Mülheim. Besonders an Weihnachten wiegt die Trauer schwer. Eine Mülheimer Trauer-Begleiterin erklärt, was das mit unserem Verhältnis zum Tod und dem „Highlander“ zu tun hat.
„Die meisten Menschen glauben, dass Trauer etwas ist, was verarbeitet wird und irgendwann ist es gut.“ Dass das nicht so ist, erfährt Familientrauerbegleiterin Kerstin Altenrath jeden Tag. Erst vor kurzem hat sie eine Frau begleitet, die vor fünf Jahren ihre Mann verloren hat. „Jetzt sind die Kinder ein wenig älter und sie hat Zeit, sich um ihre eigene Trauer zu kümmern. Bis jetzt musste sie einfach weiter funktionieren.“
Da ist aber auch die ältere Dame, die vor langer Zeit schon ihren Mann verloren hat, und jetzt, wo im Freundeskreis alle Goldhochzeit feiern, spürt sie, dass sie ihre Gedanken und Gefühle teilen möchte. Mit jemandem, der sich auskennt, jemand wie Kerstin Altenrath.
Die Mülheimerin sagt: Trauer ist wie ein Stein
Wenn man die Mülheimerin fragt, wie man sich Trauerarbeit vorstellen muss, greift sie zu einem Stein, den sie in ihrer Handfläche wiegt. „Trauer ist ein großer Felsen, den wir beackern und klein schleifen, aber etwas bleibt immer übrig.“ Wenn man sich in ihrem Büro umsieht, entdeckt man viele Spuren dieser, ihrer Arbeit.
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Dazu gehört auch der Pflasterstein in Würfelform, der von allen Seiten bemalt ist. Da ist eine Sonne zu sehen, aber auch Wolken und Regen. „Diesen Stein habe ich mit einem Kind bemalt, das zu mir kommt. Die Seite, die oben liegt, drückt das aktuelle Gefühl aus.“
Kleine Rituale helfen, mit der Sehnsucht umzugehen
Ich kann lernen, mit meiner Trauer zu leben - das ist die Botschaft, die Kerstin Altenrath vermitteln will. Gerade zur Weihnachtszeit, wenn vielleicht sogar zum ersten Mal ein geliebter Mensch fehlt, kommt der Verlust manchmal mit Wucht zurück. Ihr Tipp: „Den geliebten Menschen in das Weihnachtsfest integrieren, bloß nicht versuchen, zu verdrängen.“
So könne man vor der Bescherung eine Blume auf dem Friedhof niederlegen und bewusst ein wenig Zeit in Gedanken mit dem Verstorbenen verbringen. Oder man kann sich gegenseitig von gemeinsamen Erlebnissen erzählen. „Sich der Trauer in dem Moment hinzugeben, kann wie eine kleine Reinigung sein. Und danach darf aber auch gefeiert werden.“ Ein ganz besonderer Tipp von ihr: „Man kann auch vom Grab ein kleines Ästchen mitbringen und in den Baum stecken.“
Der Tod des Partners ist der Beginn eines neuen Lebens
Gerade bei Paaren, die einen sehr langen Lebensweg miteinander gegangen sind, ist es schwer, die vertrauten Traditionen allein zu begehen. „Der Tod des Partners ist dann nicht selten ein Herausfinden, wer man eigentlich ist, was man gerne macht, was man gerne isst.“
Mit Verlust umgehen, das weiß die Heilpraktikerin für Psychotherapie, ist wie alles im Leben eine Frage der Übung. „Man kann resilienter werden.“ Umso einschneidender ist die erste Begegnung mit dem Tod. Wenn sie Familien mit Kindern begleitet, lautet deshalb stets ihr Credo: „Lasst die Kinder begreifen, was da passiert.“ Das bedeutet eben auch, die Kinder an den Trauerritualen wie einer Beerdigung teilnehmen zu lassen. Dazu gehöre auch eine klare Sprache.
Wie man Kinder in ihrer Trauer begleiten kann
„Wer seinem Kind erzählt, dass der Opa eingeschlafen ist, schürt viel eher Ängste, als wenn man sagt, wie es ist: Der Opa ist tot.“ Und noch etwas sagt Kerstin Altenrath am Ende des Gesprächs: „Trauerarbeit ist in unserer Gesellschaft etwas, was in den Hintergrund gerückt ist. Das Sterben ist ins Krankenhaus verlagert worden, es wird gar nicht richtig miterlebt. Wir tun so, als wären wir alle Highlander.“
In Zukunft möchte sich Kerstin Altenrath vermehrt um Teenager kümmern, die einen Verlust erlitten haben. Schon jetzt ist sie in der ökumenischen Trauerbegleitung aktiv und in der evangelischen Familienbildungsstätte Ansprechpartnerin für Sechs- bis Zwölfjährige. In Ihrer Praxis in Broich kann sich jeder melden, der eine Trauerbegleitung wünscht. Oder auch bei anderen Trauerprozessen. Aber auch nach einer Trennung vom Partner, dem Verlust des Arbeitsplatzes oder dem Auszug der Kinder kann ein Trauerprozess beginnen
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