Oberhausen. Im großen Party-Zelt tanzt das Feiervolk. „Wingenfelder“ spielen Klassiker. Derweil wuchten in Schmachtendorf starke Männer einen Maibaum in die Höhe.
Durch das Gesicht huscht der kräftige Strahl des Lichtkegels. Alle Neune? Eine Gruppe feierwütiger Maitänzer, allesamt Anfang 40, hat im Music Circus Ruhr den Anschluss verloren. „Eigentlich waren wir mal mehr“, stellt Holger Backhaus fest, der sich aber im Kreis seiner Schwof-Kollegen beim Tanz in den Mai nicht als Anführer fühlt. „Ich habe nur die Karten im Internet bestellt“, sagt er und winkt ab. „Hier drin muss dann jeder selber schauen, wo er bleibt.“ Später werden sie sich wiedertreffen.
Dass hier keine Teenager feiern, erkennt man am frühen Tanzverlangen: Schon um kurz nach 21 Uhr wird am Schulte-Ostrop-Park der Stehplatz knapp. Die Gruppe „Wingenfelder“ steht auf der Bühne. Sie kennt die Zeltplane des kultigen Disco-Wigwams noch aus den 80er und 90er Jahren. Damals spielten Kai und Thorsten Wingenfelder als Köpfe von „Fury in the Slaughterhouse“ die Hitparaden und auch den Music Circus Ruhr schwindelig.
Heute mischen sie ihre Songs durch. Neu. Alt. Retro-Melange. Nach einer Stunde flottem Nostalgiekonzert punkten aber vor allem die Klassiker „Won’t Forget These Days“ und „Time to Wonder“. So richtig wundert das nicht. 3500 Fans stimmen sich auf eine lange Nacht ein. Und die setzt auf Erinnerungen. Erinnern ist sowieso ein gutes Stichwort. „Wo war gerade noch meine Verzehrkarte?“ Manche kramen an den Bierständen nach dem Stück Hartpapier. Der Gerstensaft fließt verhältnismäßig schnell. Die Pfandrückgabe erweist sich allerdings als (viel zu) langwieriges Unternehmen.
Wo ist die Verzehrkarte?
Ansonsten: viel Spielfreude! Karawanen umrunden die Tanzflächen-Manege, setzen sich an putzige Cocktail-Tische und sinnieren, wie das war, als damals in der Warteschlange manches Pärchen beim Vorab-Knutschen die Zeit überbrückte. Vor drei Jahren wagte sich die Kult-Disco (1987 bis 1996 gegenüber des Stadions Niederrhein) mit Revivalpartys zurück, bisher immer ausverkauft. Diesmal bauten die Macher ein zweites Zelt an. Musikalisch wird geteilt. Drüben: damals. Hier: heute.
Szenenwechsel: Auf dem Schmachtendorfer Marktplatz kämpft sich der Blick früher am Abend nicht an bunten Lichtstrahlern vorbei, sondern richtet sich skeptisch gen Himmel. „Zieht die schwarze Wand vorbei?“ Sie zieht. Was vor allem die Besatzungen an den neu aufgestellten Bierwagen freut.
Zuvor trugen 50 Vertreter aus den Ortsteilen, darunter Kaufleute und der Bürgerschützenverein Schmachtendorf, den Maibaum zum Marktplatz. Tradition zum Anpacken. Der Tanz über das Steinpflaster startet und gibt den Blick auf selbst gekürte Maiköniginnen frei. Welche Wonne!