Oberhausen.. Seit 20 Jahren schon gibt es das Egon-Berchter-Haus der Lebenshilfe an der Hönnestraße für geistig behinderte Menschen.
„Das Leben im Egon-Berchter-Haus ist farbenfroh.“ Schon am Eingang empfängt Besucher dieser Satz auf einem bunten Plakat. In einer kleinen Sitzgruppe gleich um die Ecke tauschen zwei jüngere Bewohner Erlebnisse vom Pfingstwochenende aus, während die Rentnergruppe in der Wohnküche mit ihrer Gruppenbetreuerin überlegt, ob das Wetter wohl stabil genug für einen längeren Spaziergang ist: Alltag im Egon-Berchter-Haus an der Hönnestraße. Seit genau 20 Jahren finden in dieser Lebenshilfe-Wohnstätte Menschen mit einer geistigen Behinderung ein Zuhause – und die Lebensbegleitung, die sie brauchen, um ihren Alltag möglichst selbstbestimmt meistern zu können. Aktuell leben dort 29 Erwachsene in vier Wohngruppen. Jeder hat ein Zimmer für sich, daneben gibt’s in jeder Gruppe einen Wohnraum und eine Gemeinschaftsküche.
So viel Hilfe wie nötig
Die Unterstützung, die die Bewohner des Hauses brauchen, ist individuell sehr unterschiedlich: Der eine braucht Hilfe beim Zähneputzen oder Duschen, die andere beim Lesen, beim Ordnung halten, oder, oder. „Miteinander – füreinander – voneinander“ ist das Motto der Lebenshilfe Oberhausen. Jeder kann und soll sich in die Gemeinschaft einbringen, soweit es möglich ist, und bekommt die Hilfe, die nötig ist. „Und alle lernen in der einen oder anderen Weise auch voneinander“, ist Susann Terjung, stellvertretende Leiterin des Hauses, überzeugt, dass das Motto der Lebenshilfe auch auf die Wohnstätte zutrifft, die den Namen des ersten Lebenshilfe-Vorsitzenden trägt: Egon Berchter.
Große mit Fotos und Symbolen versehene Wochenpläne zeigen, welcher Bewohner in der jeweiligen Wohngruppe an welchem Tag den Tisch deckt oder den Müll rausbringt, welcher Betreuer an welchem Tag als Ansprechpartner da ist, wann es zum Leseclub geht oder Ehrenamtliche zum Spielenachmittag ins Haus kommen.
Vor allem für die immer mehr werdenden Rentner der Wohnstätte ist Tagesstruktur zunehmend wichtig. Knapp zwei Drittel der Bewohner arbeiten in Werkstätten der Lebenshilfe, werden morgens abgeholt und nachmittags wieder gebracht – ein gutes Drittel der Menschen, die meist schon vor 20 Jahren hier einzogen sind, ist aber mittlerweile in Rente. Darauf musste sich das Team einstellen.
„Wir haben dann 2007 die Rentnergruppe gegründet, da waren schon sieben unserer Bewohner nicht mehr berufstätig“, erzählt Yvonne Knedlik, die seit 15 Jahren diese Lebenshilfe-Einrichtung leitet. „Der Bedarf nach einer verlässlichen Tagesstruktur ist entsprechend gewachsen.“
Denn so ist das Haus schließlich gedacht: Es soll seinen Bewohnern die Möglichkeit bieten, dort zu leben, während sie in den Werkstätten arbeiten, dort aber auch in Würde alt werden zu können – und bleiben zu dürfen, bis zuletzt. Mit dem steigenden Alter der Bewohner hat das Thema Älterwerden und Leben im Alter dort in den vergangenen 20 Jahren an Bedeutung gewonnen. Deshalb gibt es inzwischen eine Menge Aktivitäten, die den Tag der nicht mehr Berufstätigen strukturieren – Spaziergänge, gemeinsames Kochen, gemeinsame Einkaufsbummel. Alles Angebote, kein Muss.
Ein 40-köpfiges Team
Die Bewohner sollen möglichst so leben können, wie es ihren Bedürfnissen und Vorstellungen entspricht: „Die Arbeit ist personenzentrierter geworden“, beschreibt Knedlik, wie sich das Konzept der Arbeit mit behinderten Menschen über die Jahre verändert hat – weg von Zeiten der Gruppenorientierung, in denen alle die gleiche Freizeitgestaltung „verordnet“ bekommen haben: „Wie kriegen wir’s hin, dass alle 29 Individuen möglichst nach ihrer Auffassung leben und zufrieden sein können?“, laute inzwischen die Leitfrage für die 40 Mitarbeiter im Team des Egon-Berchter-Hauses. Der Großteil von ihnen ist in der pädagogischen Arbeit beschäftigt, daneben sorgen Hauswirtschafterinnen, Reinigungskräfte, Verwaltungskräfte und andere dafür, dass es rundläuft.
20 Jahre Egon-Berchter-Haus: Das wird gefeiert. Am Samstag, 30. Juli, soll der runde Geburtstag mit Nachbarn und anderen Menschen aus dem Stadtteil mit einem Sommerfest gefeiert werden. Jeder, der Lust hat, ist eingeladen, vorbeizuschauen.