Mülheim. Beim nächsten WAZ-Medizinforum geht es um die Frage: Wird zuviel operiert?Kranke Menschen wollen heute nicht auf Lebensqualität verzichten, erst recht nicht im Alter, und hoffen auf schnelle Heilung

Muss ich Sorge haben, im Krankenhaus operiert zu werden, obwohl es vielleicht gar nicht erforderlich wäre? Wann wäre für mich eine Operation sinnvoller statt weiterhin auf eine konservative Therapie zu setzen? Darum geht es beim nächsten WAZ-Medizin-Forum am kommenden Samstag, 20. September, um 11 Uhr im Evangelischen Krankenhaus.

„Wird zuviel operiert?“ lautet das Thema, das seit einigen Jahren für Schlagzeilen sorgt. Der jüngste Krankenhaus-Report der AOK etwa kommt zu dem Ergebnis: Ja, es gibt zu viele Operationen. Statistisch kommt mittlerweile jeder vierte Patient unters Messer. Die Zahl der Wirbelsäulen-Operationen etwa soll sich in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt haben. Jüngste Untersuchungen weisen bei der OP-Häufigkeit auch auf einen Unterschied zwischen den Regionen hin. Und dann gibt es noch die Fragen: Müssen Kliniken eine bestimmte Anzahl an Operationen erfüllen, kassieren Chefärzte Boni für mehr Eingriffe?

Lebensqualität auch im Alter

Dr. Ulf Kerkhoff, Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wirbelsäulenchirurgie und Orthopädie am Ev. Krankenhaus, betont, dass es in seinem Haus keine derartigen Vorgaben gab und gebe. Und er räumt mit einem Vorurteil auf: „Die Qualität einer Klink steigt nicht fortlaufend mit der Anzahl der Operationen.“ Ab einer bestimmten Quote sinke die Qualität sogar wieder.

Muss es ein künstliches Gelenk sein?

Vier Medizinforen führt die WAZ im Jahr mit den beiden Mülheimer Krankenhäusern durch. Am Samstag, 20. September, heißt es um 11 Uhr im Ev. Krankenhaus an der Wertgasse 30 (Großes Kasino): Auf Biegen und Brechen – muss es ein künstliches Hüftgelenk sein? Muss jeder Bauchschmerz unter Messer?Referenten sind der Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wirbelsäulenchirurgie und Orthopädie, Dr. Ulf Kerkhoff, sowie der Oberarzt der Chirurgischen Klinik, Dr. Martin Simon. Beide stehen nach den Vorträgen für Fragen bereit.Anmeldung ab sofort unter  0800/60 60 710

Es werde, so Kerkhoff, sicherlich viel operiert und auch mehr als früher, aber nicht zuviel. Drei Gründe führt er an: Die Medizintechnik erlaube heute Eingriffe, die vor Jahren noch schwierig und bei manchen Patienten mit hohen Risiken verbunden waren. Was früher vielleicht inoperabel war, kann heute gut bewältigt werden. Die Narkose sei heute eine sehr sichere Angelegenheit. Und: Die gesellschaftliche Erwartungshaltung sei deutlich gestiegen. „Man will auch jenseits der 80 noch am Leben teilnehmen und Lebensqualität haben.“ Früher, so der Chefarzt, habe man etwa Hüftoperationen möglichst lange hinausgezögert. „Heute heißt es: Jetzt lebe ich, und ich will, dass es mir jetzt gut geht.“

Schneller Erfolg durch eine OP

Die Medizin reagiere auf all diese Anforderungen, wobei es durchaus Fälle gebe, in denen der Patient die OP wünsche, der Arzt ablehne. Bei manchen Leiden seien Mediziner konservativer als die Patienten, heißt es. „Wir haben zudem klare Leitlinien, die vorgeben, wann welche Operation erfolgen sollte“, sagt der Oberarzt der Chirurgie, Dr. Martin Simon. Natürlich müsse nicht jeder Bauchschmerz unters Messer, aber es werde bei manchen Diagnosen heute eher operiert. Für den Patienten kann eine Operation schneller zum Erfolg, zu einem besseren Leben führen, als wenn er über Jahre Tabletten nimmt und auf andere Therapien setzt – mit möglichen Nebenwirkungen. Langfristig könne eine OP so auch wirtschaftlicher sein.