Oberhausen.
Bei der Kritiker-Umfrage der renommierten Fachzeitschrift „Theater heute“ landete das Theater Oberhausen hinter dem „Schauspiel Köln“ auf den zweiten Platz - ein bundesweiter Image-Gewinn.
Dass sich 44 Kritiker irren, sei schon aus Wahrscheinlichkeitsgründen ausgeschlossen, weshalb der jährlichen Kritiker-Umfrage fast göttliche Unfehlbarkeit zukomme, unterstreicht die Fachzeitschrift „Theater heute“ den Stellenwert ihrer Kunst-Urteile des Jahres. Unumstritten ist demnach auch: Das Oberhausener Theater rangiert in der deutschsprachigen Bühnenlandschaft ganz oben - zusammen mit Dresden und HAU Berlin auf dem zweiten Platz.
Die Begeisterung des Intendaten
„Es ist die Begeisterung, allen voran die des Intendanten“, begründet Jury-Mitglied Wolfgang Höbel, der für den Spiegel schreibt, warum er für das Oberhausener Theater gestimmt hat in der Kategorie „Gesamtleistung eines Theaters in der Saison“. Mit Enthusiasmus gehe die gesamte Mannschaft zu Werke. „Die Fritsch-Inszenierungen habe ich alle gesehen, da ist mir das Herz aufgegangen. Das muss an dem Theater liegen. Und als Fremder freut man sich natürlich auch, wenn man durch ein Außenprojekt die Stadt kennenlernen kann.“
Höbel, der in Hamburg wohnt, wird wieder kommen, auch wenn er in der nächsten Spielzeit nicht mehr Jury-Mitglied sein wird, weil man dem Wertungs-Gremium nur für drei Jahre angehören darf.
Einladung zum Theatertreffen
Was zeichnet unser Theater aus, wie hat es den Sprung aufs Siegertreppchen geschafft? Ein Herbert Fritsch und eine Nora reichen nicht aus, um eine Medaille zu gewinnen. „Interessante Stücke, interessante Regisseure und ein Ensemble, das so gut ist, dass man anderswo nicht glaubt, dass solche Schauspieler aus der Provinz kommen“, sagt Gerd Lepges, der Vorsitzende des Freundeskreises des Theaters. „Das hatten wir übrigens immer schon, doch die Einladung zum Theatertreffen hat uns ins Gespräch gebracht.“
Ein Intendant, der es versteht, aus Geldnot eine Tugend zu machen und Doppelinszenierungen auf die Bühne bringt, Motto: zwei Stücke, ein ein Bühnenbild, ein Team. Der Musiktheater neu erfinden lässt und zum Beispiel eine Carmen als Schauspielversion auf die Bühne bringt oder theatralische Konzerte. Sowas funktioniert, weil es in Oberhausen Otto Beatus, den musikalischen Leiter gibt und Schauspieler, die wahnsinnig gut singen können.
Gutes Arbeitsklima
Apropos Schauspieler: Dass es in der neuen Spielzeit nur zwei Neuzugänge gibt, das Ensemble also nahezu unverändert bleibt, führt Lepges auf ein gutes Arbeitsklima zurück. „Offensichtlich ist der Intendant mit seinem Team zufrieden“ - und umgekehrt.
Dass in unserer Stadt niemand eine Chance habe, der arrogant sei, verstehe sich von selbst. „Die Schauspieler sind immer vor Ort, haben regen Kontakt zu den Zuschauern, es gibt einen Austausch zwischen Ensemble und Publikum.“ Was durch das Falstaff als idealen Treffpunkt und dadurch begünstigt wird, dass die meisten Schauspieler im Umkreis des Theaters wohnen.
Doch wird man auch der jungen Generation gerecht, tut man genug dafür, dass der Theater-Fankreis Nachwuchs bekommt?
Kino mit richtigen Schauspielern
Lepges: „Nach ,Mio mein Mio’ hat ein kleiner Junge gesagt, dass er im Kino mit richtigen Schauspielern gewesen sei. Das hat mir richtig gut gefallen.“ Die Spielwerkstätten für junge Leute und neuerdings auch für das Alter 50 plus sowie Projekte locken mit ihren Aufführungen neue Fans ins Theater.
Es könnten mehr sein und sie könnten - so wie es der Iphigenie gelingt - ruhig zahlreicher aus den Nachbarstädten kommen. Schließlich haben weder Duisburg noch Bottrop ein eigenes Schauspielhaus. „Das Kirchturmdenken ist im Ruhrgebiet eben sehr ausgeprägt“, erklärt Lepges, dass man sich schwer tue, Grenzen zu überschreiten. Daran habe nicht einmal das Kulturhauptstadtjahr viel geändert.
Was RUHR.2010 nicht geschafft hat...
Was die Ruhr 2010 nicht schaffte, vermag ja vielleicht eine Kritikerumfrage. „Nora oder ein Puppenhaus“ steht als Wiederaufnahme im neuen Spielplan und Herbert Fritsch bringt mit „Emilia Galotti“ seinen ersten deutschen Klassiker auf die Bühne - hier bei uns in Oberhausen.