Mülheim.

New York, Rio, Tokio? Na klar, das sind Top-Reiseziele. Doch auch nach Mülheim zieht es Jahr für Jahr mehr Urlauber. Mit den Reisenden lässt sich gutes Geld verdienen, finden immer mehr Menschen heraus.

Und sie sind beileibe nicht alle Tourismus-Experten. Sondern normale Leute, die sich trauen, auf Mülheim als touristische Destination zu setzen – und die deshalb leerstehenden Wohnraum in hübsche Feriendomizile verwandeln.

Liebevoll eingerichtete Vier-Sterne-Wohnungen

So hat es zum Beispiel Anke Roll (45) gemacht, die in nur fünf Jahren vier Wohnungen für auswärtige Gäste eingerichtet hat und die stolz ist, „weil die Sache gut läuft“. Die Erfolgsstory der dreifachen Mutter und EDV-Trainerin spielt in Eppinghofen, also nicht gerade an der Copacabana Mülheims. Doch Roll weiß ihren Stadtteil schmackhaft zu machen, „er liegt zentral und direkt am Bahnhof“, erzählt sie auswärtigen Gästen.

Als Zusatzservice stellt sie ihnen eine attraktive Mappe zusammen: mit Ausflugtipps, ermäßigten Tickets für Sehenswürdigkeiten, Wegbeschreibungen und anderen Nettigkeiten. Das kommt an: Die liebevoll eingerichteten Vier-Sterne-Wohnungen an der Gartenstraße – das „Gästehaus im Garten“, die „Landhausliebe“, die „Dachgeschoss-Idylle“ – sowie das „Dichter-Domizil“ am Goetheplatz sind oft ausgebucht.

Ehemaliges Studierzimmer eines Pfarrers

Zurzeit bewohnen witzigerweise zwei Mülheimer das Dichter-Domizil, das 65 Quadratmeter groß und für 70 Euro pro Nacht zu haben ist. Das Ehepaar möchte bald ein neues Zuhause beziehen – die Bauarbeiten aber laufen noch. So machen sie es sich vorübergehend gemütlich an einem geschichtsträchtigen Ort: Einst nämlich hatte der Pfarrer der Johannesgemeinde dort sein Studierzimmer.

Die aktuellen Gäste von Bärbel Gatz, die seit Herbst 2011 Vermieterin von Mülheims einziger Fünf-Sterne-Ferienwohnung ist, kommen aus Island. In der 72 Quadratmeter großen „Orchidee“ an der Nordstraße, die 85 Euro pro Nacht kostet, steigen häufig weit gereiste Besucher ab. Tochter Alina (19) findet das „total interessant“. Familie Gatz hatte den Tipp mit dem Zuhause auf Zeit von einem Bekannten bekommen und sich gleich ans Werk gemacht: Man renovierte, inserierte und wandte sich an Firmen der Umgebung, um auch an Dienstreisende etc. heranzukommen.

Gute Kontakte auch im Ausland

Zudem wandte sich die Familie an einschlägige Internet-Plattformen, die auch im Ausland bekannt sind. So war es nicht verwunderlich, dass gleich die ersten Gäste aus Amerika kamen. Mit denen sei man noch immer befreundet, so Alina. Guter Kontakt entstand zudem zu Australiern: Die möchte die Abiturientin bald in „down under“ besuchen – und für eine Weile ihr Gast sein.

Wer Interesse an einer Ferienwohnung hat, muss sich direkt mit dem Vermieter absprechen, heißt es bei der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) – eine entsprechende Vermieterliste führt die MST. 53 Anbieter stehen derzeit darauf – „und der Markt wächst munter weiter“, weiß MST-Touristikerin Angela Christians.

Ein erster Schwung Touristen kam mit der Fußball-WM 2006 ins Land; die Kulturhauptstadt 2010 tat ihr Übriges. Neben den 53 Objekten, die die MST aktuell listet, gibt es auf einschlägigen Internetseiten noch andere Angebote.

Christians vergibt seit 2008 gemeinsam mit dem Deutschen Tourismusverband die Sterne für die Ferienwohnungen – auf Antrag der Vermieter. Sie hat schon viel gesehen, vor allem viel Gutes: „Ich bin oft überrascht, wie viel Geld in die Hand genommen wird, um die Wohnungen schön zu machen.“