Oberhausen.. Erschreckende Zahlen: 38 Kinder mussten die Mitarbeiter des Jugendamtes in Oberhausen im Jahr 2012 sofort aus den Familien nehmen. Denn für sie bestand akute Gefahr für Leib und Leben. Informiert wird das Amt häufig von Nachbarn, Verwandten, der Schule oder den Kindern selbst.

Die Zahlen sind erschreckend und dank der neu eingerichteten Datenerhebung von Land und Bund erstmals für 2012 so detailliert wie nie: 180-mal griffen die Mitarbeiter des Jugendamtes in Oberhausen ein: 38-mal holten sie Kinder sofort aus ihren Familien, weil akute Gefahr für Leib und Leben bestand.

28 Kinder baten selbst um eine andere Unterbringung, weil sie es zu Hause nicht aushielten. Bei 114 Kindern erkannten die Fachkräfte ebenfalls eine Gefährdung (etwa Ausreißer, minderjährige alleinreisende Flüchtlinge). Informiert wurde das Amt meist von Nachbarn, Verwandten oder Mitarbeitern aus Schule, Kindertagesstätte, offenem Jugendtreff.

„Bei einer solchen Meldung fahren wir sofort raus“, betonen die Jugendamtsmitarbeiter Björn Ladeur und Birgit Remy. 90 Kinder seien unter 14 Jahren gewesen, 90 zwischen 14 und 18 Jahren. Mal seien sie von Verwandten aufgenommen worden, mal in einem Heim oder einer Bereitschaftspflegestelle untergebracht worden.

Bereits im Verdachtsfall einschalten

Weil die Hemmschwelle einer solch offiziellen Meldung nach Paragraph 42 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (Inobhutnahme) aber groß ist, wurde im Oktober 2010 mit dem Paragraphen 8a eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, die den Schutzauftrag bei einer Kindeswohlgefährdung erweiterte. „Damit wurde ein niederschwelliges Angebot geschaffen, das uns dabei hilft, schon im Verdachtsfall genauer hinzusehen“, sagt Remy.

Eine Taktik, die sich bewährt hat. Allein im Jahr 2012 konnten die insgesamt 60 Jugendamts-Mitarbeiter so zusätzlich 325-mal aktiv werden. In immerhin 73 dieser Fälle stellten sie tatsächlich ebenfalls eine akute Gefährdung der Kinder fest (23 davon waren unter drei Jahren). 49-mal lag eine latente Gefährdung vor, 71-mal sahen die Mitarbeiter zumindest einen Hilfebedarf für die betroffenen Familien. Dabei erlebten sie immer wieder: Gewalt gegen Kinder zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten.

„In 132 Fällen erwies sich der Verdacht zum Glück als falsch“, fasst Ladeur zusammen.

Hinweise von Nachbarn

Die meisten Hinweise kamen hier von Nachbarn und Bekannten, aber auch von der Polizei und aus der Schule. Viele Melder (insgesamt 43) wollten anonym bleiben. „Das dürfen sie auch, wenn sie bereit sind, wenigstens uns ihren Namen zu nennen“, versichern Ladeur und Remy.

114 Kindern vermittelte das Amt eine Erziehungsberatung oder brachte sie in ambulanten Hilfen unter wie der teilstationären Hilfe zur Erziehung oder in einer betreuten Wohnform für Mütter/Väter und Kinder. 33 Kinder mussten stationär behandelt werden. In insgesamt 25 Fällen schalteten die Jugendamtsmitarbeiter das Familiengericht ein.