Mülheim. Dort, wo einst hart gearbeitet und gehandwerkt wurde, zeugt noch einiges von vergangenen Tagen. Diese Erinnerungen bündelt nun ein Buch.

Alte Dreherei - der Name sagt es. Das Haus der Vereine war einst eine Dreherei, die Dreherei des Eisenbahnausbesserungswerkes Speldorf. „Das Werk wurde 1874 von der Rheinischen Eisenbahngesellschaft errichtet, später von der Preußischen Staatsbahn und dann von der Reichs- und Bundesbahn übernommen. Hier arbeiteten mehr als 2000 Menschen“, berichtet Martin Menke. Der ehemalige Siemens-Konstrukteur, beschreibt in einem 150 Seiten starken Buch die Geschichte des Eisenbahnausbesserungswerkes Speldorf von 1874 bis 2024.

„Das Werk war bis zu seiner Schließung 1959 ausgelastet und rentabel, wurde aber im Rahmen der damaligen Zonenrandförderung für das Eisenbahnausbesserungswerk Braunschweig geschlossen“, so Menke. Der Mülheimer verantwortet seit 2000 als Redakteur das bundesweit erscheinende Eisenbahnmagazin und ist Vorsitzender des Trägervereins, der die Alte Dreherei seit 2008 mit neuem Leben füllt.

In „Das Ausbesserungswerk Mülheim-Speldorf“ beschreibt Martin Menke die Geschichte des Mülheimer Standortes.
In „Das Ausbesserungswerk Mülheim-Speldorf“ beschreibt Martin Menke die Geschichte des Mülheimer Standortes. © oh | Archiv Menke

Erinnerungen an ein altes Mülheim

Wer mit Menke durch die Hallen des ehemaligen Ausbesserungswerkes geht, sieht dort auch heute noch handwerklich arbeitende Menschen, die zum Beispiel alte Fenster, Mauerwerk und Pflasterung erneuern. „Dafür könnten wir auch gut jemanden gebrauchen“, sagt Menke mit Blick auf einen alten Opel-Lieferwagen der Schokoladenfabrik Wissoll, „der“, so Menke, „darauf wartet, wieder flottgemacht zu werden.“

Einer von Menkes ehrenamtlich aktiven Dreherei-Kollegen, ist der 1939 in „Unter-Broich“ - darauf legt er Wert - geborene Helmut Schauenburg. Heute arbeitet er hier ehrenamtlich. Doch vor 70 Jahren verdiente er als angehender Schlosser im Eisenbahnausbesserungswerk Speldorf seinen ersten Wochenlohn von 40 D-Mark. Von seinem Zuhause an der Kanalstraße, direkt an den Eisenbahngleisen zwischen den Bahnhöfen Broich und Speldorf gelegen, waren es nur sechs Gehminuten bis zu seinem Arbeitsplatz.

„Mir hat die Arbeit schon während der Lehre Freude gemacht“

Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Lehre gab es zehn Mark pro Woche mehr. Hinzu kamen vier Familienfreifahrtscheine für die Bundesbahn. „Ich habe hier in Broich-Speldorf nur meine Ausbildung gemacht. Dann hat man mich ins Eisenbahnausbesserungswerk Duisburg-Wedau versetzt, wo ich bis zur Rente gearbeitet habe. Mir hat die Arbeit schon während der Lehre Freude gemacht und ich bin immer gut zurechtgekommen“, beschreibt Schauenburg sein Berufsleben.

Helmut Schauenburg mit seinen Lehrlingskollegen, seinen Werksmeistern und Lehrgesellen an einer Modelllok der Dampflokbaureihe 23.
Helmut Schauenburg mit seinen Lehrlingskollegen, seinen Werksmeistern und Lehrgesellen an einer Modelllok der Dampflokbaureihe 23. © oh | Archiv Menke

„Eigentlich wollte ich Elektriker werden. Ich habe auch alle entsprechenden Prüfungen bestanden. Aber man konnte mir keine Stelle anbieten. Und so bin ich mithilfe meines Vaters Fritz, der in der Dreherei des Eisenbahnausbesserungswerkes Speldorf arbeitete, hier als Schlosser untergekommen“, berichtet Schauenburg von seinem Einstieg ins Arbeitsleben. Eine in Menkes Buch veröffentlichte Fotografie zeigt Helmut Schauenburg mit seinen Lehrlingskollegen, seinen Werksmeistern und Lehrgesellen an einer Modelllok der Dampflokbaureihe 23, die heute im Deutschen Eisenbahnmuseum in Nürnberg steht.

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