maximilian Friedrich von Westerholt-Gysenberg und die illegitime Tochter des bayerisch-pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz, Friederike Karoline von Bretzenheim, 1796 gaben. „Das war wohl eine Liebesheirat“, sagt Christine Vogt, Direktorin der Ludwig Galerie. Ungewöhnlich für diese Zeit. Für Maximilian Friedrichs Vater, Friedrich Adolf von Westerholt-Gysenberg, war diese nicht standesgemäße Verbindung Anlass, seinen Sohn von der Erbfolge auszuschließen und ihm später lediglich die verfallene Wasserburg Oberhausen zu überlassen.
Einst eine Wasserburg
Fotos zeigen 150 Jahre Oberhausen
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Aber erst mal von Anfang an: In einer Broschüre zur Historie des Schlosses schreibt Ulrich Schäfer: „Der Rittersitz Oberhausen – in den Schriftquellen Overhaus, Overhuysen oder Averhus – war eine Wasserburg, die ca. 200 Meter flussaufwärts von dem heutigen Schloss eine Furt durch die Emscher kontrollierte.“ Die Burg sei vermutlich im 12. oder 13. Jahrhundert erbaut worden. „1443 ging das klevische Lehen an die Familie von der Hoven, 1615 gelangte Conrad von Boenen in den Besitz der Burg“, heißt es in der Broschüre weiter. Schließlich heiratete Friedrich Adolf Freiherr von Boenen zu Berge und Oberhaus 1770 Wilhelmine Franziska von Westerholt-Gysenberg, die Erbin von Schloss Berge in Gelsenkirchen-Buer. Der Freiherr nahm Namen und Wappen der Familie seiner Frau an. Die Familie lebte im Schloss Berge, die Wasserburg Oberhausen verfiel.
Sie verrottete bis eben jene Liebesheirat ihr zu neuem Glanz verhalf. Das heißt, bis zur Geburt des ersten Sohns Karl Theodor 1799, lebten Maximilian Friedrich und Friederike Karoline von Westerholt-Gysenberg zunächst in Süddeutschland. Erst danach übergab Maximilians Vater der jungen Familie das verfallene Rittergut als Wohnsitz. Weil die Burg unbewohnbar und das Geld knapp war, zog die Familie zunächst in die Posthalterei bei der Brücke über die Emscher.
„Maximilian hat sich dann selbst hochgearbeitet“, erzählt Christine Vogt. Die Wohnung in der Posthalterei wurde als nicht standesgemäß empfunden. Vogt: „Maximilian wollte ein respektables Schloss haben.“ Es kam 1803 zu Kontakten zu dem Münsteraner Architekten August Reinking, der noch im gleichen Jahr erste Baupläne vorlegte.
Wohlstand gemehrt
Und dann ging es los. Da nicht nur seine Dienste als Oberstallmeister des Großherzogs von Berg, Joachim Murat, aus denen Maximilian 1808 „hoch geehrt und reich dekoriert ausschied“, sondern auch die zum Schloss gehörende Landwirtschaft den Wohlstand der Familie mehrte, wurden zunächst die Wirtschaftsgebäude gebaut: heute „Kleines Schoss“, Gedenkhalle und Gastronomie.
Grundsteinlegung für den Bau des Hauptschlosses war am 7. September 1812. Trotz nun reichlich vorhandener finanzieller Mittel wollten die Arbeiten am Haupthaus jedoch nicht so recht voranschreiten. Und dann der Rückschlag. Am 2. März 1815 stirbt Gräfin Friederike Karoline von Westerholt-Gysenberg überraschend im Alter von 44 Jahren. „Ein Schock für den Ehemann. Er hat das Interesse am Schloss verloren“, weiß Galerie-Leiterin Vogt. Dennoch wird der Komplex fertiggestellt. 1821 sind alle Arbeiten abgeschlossen. Allerdings: mit nur einem Seitenflügel, dem südlichen.
Bergbau setzte dem Schloss zu
Die Geschichte des Schlosses war auch nach dem Zweiten Weltkrieg eine bewegte. Im Krieg wurde besonders der Mittelbau der Ökonomiegebäude beschädigt. In den Jahren 1952/53 erfolgte ein Wiederaufbau. Da existierte im Schloss bereits eine Galerie. Christine Vogt, Leiterin der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen: „1947 hat sich die Stadt für eine städtische Galerie entschieden. Was ungewöhnlich war, weil in der Stadt alles in Schutt und Asche lag.“ Oberhausen wurde im Zweiten Weltkrieg zu über 90 Prozent zerstört.
Nach dem Krieg war es schließlich der Bergbau, der dem Schloss zusetzte. 1953 wurde das Gebäude aufgrund von Bergschäden für baufällig erklärt. Das Wahrzeichen Oberhausens wurde 1958 abgebrochen und original nach den Plänen des Architekten August Reinking wieder aufgebaut. Diesmal sogar mit dem bis dato fehlenden Nordflügel. 1960 feierte Oberhausen die Wiedereröffnung des Schlosses. Heute befinden sich in den Gebäuden neben der Ludwig Galerie auch die Gedenkhalle, der Trausaal und die Artothek. Auf der Hofseite verbinden sich der Charme vergangener Zeiten und modernes Flair mit der „Vitrine“, dem 1997 bis 1998 vom Düsseldorfer Architektenbüro Eller & Eller errichteten Foyer.
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