In Mülheim-Heimaterde befreien Anwohner Straßen selbst vom Schnee
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Mülheim..
In Mülheim werden Nebenstraßen von der Entsorgungsgesellschaft (MEG) nicht geräumt. Auf der Heimaterde griffen nun 30 Anwohner selbst zur Schaufel, um dem Schnee Herr zu werden - und endlich wieder mit dem Auto die Stadt verlassen zu können.
So schön weiße Weihnachten sind, für viele Mülheimer bedeuten die Schneemassen Stillstand – besonders für diejenigen, die in den kleinen Nebenstraßen wohnen, die die Entsorgungsgesellschaft nicht räumt. Wer dort an den Feiertagen zu Verwandten oder Freunden fahren wollte, musste selbst zur Schaufel greifen, um sein Auto, den Stellplatz oder die Garageneinfahrt frei zu bekommen. Doch das reicht nicht immer, wie viele beklagen.
Aus der Not eine Tugend gemacht
In der Wilhelm-Storck-Straße auf der Heimaterde gingen die Anwohner jetzt noch weiter. Allein gelassen von der Stadt, wie sie kritisieren, schlossen sich die Nachbarn zusammen und machten aus der Not eine Tugend: Sie räumten am zweiten Weihnachtstag eigenmächtig mit Frauen, Männern und Kindern ihre Straße.
„Die Idee wurde aus der puren Not geboren“, erzählt Klaus Mader. Keiner sei mehr aus der Straße herausgekommen. „Ein Radlader von der Stadt hat Freitag alles kaputt gefahren, danach ging nichts mehr“, schimpft eine Frau über ein Fahrzeug der Entsorgungsgesellschaft, das angeblich mehr Schaden als Nutzen anrichtete. Für die Stadt haben sie alle keine netten Worte übrig.
Bereits am Samstagabend hatte eine Gruppe von Anwohnern mit der Aktion begonnen. „Wir hatten unsere Tochter gegen 22.30 Uhr von der U-Bahn-Station zu Fuß abgeholt, da wir mit dem Auto nicht fahren konnten“, erinnert sich Ralf Hoffmeister. Dass dieser Zustand so nicht weiter gehen konnte, stand da für ihn fest. Schließlich müssten die meisten Anwohner am heutigen Montag wieder zur Arbeit. Mit seiner Frau begann er vor seiner Tür zu räumen. Sieben Nachbarn folgten ihm. „Ich hatte gehofft, dass, wenn einer anfängt, dann alle kommen“, lacht er.
Rund 30 Mitstreiter
Begeistert und zufrieden schaute er sich am Sonntag die Szenerie an: Rund 30 Mitstreiter, „bewaffnet“ mit Spaten, Schaufeln und Schneeschiebern, setzten an, um Schnee und Eis vom Asphalt zu kratzen. Und als bewährtes Mittel gegen die Kälte kredenzten die Ehefrauen Bier, Glühwein und einen oder anderen klaren Schnaps.
Alle Bewohner der Wilhelm-Storck-Straße haben sich zwar nicht beteiligt, aber für sie gibt’s den passenden Spott: „Wir nehmen jetzt Maut“, scherzte die kunterbunte Räumtruppe aus Jung und Alt. Klaus Mader kann sich nicht zurückerinnern, dass sie jemals so vom Winter gebeutelt wurden: „Die Siedlung gibt es 20 Jahre. So ein Winter ist noch nie vorgekommen“. Weder der Zeitungsbote noch die Müllabfuhr seien zuletzt zu ihnen vorgedrungen. „Der Papier-Container wurde auch lange nicht mehr geleert“, sagt Ralf Hoffmeister.
Die „Storckianer“ ertragen es mit Humor. „Klein-Neapel“ macht die Runde, während alle lachen. Nach drei Stunden ziehen sie erste Bilanz: „Es hat Spaß gemacht.“ Doch eine Anwohnerin macht einen Strich durch die Rechnung: „Kommt, weitermachen! Die Einfahrt muss noch frei gemacht werden.“
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